Am frühen Donnerstagabend meldete der VfL Osnabrück Vollzug: Marco Antwerpen wird neuer Trainer bei den Lila-Weißen. Mit dem 53-Jährigen sichert sich der Tabellenletzte einen erfahrenen wie erfolgreichen Feuerwehrmann. Medial hat Antwerpen allerdings auch den Ruf eines “harten Hundes”, der “Kicker” betitelte ihn nach seinem Aus in Mannheim gar als “Brandstifter”. Wer ist also der neue Mann beim VfL?
So viel vorweg: Mit seinem stets ruhigen und sachlichen Vorgänger Pit Reimers hat der durchaus emotionsgeladene Antwerpen so gut wie nichts gleich. In den 17 Jahren, in denen Reimers vor seiner nur wenige Wochen andauernde Zeit beim VfL für den Hamburger SV tätig war, coachte sein Nachfolger ganze neun Teams in acht verschiedenen Verein (in Ahlen erst die U19, dann die erste Mannschaft) – nur eines davon länger als zwei Jahre. Hatte Reimers vor seiner VfL-Zeit nur wenige Berührungspunkte mit der 3. Liga, kennt sie Antwerpen wie kaum ein anderer.
Von Preußen Münster bis auf die Trainerbänke der 3. Liga
Seine Spielerkarriere bis ins Jahr 2008 verbrachte der 53-Jährige hauptsächlich in der damals drittklassigen Regionalliga – die meiste Zeit ausgerechnet für den VfL-Lokalrivalen Preußen Münster. Nach zwei Stationen im Vorfeld nahm Antwerpens Trainerkarriere im Jahr 2014 an Fahrt auf, als er den Oberligisten Rot Weiss Ahlen übernahm und umgehend in die Regionalliga führte. In der Saison 2016/17 kratzte Antwerpen dann erstmals als Fußballlehrer an der neu gegründeten 3. Liga, verpasste allerdings mit Viktoria Köln in der Relegation den Aufstieg. Persönlich stieg der heute 53-Jährige durch seinen Wechsel zum damaligen Drittligisten Preußen Münster dennoch auf.
Auch eine Liga höher ging Antwerpens Weg zunächst nur in eine Richtung. Mit Münster gelang zweimal in Folge eine Runde, die im sicheren Tabellenmittelfeld endete, ehe Antwerpen den Verein aus freien Stücken verließ. Seitdem machte sich der Fußballlehrer durch Kurzauftritte bei verschiedenen Vereinen einen Namen – fast immer mit Erfolgen.
Keine guten Erfahrungen an die 2. Bundesliga
Auf Platz fünf liegend übernahm Antwerpen zur Hälfte der Saison 2019/20 Eintracht Braunschweig und führte die Löwen noch in der gleichen Spielzeit in die 2. Bundesliga. Den Gang in die zweithöchste deutsche Spielklasse ging er allerdings nicht, der auslaufende Vertrag wurde nicht verlängert. Stattdessen übernahm Antwerpen im September 2020 den frei gewordenen Trainerposten beim Mitaufsteiger Würzburger Kickers, konnte dort den Negativtrend allerdings nicht stoppen und wurde nur fünf Spiele später gefeuert. Die Kickers stiegen später sang- und klanglos ab.
Der Retter der Drittligisten
Seinem ersten gescheiterten „Rettungsauftrag“ ließ Antwerpen eine Liga tiefer zwei erfolgreiche Missionen folgen. Als Tabellensechzehnten übernahm er im Februar 2021 den 1. FC Kaiserslautern, den er trotz zwischenzeitig sieben Punkten Rückstand auf das rettende Ufer noch zum vorzeitigem Klassenerhalt führte. In der Saison darauf kratzten Antwerpens Pfälzer dann gar am Aufstieg. Als dieser auf den letzten Metern zu scheitern drohte, trennte sich der FCK von seinem Trainer und feierte ohne ihn die umjubelte Rückkehr in die 2. Bundesliga.
Von Januar bis Sommer 2024 wiederholte Antwerpen seine Lauterer Rettungsaktion mit dem SV Waldhof Mannheim in ähnlich aussichtsloser Lage. Nach einem verpatzten Start in die Folgesaison musste Antwerpen allerdings den Hut nehmen – und kann sich nun beim VfL auf seine nächste „Mission Klassenerhalt“ machen.
Jetzt ist der VfL Osnabrück dran
Eben jene erfolgreichen Klassenerhaltskämpfe waren für die Lila-Weißen schlussendlich auch ausschlaggebend für die Verpflichtung Antwerpens, wie VfL-Geschäftsführer Dr. Michael Welling, der den Prozess der Trainerfindung und -auswahl nach der Freistellung von Philipp Kaufmann mit Unterstützung von weiteren sporterfahrenen Personen verantwortlich führte, nach Bekanntgabe der Verpflichtung des Neutrainers klarstellte: „Er kennt die 3. Liga, er kennt Abstiegskampf und vor allem: er hat ihn bereits mehrfach erfolgreich gemeistert. Er hat einen klaren, der Bremer Brücke und der Situation angemessenen Spielstil und eine direkte Ansprache mit entsprechender Klarheit und Konsequenz.“
Auch Antwerpen selbst will seine Erfahrung für die aktuelle Situation seinen neuen Vereins nutzen: „Aus meiner Erfahrung heraus weiß ich sehr genau, wie es nach dem bisher enttäuschenden Saisonverlauf aktuell innerhalb des Klubs und in der Kabine bestellt ist. […] Wir wollen die beiden Spiele bis Winter gewinnen, den Abstand verkürzen und uns dann in der Pause für die Rückserie neu sortieren.“
Antwerpen – ein harter Hund?
Doch bei aller Euphorie um den erfahrenen wie erfolgreichen Feuerwehrmann – was war da jetzt mit „harter Hund“ und „Brandstifter“? Antwerpen gilt als ein Typ Trainer, der immer mal wieder aneckt – worauf vielleicht auch seine in der Regel kurzen Amtszeiten zurückzuführen sind. Der “Kicker” erinnerte dazu im Nachgang an die jüngste Entlassung in Mannheim an einen Vorfalls aus Antwerpens Lauterer Zeit, als dieser seine Mannschaft nach einer vierten Niederlage noch nach der Rückreise von der Partie um Mitternacht zum Lauftraining bat. Der Coach dazu am nächsten Tag: „Wenn wir im Spiel nicht laufen, dann müssen wir eben im Training laufen.“
Auf die spätere Entlassung in Mannheim bezogen betitelte der “Kicker” Antwerpen als “Brandstifter“, der beim Waldhof „mal wieder verbrannte Erde hinterlassen“ habe. Der 53-Jährige versuchte anschließend, dieses Bild in einem Interview mit dem “Kicker” geradezurücken und sah sich in einer „medialen Schublade“ stecken, „aus der man nur schwer rauskommt“. Beim VfL hat Antwerpen nun die Möglichkeit, diesem „falschen Bild“ der Öffentlichkeit einen neuen Anstrich zu verleihen – am besten schon mit einem Sieg am Sonntag gegen ebenfalls abstiegsbedrohte Essener, die in dieser Woche mit Uwe Koschinat Antwerpens Vor-Vorgänger in Osnabrück als neuen Trainer vorstellten.