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Kommentar: Reimers und Beermann glänzen im Fan-Dialog – die VfL-Spitze bleibt blass

Am Montagabend stellte sich der VfL Osnabrück in einem offenen Dialog den Fragen und Sorgen seiner Fans. Mehrere tausend Zuschauer verfolgten das Geschehen vor Ort im Alando Ballhaus oder per Livestream. Doch viele Antworten blieben aus, und das Gefühl von Aufbruchsstimmung vermittelten vor allem zwei Protagonisten, die eigentlich gar nicht am Zug waren: Kapitän Timo Beermann und Trainer Pit Reimers.

Ein Kommentar von Maurice Guss

Erst seit sechs Wochen ist der 41-jährige Reimers beim VfL im Amt, kam frisch aus Hamburg in die Stadt. Doch obwohl er erst kurz dabei ist, scheint er das Bedürfnis der Fans in einer sportlich schwierigen Phase am besten verstanden zu haben. Dabei war, obwohl von vielen Fans gefordert, ursprünglich gar nicht geplant, dass Spieler oder Trainer das Wort ergreifen. Reimers tat es dennoch – und überzeugte mit einer emotionalen wie klaren Rede in einer schwierigen sportlichen Phase auf ganzer Linie.

„Ich wusste, welche Bedeutung und welche Wucht dieser Klub hat. Aber in dieser Dimension – das ist wirklich unglaublich und für uns in den nächsten Wochen ein Riesen-Faustpfand gegenüber allen anderen in der Liga“, startete Reimers und führte in den folgenden Minuten aus: „Ihr könnt euch sicher sein, wir sind alle enttäuscht am Samstag nach Hause gefahren, so wie ihr. Keiner von meinen Jungs macht das mit Absicht. Spätestens heute wissen alle Bescheid: Der Verein steht über allem. Es geht um den VfL Osnabrück!“ Reimers beendete seine Rede mit einer eindringlichen Bitte an die Fans, die ihm bei seinen Worten zuvor regelrecht an den Lippen hingen: „Wir werden es alleine nicht schaffen, nur gemeinsam haben wir eine Chance. Wir sind in der Pflicht, in Vorleistung zu gehen. Aber wenn da eine Mannschaft auf dem Platz steht, die ein Stück weit den Funken überspringen lässt, dann lasst es uns bitte gemeinsam machen!“

Pit Reimers spricht beim VfL-Fan-Dialog
Pit Reimers spricht beim VfL-Fan-Dialog / Screenshot aus Livestream bei VfL-TV

„Würde auch gerne mal wieder ins ‚Schmale‘ gehen und mir einen reinschrauben“

Angestachelt vom bis dato wohl lautesten Applaus für einen Verantwortlichen – zuvor erhielten diesen eher die emotionalen, aber meist sportlich fairen Fan-Beiträge – griff kurz darauf auch VfL-Kapitän Timo Beermann zum Mikrofon. „Ich weiß, wie kaum ein anderer, wie viel der Verein den Leuten in der Region bedeutet. Wir sind nicht zufrieden. Ich würde auch gerne mal wieder ins ‚Schmale‘ gehen und mir einen reinschrauben“, so der verletzte 33-Jährige, der in der Region aufgewachsen ist. „Ich bin selbst auch mit mir unzufrieden und würde viel lieber auf dem Platz mit Leistung vorangehen. Wir stecken in einem Scheiß-Strudel, aus dem wir uns gemeinsam rauskämpfen müssen – einer für den anderen. Wir müssen Gras fressen. Dieser Verein ist ein ganz großer Teil dieser Stadt und darf auf keinen Fall absteigen. Dafür werden wir alles tun.“

Vereinsführung bleibt vage

Die, die eigentlich gekommen waren, um Antworten zu liefern, blieben dagegen blass. Vieles, was Präsident und Beiratsvorsitzender Holger Elixmann sowie die Geschäftsführer Dr. Michael Welling und Philipp Kaufmann sagten, wirkte einstudiert. Fehlereingeständnisse, Appelle an Zusammenhalt und Optimismus – all das war zwar zu erwarten, kam jedoch oft als bloße Durchhalteparole daher. So etwa Wellings Aussage zu den Finanzen: „Wenn wir absteigen würden, wäre der VfL nicht insolvenzgefährdet. Aber soweit kommt es nicht.“ Kaufmann legte in ähnlichem Ton nach: „Wir sind absolut im Tun-Modus. Jeder Stein wird umgedreht. Wir sind im Abstiegskampf, und jeder hat sich diesem Ziel unterzuordnen. Ich glaube an diese Mannschaft und daran, dass wir aus dieser Krise herauskommen.“

Immer wieder „Wie?“

„Wie?“, fragte ein Fan – und traf damit den wunden Punkt des Abends. Diejenigen, die mit Emotionalität die Fans berührten, konnten überzeugen. Die jedoch, die das „Wie“ des Abends – die dringend erwartete Antwort auf die konkreten Maßnahmen – hätten liefern sollen, blieben eine befriedigende Antwort schuldig. „Wir werden es schaffen“, so Kaufmanns Reaktion. Konkreter wurde es nicht. Sinnbildlich dafür auch die Antwort von Holger Elixmann auf die Frage nach einem fehlenden Geschäftsführer Sport: „Die Frage ist berechtigt, mehr kann ich dazu noch nicht sagen.“


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„Denken ist schwer, darum urteilen die meisten.“ (C. G. Jung)
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Maurice Guss
Maurice Guss
Maurice Guss absolvierte im Herbst 2019 ein Praktikum bei der HASEPOST. Im Anschluss berichtete er zunächst als freier Mitarbeiter über spannende Themen in Osnabrück. Seit 2021 arbeitet er fest im Redaktionsteam und absolviert ein Fernstudium in Medien- und Kommunikationsmanagement. Nicht nur weil er selbst mehrfach in der Woche auf dem Fußballfeld steht, berichtet er besonders gerne über den VfL Osnabrück.

  

   

 

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