Ab dem neuen Schuljahr wird es an Grundschulen keine klassischen Bundesjugendspiele mehr geben – aus Rücksicht vor unsportlichen Kindern. Redakteur Maurice Guss sieht darin eine fatale Entscheidung und hätte sich stattdessen Alternativen gewünscht.
Ein Kommentar von Maurice Guss
Bundesjugendspiele – der eine hat sie geliebt, der andere hat sie verteufelt. Oft ausschlaggebend für die Haltung: das eigene Abschneiden. Das Problem hinter nicht selten in Demütigung und Mobbing endender schlechter Ergebnisse Einzelner sind aber nicht die Bundesjugendspiele selber, sondern mangelnder Respekt im Umgang miteinander. Den kann man lernen – am besten schon im Kindesalter – , aber dafür braucht es auch Möglichkeiten, wie sie die Bundesjugendspiele eigentlich immer geboten haben.
Kein Platz für Respekt
Denn Wettkampf hin oder her – jeder wird im Leben mal der Gewinner und mal der Verlierer sein, sei es bei der Bewerbung um einen Studien- oder Ausbildungsplatz oder bei der Jobsuche. Viel entscheidender als das Gewinnen oder das Verlieren ist allerdings der Umgang damit. Nur wer beide Seiten kennt, weiß wie wichtig es ist, den Respekt voreinander in beiden Fällen aufrecht zu erhalten. Und wer gewinnt oder verliert, weiß auch, dass es in beiden Fälle Motivation braucht, um den Weg fortzusetzen – um ein andern Mal bestenfalls (wieder) auf der Gewinnerseite zu stehen. Die Bundesjugendspiele haben jahrzehntelang die Möglichkeit geboten, genau darauf aufmerksam zu machen, seit diesem Schuljahr ist das nicht mehr so.
Kuschelpädagogik auch auf dem Fußballplatz
Ganz ähnlich sieht es bald übrigens auch abseits der Grundschule aus, etwa auf dem Fußballplatz: In der G- und F-Jugend, also bei Kindern bis neun Jahre, wird künftig nicht mehr auf einzelne Tore gespielt, es gibt auch keine Tabellen mehr. Stattdessen sollen die Mini-Kicker Zwei-gegen-Zwei oder Drei-gegen-Drei auf Mini-Tore spielen. Ziel auch hier: Keine Demütigungen durch sportliche Pleiten. Ab der Saison 2024/25 ist das laut DFB-Statuten sogar Pflicht.
Beide Fälle wirken wie Kuschelpädagogik, getreu dem Motto „Alle haben sich lieb und liegen Arm in Arm“. Und in beiden Fällen frage ich mich, warum die Verantwortlichen so radikal durchgreifen, ohne wirklich ernsthaft Alternativen in Betracht zu ziehen. Warum das Gewinnen und das Verlieren streichen anstatt einen verstärkten Fokus auf den Umgang damit zu setzen? Ich hätte mir eine ausführlichere Diskussion und mehr Möglichkeiten gewünscht – und selbst dann bin ich mir sicher, dass eine Abschaffung des Gewinnens und Verlierens wie etwa bei Bundesjugendspielen nicht die richtige Option wäre.
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