Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat sich mit dem jüngsten Nike-Deal endgültig von der Tradition verabschiedet. Was aus Fan-Sicht schmerzt ist aus wirtschaftlicher Perspektive nachvollziehbar – jedoch auch ein Zeugnis vergeigter letzter Jahre.
Ein Kommentar von Maurice Guss
Ein Deutschland-Trikot ohne drei Streifen – das geht doch nicht! Als deutsche Nationalmannschaft einem deutschen Ausrüster den Stecker ziehen – das geht doch nicht! Das am Donnerstag (21. März) verkündete Ende der über 70 Jahre währenden Partnerschaft zwischen DFB und Adidas und die damit einhergehende Entscheidung, ab 2027 im Nike-Dress aufzulaufen, hat viel Kritik nach sich gezogen. Und sie ist berechtigt – sei es aus (offensichtlichen) Standort- oder Traditionsgründen.
DFB hat sich selbst in die Misere gebracht
Doch das „Adios Adidas“ des DFB ist wirtschaftlich betrachtet logisch. Der größte Sportverband der Welt steht dramatisch nah am finanziellen Abgrund – und gleichzeitig gegenüber seinen über sieben Millionen Mitgliedern in der Pflicht, das Beste für sie herauszuholen. Der Nike-Deal gibt dazu notwenige finanzielle Sicherheit und könnte ein wichtiger Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft sein.
Dafür muss sich beim DFB allerdings einiges abseits vom Wirtschaftlichen tun, denn an der finanziellen Schieflage ist der Verband in weiten Teilen selber schuld. So ist die Nike-Entscheidung auch ein Zeugnis etlicher Böcke, die sich der DFB in den vergangenen Jahren geleistet hat. Beispiele:
- Seit Jahren bleibt der sportliche Erfolg der A-Nationalmannschaft, der wichtigsten Einnahmequelle, aus. Nach dem WM-Gewinn 2014 ruhte sich der DFB viel zu lange auf dem Erfolg aus, bei den folgenden WM- und EM-Pleiten blieb dann jede Menge Geld auf der Strecke liegen.
- Auch um den sportlichen Misserfolgen langfristig zu begegnen, hat sich der DFB vor einigen Jahren dazu durchgerungen, einiges an Kohle (die schon damals knapp war) in die Hand zu nehmen. Rund 100 Millionen Euro sollte der neue „Campus“ kosten. Der ist zwar mittlerweile fertiggestellt, doch auf dem Weg dahin ging einiges schief. Weitere 100 Millionen Euro wurden benötigt – die fehlen nun vorne wie hinten.
- Sportliche Misserfolge wirken sich im Fußball nur allzu oft auf das Personal her. Im Falle des DFB hieß der große Hoffnungsträger Hansi Flick, der mit einer beeindruckenden, wenn auch kurzen Vita vom FC Bayern an die Seitenlinie der deutschen Nationalmannschaft wechselte. Die Hoffnungen in Flick waren so groß, dass man ihn mit einem üppigen Vertrag ausstattete und angesichts eines Salärs von rund sechs Millionen Euro zum zwischenzeitig bestbezahltesten Nationaltrainer der Welt machte. Gelohnt hat es sich nicht, denn das finanzielle Risikospiel wurde zum nächsten (nicht nur) finanziellen Desaster: Die sportliche Entwicklung stockte weiter, Flick musste die Koffer packen und beim DFB stehen mittlerweile zwei Trainer auf der Gehaltsliste.
Man könnte all diese Punkte weiter aufdröseln oder um weitere ergänzen, doch schon jetzt erscheint die simple Begründung für den Nike-Deal aus der DFB-Pressemitteilung, dass Nike schlichtweg das beste Angebot vorgelegt hat, schlüssig.
Das ist anders als 2006
2006 hat all das noch anders ausgesehen. Schon im Jahr des letzten Heimturniers war der DFB ebenfalls in Verhandlungen mit dem US-amerikanischen Ausrüster, der damals wie heute das lukrativste Angebot abgegeben haben soll. Damals konnte es sich der DFB noch leisten abzulehnen, heute kann er es nicht mehr.