Ein Mensch liegt regungslos auf dem Boden – wie verhalte ich mich im Ernstfall? Damit zukünftig auch Laien mit Hilfe von Defibrillatoren leben retten können, informiert die Aktion Lebensretter e.V. Bürger – unter anderem die Schausteller des Historischen Weihnachtsmarktes am Mittwoch (3. Dezember).
Knapp 70.000 Todesfälle durch Herztod werden jährlich in Deutschland registriert. „Jetzt denken viele vermutlich, dass es sich dabei um alte Menschen handelt, aber das ist falsch. Rund 7.000 der Toten sind Minderjährige, deren Tod oft hätte verhindert werden können“, erklärt Rolf Möllmann, erster Vorsitzender der Aktion Lebensretter. Der Verein informiert seit ihrer Gründung im vergangenen Jahr über den Umgang mit Defibrillatoren.
Deutschland hinkt hinterher
„Inzwischen wird der Umgang mit Defilbrillatoren in Deutschland im Erste-Hilfe-Kurs gelehrt, in vielen skandinavischen Ländern jedoch auch schon in siebten Klassen. Je früher und regelmäßiger man die Menschen anleitet, desto besser“, so Rolf Möllmann. Doch Deutschland hinkt im internationalen Vergleich noch weiter hinterher. „In den Niederlanden, Frankreich und weiteren Ländern sind auf jeder Großveranstaltung Defibrillatoren zu finden. Es kann nicht sein, dass dies in Deutschland nicht der Fall ist“, meint Möllmann.
Jeder kann Defibrillator bedienen
Bei der Bezeichnung „Defibrillator“ haben wohl viele Menschen noch dramatische Wiederbelebungsversuche, durchgeführt vom Arzt, aus dem Fernsehen oder von Netflix im Kopf. Rolf Möllmann sagt dazu: „Einen Defibrillator auf Großveranstaltungen kann jeder benutzen. Er ist selbsterklärend und begleitet die Ersthelfer vollständig mittels einer anleitenden Stimme durch das Vorgehen im Notfall.“ Um Bürgern den Umgang mit den Defibrillatoren nahe zu bringen, führt der Verein Aktion Lebensretter gemeinsam mit den Johannitern Lebensretterworkshops durch.
Zwei Defibrillatoren auf dem Weihnachtsmarkt
So ist es am Mittwoch auch auf dem Weihnachtsmarkt in Osnabrück geschehen. „Bereits im letzten Jahr haben wir unter anderem am Nikolaiort erfolgreiche Workshops veranstaltet“, berichtet Rolf Möllmann. Nun durften einige Schausteller vor dem Rathaus für den Ernstfall an vier Reanimationspuppen üben. Für den Bernhard Kracke junior, erster Vorsitzender des Schaustellerverbandes Weser Ems e.V., eine wichtige Sache, um auf alles vorbereitet zu sein. Doch im Notfall sollen nicht nur die Schausteller in der Lage sein, zu reagieren, sondern auch die Besucher. „Man macht nur etwas falsch, wenn man gar nicht handelt“, so Rolf Möllmann. Damit der Weihnachtsmarkt herzsicher gemacht wird, hängt erstmalig sowohl am Domvorplatz, als auch am Rathausplatz je ein Defibrillator aus.
Die Bedienung geschieht dabei in vier Schritten:
- Beim Patientencheck wird die bewusstlose Person laut angesprochen, die Atmung überpüft und der Notruf gewählt. Möllmann erklärt: „Im besten Falle kümmern sich mindestens drei Personen um diese Aufgabe. Während eine Person direkt bei dem Bewusstlosen bleibt, kann ein Zweiter den Notruf wählen und ein Dritter den Defibrillator holen.“
- Bei der anschließenden Herzdruckmassage gelten folgende Zahlen: etwa 100 Mal pro Minute 5-6 Zentimeter tief drücken. „Dank medizinischer Erkenntnisse wissen wir heutzutage, dass die Mund-zu-Mund-Beatmung nicht zwingend notwendig ist, da dem menschlichen Körper ausreichend Sauerstoff für zehn bis 15 Minuten zur Verfügung steht. In der Zeit ist der Notarzt angekommen“, so Möllmann. Dass bei einer Herzdruckmassage die bewusstlose Person durchaus verletzt werden kann, sei nicht weiter schlimm: „Eine gebrochene Rippe ist nicht unüblich und kann behandelt werden, viele Menschen schrecken jedoch davor zurück, anderen einen Rippenbruch zuzufügen.“
- Sobald der Defibrillator angekommen und eingeschaltet ist, sind die Anweisungen, die per Audio vom Defibrillator übermittelt werden, zu befolgen.
- Unter Anweisung wird alle zwei Minuten ein Schock vom Defibrillator abgegeben, bei dem der Patient nicht berührt werden darf. Bis der Rettungsdienst eintrifft, muss nach dem Schock die Herzdruckmassage fortgesetzt werden. „Wichtig ist, dass die Herzdruckmassage richtig und mit durchgestreckten Armen im vom Defibrillator angegebenen Takt ausgeführt wird. Nach einem Schock kann auch jemand anderes übernehmen“, sagt Möllmann.
„Oft muss eine Hemmschwelle übertroffen werden, damit Menschen bereit sind, anderen Menschen zu helfen“, so Möllmann abschließend. Durch den Lebensretterworkshop auf dem Weihnacktsmarkt hofft er nun, dass die vorweihnachtliche Zeit auf dem Domvorplatz und Rathausplatz herzsicher genossen werden kann.