„Elterntaxis“ werden die täglichen Schulfahrten vieler Eltern genannt, die von diesen oft damit begründet werden, einen sicheren Schulweg gewährleisten zu wollen.
Doch tatsächlich sind sie eine unterschätzte Gefahr rund um die Schulen der Stadt. Oft halten sie verbotswidrig vor der Schule im Halteverbot, blockieren Feuerwehreinfahrten und behindern unnötig andere Verkehrsteilnehmer- Chaos entsteht und damit auch Gefahren.
Auf dem 5. Bürgerdialog Verkehrswende, eine Initiative engagierter Bürger unter Federführung von Thomas Polewsky zur Überbrückung unterschiedlicher verkehrspolitischer Ansätze, nahm man sich des Themas an.
Eingeladen waren bei der Veranstaltung am Dienstagabend im Rathaus Lokalpolitiker, Polizisten, Eltern, Lehrer und „die wahren Experten“: Schüler der 7.Klasse der Gesamtschule Schinkel haben die Schulwege genauer untersucht und stellten ihre Forschungsergebnisse vor.
Es gibt auch gute Gründe sein Kind mit dem Auto zu bringen
Wichtig war den Veranstaltern nicht zu pauschalisieren: Nicht nur aus Sorge um die Kinder oder aus Zeitnot auf dem Weg zur Arbeit, Eltern hätten individuell manchmal wichtige Gründe ihr Kind mit dem Auto zur Schule zur bringen.
Hier ging es nun darum, Alternativen zum Elterntaxi aufzuzeigen und gleichzeitig den Aspekt der Sicherheit für die jüngsten und schwächsten Verkehrsteilnehmer Beachtung zu schenken.
Stadtrat will Elterntaxis eindämmen
Der Osnabrücker Stadtrat hat am 10. Mai 2016 fraktionsübergreifend beschlossen, die ausufernden Elterntaxis einzudämmen, geschehen ist bislang nicht viel. Es wurden Fragebögen in den Grundschulen ausgegeben, bis zu den Sommerferien will man vor Ort sich die Probleme ansehen und individuelle Lösungen finden.
Lösungen könnten auch sogenannte „Bannmeilen“ sein. Dann dürften die Eltern nicht mehr mit dem Auto bis an die Schulen heranfahren. Ein heißdiskutierter Ansatz, allerdings wird befürchtet, dass sich das Problem dadurch lediglich einige Meter weiter verlagern könnte.
Nur bei langen Distanzen gewinnt das Auto
Eine Untersuchung der Schulwegdauer der Klasse 7C und 7G der Gesamtschule Schinkel unter dem Namen „Ick bin all dor“ im März 2017 hat folgende interessante und wichtige Aspekte aus Schülersicht ergeben:
26 von 33 Kindern der Klassen 7C und 7G benutzen bereits umweltfreundliche Verkehrsmittel wie Bus und Fahrrad. Zwischen 5 und 10km Luftlinienentfernung Von Schule zu Elternhaus gewinne der Bus aufgrund guter Verbindungen, über 10km Luftlinienentfernung gewinne das Auto, was meist an der fehlenden schlechten Busanbindung liegen würde.
Schlechte Busanbindungen wurden von den Schülerinnen und Schülern der Gesamtschule Schinkel vor allem für die Verbindungen von/nach Bissendorf und von/nach Voxtrup festgestellt:
- Bissendorf: relativ hohe Entfernung,
Fahrpläne nicht auf Schüler/innen eingestellt - Voxtrup: relativ lange Fahrtdauer
im Vergleich zur Luftlinienentfernung
Ein Vergleich der Verkehrsmittel ergab bei den Schülern folgendes:
Das Fahrrad ist ein sinnvolles Verkehrsmittel bei geringer Entfernung, allerdings sei der Fahrradweg an der Windthorststraße vielen Kindern und Erwachsene zu unsicher.
Es stellte sich im Bürgerdialog heraus, dass es sich dabei auch nicht um einen Radfahrweg, sondern lediglich um einen schmaleren Schutzstreifen handelt- er ist an einer unterbrochenen dünnen Markierung, sogenannter Schmalstrich erkennbar. Halten ist dort im Gegensatz zum Parken erlaubt.
Der Gesamtschule Schinkel fehlt ein Fahrradweg
Resümee war, dass es nun seit 43 Jahren an der Gesamtschule Schinkel keinen Radfahrweg gibt- und das bei einer Schule, die von etwa 1650 Schülern täglich besucht wird.
Beim Thema Radwege wurden allgemeine Gefahrenpunkte deutlich: Haltender Lieferverkehr oder haltende Busse und Pkw, welche die Schüler umfahren müssen, sowie kaum noch zu erkennende Fahrbahnmarkierungen. Die anwesenden Schüler merkten an, dass es auf dem Weg zum Hobby nach der Schule in die Stadt aufgrund des starken Verkehrsaufkommens für sie unübersichtlich werden würde, wörtlich: „Man sieht keine Linien wegen der ganzen Autos.“
Die Schüler merkten an, sie wären überfordert bei den großen und gefährlichen Straßen, weil sie nicht wüssten, wo sie langfahren sollten.
Alternativen zum Elterntaxi müssen attraktiver werden
Die Schüler der Gesamtschule Schinkel äußerten in ihrer Präsentation auch Wünsche:
- Freie Busfahrten für Schüler (auch ohne Fahrkarte)
- Bessere Busverbindungen: z.B. Voxtrup und Bissendorf (E-Busse?)
- Bessere Fahrradwege – breiter, von der Straße abgetrennt
- Fahrradweg an der Windthorststraße sehr (!) unsicher
- Längere/größere Busse zu den Stoßzeiten
Was im späteren Verlauf des Bürgerdialogs auch aufgrund der Einwände der Eltern deutlich wurde, waren die zum Teil unsichereren Verkehrswege und die Situation in den Bussen allgemein.
Bessere Busanbindungen sind gefragt
Leider war kein Vertreter der Stadtwerke anwesend, denn es wurde mehrfach der Wunsch nach besseren Busanbindungen ohne Umstieg und nach größeren Bussen geäußert.
In den Bussen und an den Haltestellen wird gedrängelt und geschubst, haben die Kinder erstmal den Bus bestiegen, ist es oft nicht einfach wieder hinauszugelangen- mit einem schweren Ranzen auf dem Rücken kein leichtes Unterfangen.
„BusLotsen“ von Polizei und VOS
Um für ein gemeinschaftliches und respektvolles Verhalten während der Busfahrt für zu sorgen, gibt es das Projekt „BusLotsen“ von Polizei und VOS. Die Schüler lernen mit Hilfe von Rollenspielen Konflikten zu bewältigen, Sicherheit und vieles mehr. Mit diesem Wissen können sie andere, vor allem kleinere Kinder im Bus unterstützen. Gegenseitige Hilfe ist für alle Schüler immens wichtig und erzeugt ein sicheres Umfeld.
„WalkingBus“ geht zu Fuß
Eine interessante Alternative zum Elterntaxi oder auch zum Bus ist der„WalkingBus“.
Die erste Grundschule, die sich für dieses Projekt entschied, war 2007 die Grundschule in Osnabrück-Voxtrup. Für sie war nicht nur eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens und die Bewegung der Kinder wichtig, sondern auch ein sicherer Schulweg ihrer Kinder.
Thorsten Block, Polizist und Teil des Präventionsteams der Polizeiinspektion Osnabrück, hob die positiven Eigenschaften dieser Voxtruper Initiative, die auf Anregung zweier Väter, eines Arztes und dem Vorsitzenden des BSC e.V. entstand, hervor:
Die Bewegung an der frischen Luft ist gesund und halte fit und die Schüler könnten sich zudem im Unterricht deutlich besser konzentrieren, weil sich die Kinder ausgepowert und bereits über die neusten Nachrichten ausgetauscht hätten. Sie machen auf dem Schulweg weiter viele wichtige Erfahrungen als Verkehrsteilnehmer.
Der gemeinsame Weg mit anderen den Erwachsenen fördert das Miteinander und die Gemeinschaft, es hätten sich Freundschaften zwischen den Generationen entwickelt.
In Voxtrup gibt es einen „Dankeschön“ Grillabend für die engagierten, ehrenamtlichen Helfer, denn sie leisten wertvolle Arbeit.
„Wenn erst mal die Einrichtung einer ersten Linie geschafft ist, entwickelt sich das Projekt WalkingBus zum Selbstläufer!“, ermutigte Thorsten Block die Teilnehmer des Dialogs zur Initiative.
Gefördert wird diese Präventionsinitiative des Breitensportclubs BSC e.V. durch den Osnabrücker Allgemein-Mediziner Dr. Kellersmann, die Verkehrswacht Osnabrück e.V., durch das Präventionsteam der Polizeiinspektion Osnabrück und den Verkehrsbetrieben der Stadtwerke Osnabrück AG.
Hilfe und Unterstützung für interessierte Schulen bei der Einführung des WalkingBus finden sie unter folgender Seite:
www.walkingbus-os.de/downloads-sicherer-schulweg
Dennoch kann es Gründe geben, Ihr Kind einmal mit dem Auto zur Schule zu bringen, dann sollte man auf jeden Fall darauf achten, so der Polizist Thorsten Block, die Kinder nicht zur Fahrbahn aussteigen zu lassen, sich an die Verkehrsregeln zu halten und vor allem auch Ruhe bewahren, wenn man mal zu spät kommen könnte. „Besser zu spät, als zu unsicher“, plädiert er.
Alle Teilnehmer, auch Radfahrer, sollen vorsichtig sein
Vorsichtigen und rücksichtsvollen Umgang im Straßenverkehr wünschten sich auch die Kinder von allen Teilnehmern, auch von dem umweltbewussten Fahrradfahrer, denn es gebe auch Radfahrer, die besonders schnell fahren würden und sie als Fußgänger auf dem Weg manches Mal gefährden.
„Wie kann man den schwächsten Verkehrsteilnehmern mehr Sicherheit geben?“, diese Frage wird uns alle noch länger beschäftigen – schon kleine Maßnahmen sind wichtig und sollten eine Herzensangelegenheit aller Beteiligten sein.
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Titelbild: ZVA/KGS