Die Bundesregierung kann nicht beziffern, wie viele Dokumente sie in den letzten Jahren als Verschlusssachen eingestuft hat, wie eine Anfrage der Welt am Sonntag offenbarte. Auf der höchsten Stufe „Streng Geheim“ werden Geheimhaltungszahlen jedoch vom Verteidigungsministerium vergeben, wobei die Ampel-Koalition trotz ihres Transparenz-Versprechens bisher keine Maßnahmen zur unabhängigen Kontrolle dieser Einstufungen ergriffen hat.
Unzureichende Erfassung von Verschlusssachen
Verschlusssachen der niedrigsten Geheimhaltungsstufe „Nur für den Dienstgebrauch“ (VS-NfD) werden laut der Anfrage der „Welt am Sonntag“ bei keiner der Bundesministerien statistisch erfasst. Nur sechs Ministerien konnten Zahlen zu den höheren Stufen „Vertraulich“ (VS-Vertr.) und „Geheim“ (Geh.) liefern, und das seit 2020.
Das Verteidigungsministerium (BMVg) hat bis zum 29. April dieses Jahres insgesamt 11.628 Dokumente als „VS-Vertr.“ oder „Geh.“ eingestuft, wobei 2022 eine überdurchschnittliche Anzahl dieser Einstufungen (3.580) verzeichnet wurde. Andere Ministerien meldeten deutlich weniger Neueinstufungen – das Innenministerium (BMI) 502, das Umweltministerium zwölf, und das neu gegründete Bauministerium keine.
Transparenzversprechen der Ampel-Koalition
Obwohl die Ampel-Koalition versprochen hatte, mehr Transparenz zu schaffen und sogar eine „unabhängige Kontrollinstanz für Streitfragen bei VS-Einstufungen“ zu etablieren, sind bisher keine Maßnahmen in diese Richtung unternommen worden. Stephan Thomae, der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, unterstützt trotzdem weiterhin die Umsetzung dieses Vorhabens. Thomae zitiert: „Es ist klar, dass als Verschlusssachen eingestufte Informationen der Öffentlichkeit nur so lange vorenthalten werden dürfen, wie staatliche Geheimhaltungsinteressen gegenüber dem öffentlichen Informationsinteresse überwiegen. Wir brauchen Geheimschutz, aber keine Geheimniskrämerei.“
Regulierung und Kritik
Derzeit kontrolliert die Regierung lediglich „anlassbezogen“, ob eine Einstufung vorzeitig aufgehoben werden kann, wobei die Regelfrist für Einstufungen 30 Jahre beträgt. Kürzlich wurde das Bundesgesundheitsministerium (BMG) vom Bundesrechnungshof kritisiert, den Geheimschutz missbraucht zu haben, um politisch heikle Unterlagen zu Maskenkäufen und der Vergabe der Impfkampagne „Ich schütze mich“ zu verstecken.
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