Gerade einmal vier Wochen ist Philipp Kaufmann als Geschäftsführer beim VfL Osnabrück tätig – und doch rückt die erste große Entscheidung in der Amtszeit des 30-Jährigen in der Hasestadt mit dem nicht mehr in weiter Ferne liegenden Saisonende immer näher: Wie geht es weiter mit Cheftrainer Uwe Koschinat? Im Sky-Interview nach dem Sieg gegen Greuther Fürth stand Kaufmann dazu Rede und Antwort.
Trotz zahlreicher Misserfolge war nicht jeder VfL-Fan einverstanden, als der Verein nach der 3:2-Niederlage in Braunschweig und dem damit verbundenen Absturz auf Tabellenplatz 18 am 13. Spieltag die Trennung vom damaligen Chefcoach Tobias Schweinsteiger bekannt gab. Der Bruder von Weltmeister Bastian Schweinsteiger war zu dem Zeitpunkt beliebt beim lila-weißen Anhang, seine Art, sich nicht nur mit dem Verein, sondern mit der ganzen Region zu identifizieren, kam an – und dann war da natürlich noch der gemeinsam gefeierte Aufstieg, der die zahlreichen Niederlage zu Beginn der neuen Saison eine Liga höher für viele Fans entschuldigte.
Koschinat mit schwierigem Start – und einer wichtigen Entscheidung
Mit Uwe Koschinat kam in der Folge ein – anders als Schweinsteiger – erfahrener Trainer, der sich bereits mehrfach einen Namen als „Retter“ von abstiegsbedrohten Zweitligisten gemacht hatte – aber sich jene Unterstützung vom für den VfL so wichtigen Anhang, die sein Vorgänger hatte, eben noch erarbeiten musste.
Nachdem das erste Spiel unter Koschinats Regie nur wenig Besserung brachte – gegen Schalke setzte es eine Niederlage bei einem Torverhältnis von 0:4 – kam dank einer starken Leistung und eines Untentschiedens gegen den damaligen wie heutigen Tabellenführer St. Pauli an der Bremer Brücke erstmals wieder etwas positive Stimmung beim VfL auf. Grund dafür war nicht einmal nur der lang zu dem Zeitpunkt lang ersehnte Punktgewinn, sondern auch die durchaus brisante Entscheidung Koschinats, Publikumsliebling Philipp Kühn wieder zur Nummer 1 zu machen.
Fans erkennen Entwicklung an
Auch wenn es in der Folge immer mal wieder Rückschläge gab: Seitdem ist beim VfL Osnabrück eine klare Entwicklung zu erkennen, die zwar immer noch Platz 18 in der Tabelle bedeutet, aber eben auch darin mündete, dass die Lila-Weißen vier ihrer letzten sechs Spiele gewannen, die letzten beiden sogar zu null. Koschinats Arbeit, die er selbst immer wieder offen nach außen hin kommuniziert, trägt Früchte, davon zeugen nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die deutlich verbesserte Defensivarbeit, der eingeschworene Auftritt eines Teams und eine allgemeine Fußballlaune in der Region, die trotz scheinbar aussichtsloser Situation eine kleine Prise Optimismus beinhaltet.
Die Fans tolerieren das Auftreten ihrer Mannschaft nicht nur, sondern sie bejubeln es sogar, wie es wohl kaum bei einem anderen Verein im deutschen Profifußball wäre, wenn dieser in seiner Liga abgeschlagen Tabellenletzter wäre. Von den Sprechchören bleibt, wie zuletzt auch nach dem Sieg gegen Fürth wieder, mittlerweile auch Trainer Uwe Koschinat nicht mehr verschont. Mehrfach skandierte die Ostkurve nach Abpfiff „Uwe, Uwe, Uwe“, doch jener Uwe war nach dem letzten Pfiff des Schiedsrichters schnell in den Kabinen verschwunden. Kurz ließ sich Koschinat dann allerdings doch blicken, applaudierte den Fans, die mittlerweile „Komm, komm, komm“ riefen, kam ihnen zögerlich ein paar Schritte näher und ließ sich am Ende tatsächlich zu einem kurzen Jubel in Richtung der Ostkurve hinreißen. Dann verschwand Koschinat wieder und ließ die Fans soweit zufrieden zurück.
Koschinats Auftritt passt zur aktuellen Situation
Der Auftritt passt zu Koschinat, der auf große Gesten lieber verzichtet und stattdessen in Worten Klarheit findet. Wie die Fans ihn, weiß auch er die Fans zu schätzen, macht aber auch klar, dass trotz der jüngsten Erfolge noch längst keine Zeit für Party und übermäßigen Jubel ist.
Die insgesamt positive Atmosphäre, an der eben auch Koschinat so großen Anteil hat, bleibt auch bei den weiteren Verantwortlichen des VfL nicht unbemerkt. „Gerade im Umfeld ist eine positive Stimmung da“, erkannte VfL-Geschäftsführer Philipp Kaufmann nach dem Fürth-Spiel am Sky-Mikrofon an, nachdem er auf die Zukunft Koschinats angesprochen wurde.
Verein und Trainer „in Gesprächen“
Allzu tief wollte sich Kaufmann diesbezüglich in der Folge nicht in die Karten blicken, es sei in seiner Verantwortung, „alle Facetten zu eruieren“, man sei „in Gesprächen“ und in der aktuellen Situation „auf beide Szenarien“ vorbereitet. Eine „Deadline“ für eine Entscheidung in der Trainer-Frage wolle er sich nicht setzen, teilte der 30-Jährige mit, zumal seine Einblicke nach gerade einmal vier Wochen im Amt noch begrenzt seien.
Klar ist hingegen die grundsätzliche Ausgangssituation: Koschinat wurde als „Saisonretter“ verpflichtet, über eine Zusammenarbeit über die Saison hinaus wurde zum Zeitpunkt der Vertragsunterschrift (wohl) nicht gesprochen. Offensichtlich ist allerdings auch die allgemeine Unklarheit in der aktuellen Situation: auch wenn vieles derzeit nach Abstieg riecht, der VfL kämpft, weshalb quasi zeitgleich für zwei Zukunftsvisionen geplant werden muss.
Koschinat offen für gemeinsame Zukunft
Kurz vor Kaufmann stand nach dem Fürth-Sieg Koschinat selber bei Sky am Mikrofon und machte dort deutlich, dass er generell den eingeschlagenen Weg in Osnabrück gerne fortsetzen würde, wich auch vor der dritten Liga nicht zurück. Der Cheftrainer selber also würde wohl weitermachen wollen, wenn das an dieser Stelle gerne herangezogene „Drumherum“ passt – vom Umfeld und allen voran von den Fans hätte der 52-Jährige die Unterstützung wohl sicher. Mit einer zeitnahen Entscheidung scheint allerdings angesichts der Worte von Geschäftsführer Kaufmann nicht zu rechnen, zu groß und wichtig sind zunächst einmal die sportlichen Aufgaben, die in den kommenden Tagen und Wochen noch anstehen.