Symbolfoto: Corona-Impfung.
Um schneller Impfen und Boostern zu können, sollen vielleicht bald Apotheker und Tierärzte zur Spritze greifen. Der Vorsitzende der Osnabrücker Ärztekammer kritisiert diese Pläne mit deutlichen Worten.
„Pünktlich zur kalten Jahreszeit überrascht die Politik mit der Mitteilung, es herrsche erneut ein Mangel an Impfstoffen. Ist es da wirklich hilfreich, wenn jetzt auch Apotheker und Tierärzte impfen sollen?“ so Dr. Steffen Grüner, Vorsitzender der Bezirksstelle Osnabrück der Ärztekammer Niedersachsen. „Die Inventur der Impfstoffe ist natürlich zu begrüßen, auch wenn die Mitteilung, man wisse nicht genau, wo wieviel Impfstoff sei, ein desaströses Bild abgab. Die irrationale Reaktion, dass in Zukunft nicht nur Ärzte, sondern auch Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker COVIDimpfungen durchführen sollen, darf aber aus wichtigen Gründen nicht unwidersprochen stehen bleiben.“
Bestehender Mangel würde verschärft
Für Dr. Grüner ist es klar, dass die Impfstoffe in den Praxen und bei den mobilen Impfteams gebraucht werden, die Komplexität der Logistik der Impfstoffversorgung lasse eine Verteilung an weitere Akteure nicht zu. Sollten wirklich Apotheker, Tierärzte und Zahnärzte impfen dürfen, würde der Mangel in den Impfpraxen noch verstärkte werden. Somit scheine auch diese letzte Idee des scheidenden Gesundheitsminister als eher undurchdacht so Dr. Grüner weiter.
Sicherheitsbedenken
Auch der Sicherheitsaspekt spreche gegen eine Freigabe an Nichthumanmediziner: Ein paar nicht beherrschte Zwischenfälle nach Impfungen könnten die in einem Teil der Bevölkerung bestehenden Impfängste noch verstärken. Und diese Gefahr drohe eben bei den Apothekenimpfungen. „Bei einem allergischen Schock muss der Arzt ohne jede Verzögerung reagieren, Infusion, Adrenalin, Cortison unter Überwachung der Sauerstoffverhältnisse und unter laufendem EKG applizieren können – trauen sich das Tierärzte, Apotheker und Zahnärzte wirklich zu?“ so Dr. Grüner.
Grenze Händler und Therapeut drohe zu verschwimmen
Diese Fähigkeiten bei einem Schnellkurs, durch eine App oder bei Google erwerben zu wollen, sei laut Grüner sehr ambitioniert, aber eigentlich unmöglich. Neben dem Sicherheitsaspekt stelle sich auch noch die Frage nach den notwendigen Räumlichkeiten – für Impfungen benötige man ausreichend große und gut belüftete Räume, in denen die Geimpften nach der Injektion noch überwacht werden können. Ebenso spreche gegen die Apothekerimpfung, dass hier die Grenze Händler und Therapeut verschwimmen würde. Ärzten sei es nicht ohne Grund verboten, Medikamente zu verkaufen, da diese nur aus medizinischen Gründen und nicht des Umsatzes wegen gegeben werden sollten und um die Unabhängigkeit des Therapeuten zu gewährleisten. „Die Freigabe der Impfungen an nichthumanmedizinische Berufsgruppen ist somit völlig überflüssig. Statt andere Berufsgruppen zu überfordern, muss die Politik eher eine ausreichende Menge an Impfstoffen bereitstellen.“