„Keine Frage soll heute unbeantwortet bleiben“, mit diesem Versprechen begrüßte Zoo-Präsident Fritz Brickwedde am Donnerstagabend (25. Mai) rund 200 Mitglieder der Zoogesellschaft zu einer Informationsveranstaltung. Das Präsidium des Zoos reagierte damit auf eine seit Wochen andauernde öffentliche Diskussion, die auch bei den Mitgliedern der Zoogesellschaft Unruhe ausgelöst hat.
Hintergrund, das betonte Brickwedde gleich mehrfach an diesem Abend, sind aus Sicht des Präsidiums einseitige und zielgerichtet durchgestochene Informationen an einen Reporter der Lokalzeitung NOZ, der insbesondere in den vergangenen Wochen ein aus Sicht des Präsidiums einseitiges Bild eines Konflikts zwischen ihm als Zoo-Präsident und Zoo-Geschäftsführer Andreas Busemann gezeichnet hätte.
Auch an diesem Abend erschien nur wenige Stunden vor der Informationsveranstaltung am Schölerberg ein Artikel, in dem einige im Raum stehende Konflikte zwischen Geschäftsführer und Aufsichtsrat thematisiert wurden.
Pötter: Aufsichtsrat steht voll hinter Fritz Brickwedde
„Es gibt keinen Konflikt Busemann gegen Brickwedde“, betonte Oberbürgermeisterin Katharina Pötter, die deutlich darauf hinwies, dass der gesamte Aufsichtsrat, dem auch Vertreter der großen im Rat der Stadt vertretenen Parteien angehören, hinter dem Zoo-Präsidenten steht und die Entscheidung für eine Trennung vom bisherigen Geschäftsführer gemeinsam getroffen wurde.
Die Suche nach einer neuen Geschäftsführerin oder eines Geschäftsführers läuft inzwischen. Der scheidende Zoo-Geschäftsführer hat „selbst aktiv an der Stellenausschreibung für seine Nachfolge mitgearbeitet“, berichtete Brickwedde. Dabei wurde auch nochmals deutlich, dass es im Kern eigentlich keinen Konflikt mit dem Geschäftsführer geben sollte. Der vorzeitigen Beendigung seines Anstellungsvertrags wurde von Busemann bereits kurz nach dem Jahreswechsel zugestimmt, über die Hintergründe und den Inhalt des Aufhebungsvertrages wurde Stillschweigen vereinbart.
Oberflächlich gute Zahlen basierend auf nicht wiederholbaren Sondereffekten
Und dennoch herrscht Unruhe rund um den Schölerberg. Wenn es darum geht den Erfolg der letzten Jahre zu beurteilen, den an diesem Abend sowohl das Präsidium als auch zahlreiche Mitglieder der Zoogesellschaft in Redebeiträgen eng mit dem Wirken der Person Busemann verbinden, sind es die Details, die offenbar den Unterschied machen.
Stadtkämmerer Thomas Fillep lieferte zu den auf den ersten Blick positiven Entwicklungen bei Einnahmen und Besucherzahlen die weniger erfreulichen Hintergründe.
Ohne das Aufstocken der Anteile der Stadt von 5% auf inzwischen 25%, wodurch dem Zoo über die vergangenen Jahre insgesamt zwei Millionen Euro in die Kasse gespült wurden, waren es vor allem positive Effekte aus den Corona-Jahren, wie Spenden der Bevölkerung (rund 600.000 Euro, von der Stadt verdoppelt auf 1,2 Millionen Euro) und die Coronahilfen in Millionenhöhe. Und als dritter Sondereffekt konnte eine Erbschaft in Höhe von rund 3,5 Millionen Euro verbucht werden.
Besucherzahlen des Zoos werden teils nur geschätzt
Ob denn die Besucherzahlen, die nach Darstellung vor allem von Zoo-Geschäftsführer Busemann von Rekord zu Rekord jagen, überhaupt valide seien, wollte in der anschließenden Aussprache ein Mitglied der Zoogesellschaft wissen. Wenn die eigens angeschafften Drehtüren mit ihren Zähleinrichtungen nicht genutzt werden, könnten die Rekordzahlen der vergangenen Jahre auch „getürkt“ sein, so die Vermutung.
Soweit wollte Fritz Brickwedde nicht gehen, räumte aber auch bei der Erfassung der Besucherzahlen ein in den vergangenen Jahren nicht gelöstes Problem ein. Tatsächlich wird die Zahl der Besucher wohl zu weiten Teilen nur geschätzt. Besuche mit Jahres- und Familienkarten und von Mitgliedern der Zoogesellschaft können nicht belegt werden und gehen lediglich als Schätzung in die Zahlen über Besucherrekorde ein.
Verdienste Busemanns überstrahlten Konflikte auf Detailebene
„Warum hat das Präsidium nicht früher erkannt, dass die Geschäftsführung problematisch sei?“ Gleich mehrere Fragen der Zoo-Mitglieder kreisten um die Rolle des Präsidiums in den vergangenen Jahren. „Corona“ und „wie überleben wir diese Krise“ standen bis vergangenes Jahr im Vordergrund, erläuterte Zoo-Präsident Brickwedde. Selbstkritisch reflektierte Beisitzer Marco Athen, dass er aber in den vergangenen Monaten sich selbst häufig diese Frage gestellt habe. Rückblickend hätte man sich wohl eher von dem Geschäftsführer trennen sollen. „Wir haben aber die enormen Verdienste von Herrn Busemann abgewogen“, die jeweiligen Einzelkonflikte erschienen im Vergleich zum Anfang noch klein. In Summe habe es aber so nicht weitergehen können.
Mitglieder wollen Ex-Präsident Sliwka zurück und für seine Verdienste ehren
Im Rahmen des Rückblicks erinnerten mehrere Mitglieder daran, wie schockierend sie es empfunden hatten, als im Jahr 2019 plötzlich rund 50 Neumitglieder bei der Mitgliederversammlung aufgetaucht seien. Diese hatten in Folge zur Mehrheit für die überraschende Abwahl des langjährigen Zoo-Präsidenten Reinhard Sliwka beigetragen. „Wo sind die eigentlich jetzt alle?“ fragte ein Mitglied und erinnerte nochmals daran, dass es sich bei den damaligen Neumitgliedern wohl vor allem um das private Umfeld, Mitarbeiter und die Großfamilie eines im Zoo tätigen Fotografen gehandelt habe, der zum Zeitpunkt der von Busemann betriebenen Abwahl Sliwkas angeblich noch unbezahlte Rechnungen bei der Zoo gGmbH offen gehabt haben soll.
„2019 war das Jahr, wo ich fassungslos nach der Mitgliederversammlung nach Hause ging“, erklärte ein weiteres Mitglied, das den Vorschlag machte, dass wenn Andreas Busemann in der Zukunft einmal für seine unzweifelhaft vorhandenen Leistungen öffentlich geehrt werden sollte, parallel dazu auch den 2019 abgesetzten Rainer Sliwka zu ehren und ihn zurück in das Präsidium der Zoogesellschaft zu holen.
Fritz Brickwedde erwiderte dazu deutlich: „Ihren Vorschlag Herrn Sliwka zurückzuholen und seine Leistung zu würdigen, unterstütze ich mit ganzem Herzen“.
Brickwedde hatte zuvor bereits in der vergangenen Woche gegenüber Sponsoren des Zoos eingestanden, dass sein Vorgänger sein Amt auf unfaire Weise verloren hatte.
Schlussstrich: Kein Podium für einen bereits gekündigten Mitarbeiter
Bevor kurz nach 22 Uhr an diesem langen Abend die letzten Fragen beantwortet waren, betonte ein weiteres Mitglied nochmals die Rolle der Zoogesellschaft als 75prozentige Eigentümerin des Zoos, Seite an Seite mit der Stadt: „Wir sind der Arbeitgeber der Geschäftsführung. Es geht nicht um Verhandeln mit dem Geschäftsführer, sondern wir geben die Aufträge. Dass ein angestellter Geschäftsführer das manchmal anders sieht, ist normal. Das man sich in so einer Situation dann trennt, ist es auch. In solchen Situationen werde Stillschweigen mit dem Arbeitnehmer vereinbart.“ Dass Busemann nun nicht auch noch ein Podium geboten werden muss, sei für ihn daher auch gerechtfertigt.
Zuvor hatte bereits Schatzmeister Michael Wendt die Rolle der Zoogesellschaft als Eigentümerin des Zoos, des Geschäftsführers als Angestellten und des Präsidiums als das stellvertretend für die Mitglieder der Zoogesellschaft Aufsicht führende Organ bekräftigt. An die Mitglieder gerichtet sagte der Schatzmeister: „Ich muss tun, was Sie wollen!“
In der Vergangenheit, so Wendt, seien die Mitglieder viel zu selten gefragt worden.
Holo-Kino wird neu bewertet, stabile Besucherzahlen und ein positiver Ausblick
Der scheidende Geschäftsführer habe aus dem Zoo ein „Disneyland“ machen wollen, wurde von einem anderen Mitglied er Zoogesellschaft kritisiert. Er wünsche sich, dass zukünftig die Nachzucht bedrohter Tierarten wieder mehr in den Fokus genommen werden solle.
Mehrere Redebeiträge kritisierten das von Busemann geplante Hologramm-Kino „Time Spiral“.
Angesichts ausufernder Kosten für dieses Projekt soll in diesem Jahr kein Geld mehr dafür investiert werden, so Brickwedde. Erst wenn der oder die Nachfolgerin von Busemann im Amt ist, wird es eine Neubewertung geben.
Abschließend erklärte Fritz Brickwedde „der Zoo hat eine große Zukunft vor sich“ und „die Besucherzahlen sind gut, es treten mehr Menschen in die Zoogesellschaft ein als aus und auch die Sponsoren halten weiter zu unserem Zoo“.
Im August sind die Mitglieder zur nächsten regulären Mitgliederversammlung eingeladen.
An der Informationsveranstaltung für die Mitglieder der Zoogesellschaft nahm neben der HASEPOST auch ein TV-Team des NDR teil. Ein Bericht dazu ist für Freitagabend im NDR-Fernsehen in der Sendung „Hallo Niedersachsen“ geplant.
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