Nachdem unsere Redaktion am Donnerstagabend mit einem gewissen Zeitvorsprung exklusiv über die wohl erstaunlichste Sitzung in der Geschichte der Osnabrücker Zoogesellschaft berichtet hatte, meldeten sich zahlreiche Leser bei uns.
Das Bild, das sich aus der “zweiten Reihe” im Unternehmen Zoo und aus der Mitgliederbasis zeichnet, weicht deutlich von den offiziellen Erklärungsversuchen ab. So wurde zum Beispiel in einem unserer Redaktion vorliegenden eilig verschickten “Newsletter” an die Sponsoren die aktuelle Situation lediglich als “Unruhe” bezeichnet und im Gespräch mit anderen Redaktionen die Aufmerksamkeit auf die anstehende Neubesetzung des Postens von Zoodirektor Michael Böer und eine strittige Regelung für das geplante Sabatical einer Mitarbeiterin gelenkt.
Das, was da am Mittwochabend bei der Jahreshauptversammlung der Zoogesellschaft passierte, war aber sicher mehr als nur “Unruhe” (Newsletter an die Sponsoren) oder “Zoff” (NOZ), sondern der Höhepunkt eines Konflikts, der nach Angaben von Mitarbeitern des Zoos und Mitgliedern der Zoogesellschaft schon länger geschwelt hat und für einige Beteiligte dann überraschend in der vergangenen Woche (endlich) ein Ventil gefunden hatte.
Neumitglieder machten Selfies als Beleg ihrer Anwesenheit
Übereinstimmend zeichnen Vereinsmitglieder ein mehr als kurioses Bild des Abends, von völlig unbekannten Neumitgliedern, die – “als ob sie einen Beweis für ihre Anwesenheit anfertigen mussten” – vor und während der Jahreshauptversammlung Selfies machten.
Neumitglieder, darunter, so ein langjähriges Mitglied der Zoogesellschaft gegenüber unserer Redaktion, “zahlreiche Migranten”, die zwar eine Mitgliedschaft nachweisen konnten, aber völlig desinteressiert an der Versammlung teilnahmen, dieser auch kaum folgen konnten oder wollten und diese auch teilweise vorzeitig wieder verliessen.
Chef verschenkte angeblich Vereinsmitgliedschaften an Mitarbeiter
Von mehr als 50 Neumitgliedern ist die Rede, die (so eine aktuell kursierende Erklärung), die Mitgliedschaft in der Zoogesellschaft aus Anlass eines Firmenjubiläums geschenkt bekommen hätten. Ein sicherlich ungewöhnliches Geschenk. Statt einer finanziellen Gratifikation oder einer Jahreskarte (47 Euro), gab es also vom Chef für die Mitarbeiter eine Vereinsmitgliedschaft – Kostenpunkt immerhin 74 Euro im Jahr, und das gleich für mehr als 50 Kollegen.
Und statt am Mittwochnachmittag den Betrieb zu verlassen um Feierabend zu machen, Shoppen zu gehen oder sonstwie die Freizeit zu genießen – wie ein Großteil der mehr als 2.000 Mitglieder der Zoogesellschaft es taten und der Jahreshauptversammlung fernblieben – pilgerten also ausgerechnet genau diese Neumitglieder, die sich gar nicht selbst zu einer Mitgliedschaft entschlossen hatten, alle zum Schölerberg und stimmten – ohne die Hintergründe zu kennen – erstmal gegen den seit 6 Jahren im Amt befindlichen Zoopräsidenten?
Manch ein Freund des Osnabrücker Zoos wähnte sich anhand dieser Geschichte wohl eher in einem Märchenwald.
Sponsoren übernehmen Leitungsfunktionen in der Zoogesellschaft
Natürlich soll der Zoo durch seinen Geschäftsführer Andreas Busemann nicht in einen Märchenwald umgebaut werden, aber etwas kommerzieller darf es für ihn wohl schon sein. Da traf es sich natürlich ganz hervorragend, dass ausgerechnet ein Unternehmer, der sich zwar öffentlich als langjähriger Sponsor präsentiert, aber selbst zu den mehr als 50 Neumitgliedern des Abends gehörte, quasi aus dem Stand zum Schatzmeister gewählt wurde.
Michael Wendt, der jetzt Schatzmeister eines Vereins ist, dessen Präsidium nach der Abwahl von Reinhard Sliwka bis auf den als Ersatzmann gewählten Fritz Brickwedde, durch den Rücktritt der anderen Präsidiumsmitglieder verwaist ist, regte bereits im vergangen Jahr die stärkere Einbeziehung von Sponsoren und die Gründung eines Sponsorenbeirats an – nun ist Wendt nicht nur frischgebackenes Mitglied der Zoogesellschaft sondern auch umgehend Schatzmeister geworden.
Neue Partnerin des Zoo-Geschäftsführers als Beraterin aktiv
Auf mehr Sponsoring und zusätzlichen Glamour dürften auch die Aktivitäten der als Beraterin engagierten Heike Drogies zielen, die nach außen als Zoomitarbeiterin auftritt (inklusive Mailadresse des Zoos) und privat frischgebackene Partnerin des Zoodirektor Busemann ist, dessen Arbeit bislang von Reinhard Sliwka im Rahmen seiner Funktion als Aufsichtsrat überwacht wurde.
Zum Beispiel bei der Präsentation von neuen Sponsoren steht Heike Drogies in letzter Zeit häufiger Seite an Seite mit Partner und Zoogeschäftsführer Andreas Busemann und wird als Vertreterin des Zoos präsentiert.
Gemeinsame Stadtwohnung von Zoo-Geschäftsführer und Zoo-Beraterin als “Kommunikationszentrum” für den Zoo
Die Einweihung der neuen und gemeinsamen Wohnung von Drogies war dem Zoo auf der eigenen Homepage sogar eine Meldung wert (“Löwenstarke Einweihung”), in der ganz nebenbei auch erwähnt wurde, dass das angeblich für einen siebenstelligen Betrag vom Zoogeschäftsführer privat gekaufte Anwesen am Vitihof (mit Whirlpool auf der Terrasse) auch als “Kommunikationszentrum” für den Zoo genutzt wird.
Mitarbeiter des Zoos zeigten sich gegenüber unserer Redaktion verwundert, warum zum Beispiel Gespräche mit den Vertretern der Osnabrücker Ratsfraktionen über eine höhere finanzielle Unterstützung durch die Stadt Osnabrück nicht in den Räumen am Schölerberg stattgefunden haben.
Brickwedde sorgte als Ratsmitglied für Millionen aus der Stadtkasse
Was in dem Eingangs beschriebene Newsletter an die Sponsoren von Zoogeschäftsführer Andreas Busemann zur zukünftigen Rolle von Dr. Fritz Brickwedde als Interims-Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender geschrieben wird, dürfte auch noch für Diskussionen im politischen Osnabrück sorgen. Demnach habe Brickwedde betont, dass er [Brickwedde] “in diesem Amt während seiner Zeit als Zoopräsident den Zoo vertreten [werde], nicht die Stadt Osnabrück.”
Als Ratsmitglied und damit auch als hinzugewähltes Mitglied der Stadtverwaltung, hatte Brickwedde noch im Juni mit darauf gewirkt, dass der Zoo in den kommenden vier Jahren mit zusätzlich zwei Millionen Euro bezuschusst wird – als Zoopräsident und Aufsichtsrat der Zoo gGmbH soll er nun aber die Seite vertreten, auf der die auch von ihm auf den Weg gebrachten Gelder ausgegeben werden.
Anmerkung der Redaktion, 24.08., 11:40 Uhr: Aussagen Dritter zur Jahreshauptversammlung wurden bewusst in “Anführungszeichen” gesetzt. Die Namen der Zitierten sind der Redaktion bekannt, diese wollten jedoch nicht namentlich genannt werden.