Das dürfte wohl ein weiterer “Höhe Tiefpunkt” in der an Peinlichkeiten reichen Geschichte “ZION GmbH vs. Osnabrücker Zivilgesellschaft” sein.
Nur wenige Tage, nachdem die Lebensquelle e.V. ihre Pläne für ein Gemeindezentrum auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs präsentierte, meldet sich der im Internet auch als Abmahnanwalt bekannte Hausjurist* der Zion GmbH mit einer “Dienstaufsichtsbeschwerde” zu Wort, die mit den Worten endet:
Aus hiesiger Sicht ist Herr Otte wegen des offensichtlichen Vorsatzes seiner wahrheitswidrigen Äußerungen in seinem Amt für die Stadt Osnabrück nicht weiter tragbar
Schreiben liegt der HASEPOST vor
Offenbar hat die Zion GmbH Ihr Schreiben, das direkt an den Oberbürgermeister gerichtet ist, weit und breit gestreut, denn bereits am am Montag lag der Redaktion eine vollständige Kopie des dreiseitigen Pamphlets vor, mitsamt Anlagen.
Wir freuen uns immer wieder über Einsendungen unserer Leser (auch anonym), dafür haben wir ein spezielles Kontaktformular eingerichtet, bei dem keine persönlichen Daten an uns übertragen werden.
Nach Rücksprache mit und Prüfung durch unserem Anwalt haben wir uns entschlossen die Kernelemente der Dienstaufsichtsbeschwerde in Auszügen zu veröffentlichen. Nicht ohne das “Urheberrecht” an diesem Dokument, das selbstverständlich bei seinem Verfasser liegt, gebührend zu würdigen.
Dem Stadtbaurat wird vorgeworfen…
vorsätzliche Behauptung falscher Tatsachen während der Amtsausübung in der Öffentlichkeit
Im Kern geht es um eine gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung durchgeführte Informationsveranstaltung auf der die Entwicklung des Ringlokschuppen-Geländes vorgestellt wurde.
Täuschte Frank Otte Ratsmitglieder und die Öffentlichkeit?
Im Laufe der Veranstaltung, am 12. Mai, soll der Stadtbaurat “offensichtlich bewusst falsche Angaben gemacht” haben und hätte “so die Öffentlichkeit und die ebenfalls anwesenden Ratsmitglieder des Rates der Stadt Osnabrück vorsätzlich getäuscht”.
Auf der 9. Folie waren die Grenzen verrutscht
Scheinbar verfolgten die Vertreter der Zion GmbH die ansonsten eher maue Veranstaltung sehr genau, denn auf der 9. Folie entdeckten sie ein Grundstück das “vergrößert” dargestellt wurde.
Und das, obwohl doch der Stadtbaurat – dem übrigens bereits vor einem Jahr ein Hausverbot für das Grundstück der Zion GmbH erteilt wurde – doch “genaue Kenntnis von den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen” haben sollte.
Messerscharf folgert der Anwalt der Zion GmbH: “dieses (lässt) einzig und alleine den Schluss zu, dass es hier zu einer bewussten und vorsätzlichen Täuschungshandlung gekommen ist”.
Eine Nutzung als Lagerraum unterschlagen
Auch bei der Nutzung des Ringlokschuppens soll der oberste Bauherr der Stadt zum Pinocchio mutiert sein. Hat er doch tatsächlich behauptet, dass es derzeit “keine Zwischennutzungen” im oder am Ringlokschuppen (der im Besitz der Stadt ist) geben würde. Auch hier wurden von der Zion GmbH ordentlich die Folien mitgezählt und die Folie Nummer 7 als Beweismittel dokumentiert.
Tatsächlich wird die riesige Halle, in der früher dutzendfach Dampflokomotiven untergestellt wurden, doch vom Kulturverein Petersburg e.V. als Lagerfläche genutzt und auf den Außenflächen gärtnert das Projekt „Querbeet” herum.
Das ist natürlich eine “Nutzung” einer derart großen Halle, die der Stadtbaurat nicht unerwähnt lassen durfte – meint die Zion GmbH.
Fiktiv nicht abgerissen ist ein Problem?
So richtig schmierig schwierig wird die Argumentation der Güterbahnhof-Eigner da, wo es um die Abbildung eines Planungsentwurfs geht, welcher angeblich im Rahmen der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung bereits im Mai 2013 ausgelegt worden sein soll.
Tatsächlich, so die Zion bzw. ihr Anwalt, stellt die Folie (es war die Folie mit der Nummer 5) aber “ein anderes, späteres Planungsstadium dar”.
Früher war auf den Plänen wohl das Proberaumzentrum von Carsten Gronwald fiktiv schon abgerissen (was wohl auch im Interesse der Zion GmbH wäre), nun tauchte es wieder auf den Plänen auf. Nach Auffassung der Zion GmbH “liegt die Vermutung nahe, dass eine bewusste Täuschung vorgenommen wurde, um nicht die anwesenden Mitglieder des Kulturvereins Petersburg e.V. und Herrn Gronwald persönlich mit der Tatsache zu konfrontieren, dass zu diesem Zeitpunkt ein Abriss den Plänen der Stadt entsprach”.
Auch dadurch soll nicht nur “die Öffentlichkeit”, sondern auch “bewusst und vorsätzlich” das ein oder andere anwesende Mitglied des Stadtrats “getäuscht” worden sein.
Wie breit ist ein schmaler Fuß- und Radweg?
Auch um die Breite eines Weges, oder wie man einen solchen bezeichnen darf, wir gestritten. So soll Frank Otte eine “Zuwegung” zum Gelände des Ringlokschuppens als “schmalen Fuß- und Radweg” bezeichnet haben, nach Angaben der Zion GmbH wäre dieser aber 4 Meter breit und nachweislich auch schon von LKW befahren worden.
Wurden Mitglieder des Rates und die Öffentlichkeit getäuscht?
Für den Anwalt der Zion GmbH ist die Sache klar, für ihn und seine Mandantschaft ist “nachgewiesen, dass Herr Otte in der Veranstaltung am 12.05.2015 in Ausübung seines Amtes massive Täuschungen der Öffentlichkeit einerseits und der anwesenden Ratsmitglieder anderseits vorgenommen hat”.
In der Konsequenz stellen sie die Frage “ob hier überhaupt gewährleistet ist, dass Herr Otte als Vorstand der Stadt Osnabrück die ihm gegenüber der Öffentlichkeit und insbesondere auch gegenüber dem Rat der Stadt Osnabrück obliegenden Informationspflichten ordnungsgemäß ausüben kann, oder vielmehr zu befürchten ist, dass hier eine Unterrichtung und Beratschlagung des Rates der Stadt Osnabrück nur unter falschen Prämissen und wahrheitswidrigen Informationen erfolgt.”
Wie eingangs geschrieben, meint die Zion GmbH nun:
Aus hiesiger Sicht ist Herr Otte wegen des offensichtlichen Vorsatzes seiner wahrheitswidrigen Äußerungen in seinem Amt für die Stadt Osnabrück nicht weiter tragbar
Oberbürgermeister Wolfgang Griesert wird “ausdrücklich” um eine “sehr zeitnahe Bearbeitung gebeten”.
Auf unsere Nachfrage erklärte Dr. Sven Jürgensen, der Sprecher der Stadt Osnabrück, das Schreiben sei bei der Stadt eingegangen, aber er könne zum jetzigen Zeitpunkt keinen Kommentar abgeben.
Es bleibt spannend!
Am Sonntag in zwei Wochen, am 14. Juni, ist wieder Heimatabend in der Lagerhalle. Dann auch zum Thema Güterbahnhof und zur Neumarkt-Sperrung. Vertreter der Zion GmbH und des Lebensquelle e.V. sind eingeladen ihre Sicht der Dinge zu präsentieren und mit dem Publikum zu diskutieren, zugesagt hat bereits Stadtbaurat Frank Otte. Mit auf der Bühne als Co-Moderator Heiko Pohlmann und natürlich Kalla Wefel.
*Rechtsanwalt Nikolai Zutz sitzt zwar im selben Haus wie die Zion GmbH, an der Hamburger Straße, ist aber kein (interner) Hausjurist, daher haben wir das korrigiert (23:00)