Eine mögliche Bebauung der “Eiswiesen” in der Dodesheide sorgt für heftige Kontroversen in der Osnabrücker Lokalpolitik. Die Grünen werfen der CDU “Wortbruch” vor, diese spricht von “Falschnachrichten”.
Die Osnabrücker GRÜNEN wehren sich gegen angebliche Überlegungen von Oberbürgermeister Wolfgang Griesert, CDU und SPD, in der Dodesheide an den „Eiswiesen“ Flächen für ein neues Wohngebiet zu kaufen. „Hier droht an ökologisch sensibler Stelle ein Grüner Finger kaputt gebaut zu werden. Das machen wir nicht mit”, erklärt der Fraktionsvorsitzende Volker Bajus. „Damit würden CDU und SPD einen Kompromiss aufkündigen, den wir vor einigen Jahren dort eingegangen sind. Demnach sollte die ökologisch wertvollere Fläche südlich der Knollstraße unangetastet bleiben, während nördlich davon ein modernes Baugebiet in Passivhausbauweise entstehen konnte.
Und nun dieser Wortbruch“, ergänzt Michael Hagedorn, der damals die Verhandlungen für die GRÜNEN geführt hat. „Das wäre ein politisches Foulspiel gegen Umwelt und Naherholung”, so beide weiter.
Politik und Verwaltung wollen immer mehr Grünflächen versiegeln
Es ist nicht das einzige Neubauprojekt bei dem die Osnabrücker Parteien untereinander in Streit geraten und auch auf teils massiven Widerstand bei der Bevölkerung stoßen.
Die Pläne in Hellern, direkt im Überschwemmungsgebiet der Düte zu bauen, sind nicht vom Tisch. In Schinkel-Ost soll eine große Freifläche unterhalb des Funkturms versiegelt werden und am Sonnenhügel bangen Anwohner um die Grünflächen hinter ihren Häusern, die ebenfalls zugebaut werden sollen.
Auch Grüne wollen neuen Wohnraum schaffen
Die GRÜNEN weisen darauf hin, dass auch sie zu der Verantwortung stehen, neue Wohnungen zu bauen und dafür Bauland zur Verfügung zu stellen. „Das ist für uns eine Riesenherausforderung, weil es in Osnabrück fast keine Flächen mehr gibt, die nicht irgendeine Art ökologischer Bedeutung haben. Nichtsdestotrotz haben wir auch eine soziale Verpflichtung”, erläutert Bajus. Daraus ergebe sich aber kein Freibrief, Grüne Finger irreparabel zu schädigen. Die betroffenen Flächen im Grünen Finger Sandbachtal, also südlich der Knollstraße und östlich des Haster Weges, seien ein beliebtes Naherholungsgebiet, eine wichtige Frischluftschneise und beheimaten das Biotop Sandbachaue mit seltenen, bedrohten Arten.
CDU wirft Grünen “Falschnachrichten” vor
„Es wird mit der CDU keine Bebauung des Sandbachtals und der Kaltluftschneise an der Gartlage geben. Die Grünen verbreiten Falschnachrichten.“ Das erklärte CDU-Fraktionsvorsitzender Fritz Brickwedde.
In der nichtöffentlichen Sitzung des Aufsichtsrates der Stadtwerke sei kurz von geplanten Flächenankäufen berichtet worden. Rechtlich unzulässig hätten die Grünen das zum Anlass genommen, ihre unsachliche, falsche und polemische Erklärung abzugeben. Über Bebauungspläne entscheide ausschließlich der Rat und kein kommunales Unternehmen. Die Stadtwerketochter ESOS könne Flächen erwerben und entwickeln. Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Wohnen in Osnabrück könne dann auf der Basis bezahlbaren Wohnraum schaffen. Entscheidend sei aber der Bebauungsplan.
Keine Beschlüsse für Bauvorhaben
Jetzt gehe es um umfangreiche Flächenankäufe, die für Osnabrück strategische Bedeutung haben. Es gebe keine Beschlüsse für Bauvorhaben. Auch der Standort für das VfL-Trainings- und Jugendleistungszentrum sei noch nicht entschieden. Auch den Bruch von Absprachen könne er nicht bestätigen. Vor 14 Jahren hätte man sich auf Initiative der CDU auf die Bebauung der früheren Friedhofserwartungsfläche entschieden. Es sei ein sehr schönes Baugebiet nördlich der Knollstraße entstanden. Ursprünglich seien die Grünen auch gegen dieses Baugebiet gewesen. Die CDU sei schon damals für eine Bebauung links und rechts der Knollstraße gewesen. In den letzten Jahren habe es in der Planungsgruppe Wohnungsbau 2020 immer wieder Diskussionen um eine Straßenrandbebauung südlich der Knollstraße gegeben. Das betreffe aber nicht die Kaltluftschneise oder das Sandbachtal. Wenn aus einem Maisacker, der hinter einem Wald liege und deshalb für das Thema Kaltluft keine Relevanz habe, ein Baugebiet werde, komme es wegen Gärten und Dachbegrünung zu einer ökologischen Aufwertung und höherer Artenvielfalt.
Kritik auch von der SPD
Auch die SPD-Ortsvereine Schinkel und Nord wenden sich entschieden gegen jede Bebauung der sogenannten Eiswiesen. Die grünen Finger seien der Garant für eine stadtklimatisch gesunde Stadt. Sie zu bebauen wäre Wahnsinn, machen die Ortsvereinsvorsitzenden Dirk Koentopp (Schinkel) und Volker Witte (Nord), die Schinkeler SPD-Ratsmitglieder Roswitha Pieszek und Heidrun Achler sowie Robert Alferink, Schinkeler Mitglied des Stadtentwicklungs- und Umweltausschusses, deutlich. „Man kann doch nicht an den unmöglichsten Stellen alles zubetonieren,“ so Pieszek. „Und immer deutlicher wird, dass kontroverse Bauprojekte offensichtlich bevorzugt im Osten der Stadt errichtet werden sollen. Ganz so, als erwarte man in den arbeitergeprägten Stadtteilen weniger Widerstand als am Westerberg“. „Die SPD-Ratsfraktion hat sich bereits 2007 unter ihrem Vorsitzenden Ulrich Hus gegen die Bebauung der Eiswiesen ausgesprochen. Zu diesem Beschluss stehen wir“, so Pieszek und Achler.