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„Wir haben lange genug zugeschaut“ – Vertreter des stationären Einzelhandels schreiben offenen Brief an Regierung

Der stationäre Einzelhandel ist in besonderer Weise von dem Corona-Lockdown betroffen. Monatelange Schließungen, keine Öffnungsperspektiven und Konkurrenz mit Lebensmitteleinzelhändlern um Non-Food-Artikel trüben die Stimmung immer weiter. In einem offenen Brieg wenden sich Vertreter des Bekleidungseinzelhandels – darunter L&T aus Osnabrück – an die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten.

„Wir, die Arbeitnehmer*innen des stationären Einzelhandels, sowie der dazu gehörenden Verbände und Einkaufskooperationen aus dem Sport-, Bekleidungs- und Schuhsegment, fühlen uns weiterhin von der Politik im Stich gelassen und haben Angst, dass unsere Unternehmen uns bald nicht mehr weiter beschäftigen können. Insgesamt geht es im stationären Handel mit den Verbänden und Einkaufskooperationen um ca. 3,5 Mio. Arbeitsplätze“, heißt es in dem offenen Brief an Angela Merkel, Olaf Scholz, Peter Altmaier, Hubertus Heil und die Ministerpräsidenten sowie Ministerpräsidentinnen.

Keine Planungssicherheit

„Der zweite harte Lockdown, der nun mehrfach verlängert wurde, nimmt dem stationären Einzelhandel unverschuldet immer mehr die Konkurrenzfähigkeit, im schlimmsten Fall die Überlebenschance. Auch da es seit Monaten keine Planungssicherheit gibt. Was passiert mit unseren Arbeitgebern und damit unseren Arbeitsplätzen, wenn der Inzidenzwert noch länger über 35 oder anderen von der Politik eingebrachten Zahlen bleibt?“, fragen die Vertreter des stationären Einzelhandels; darunter auch L&T aus Osnabrück.

Angst um die Zukunft der Familien

„Betont werden muss, dass uns der Ernst der Pandemie immer noch absolut bewusst ist! Und natürlich war und ist klar und steht außer Frage, dass jedes Menschenleben zählt und gerettet werden muss. Es gilt aber, ganze Existenzen zu retten und uns und unseren Arbeitgebern nicht die Lebensgrundlage staatlich wegzunehmen. Wir haben große Sorge für unsere Zukunft und die unserer Familien. (…) Leider scheinen aber der Politik der Ernst der Lage und die Angst der Menschen im stationären Einzelhandel und den dazu gehörenden Verbänden nicht wirklich bewusst zu sein, oder aber sie werden schlichtweg ignoriert. Das wurde den Unterzeichnern noch mehr bewusst, da auf den ersten direkten Brief, der an alle Teilnehmer*innen der Ministerpräsidentenkonferenz Anfang Februar ging, nur drei Antworten zurückkamen. Dabei wurde zum einen lediglich auf eine Öffnung des Click & Collect in einem Bundesland verwiesen, in einer anderen wurde uns die Situation erklärt – diese ist uns mehr als bewusst.“

Non-Food-Artikel im Lebensmittelhandel?

Die Vertreter schreiben weiter: „Es ist für die Mitarbeiter*innen des stationären Fachhandels nicht zu verstehen, dass der Verkauf von Sportartikeln, Textilien, Schuhen und weiteren Non-Food-Artikeln weiterhin bei Lebensmitteleinzelhändlern als systemrelevant eingestuft wird. Wenn Sie schon in den Wettbewerb und in die freie Marktwirtschaft eingreifen, dann bitte auch konsequent. Ein finanzieller Ausgleich zwischen wirtschaftlichen Gewinnern und Verlierern der Pandemie wäre ein richtungsweisender Anfang.“

Ansteckungsgefahr gering

„Unsere Einzelhändler haben allesamt bereits 2020 in gute und funktionierende Hygienekonzepte investiert und damit ein sicheres Einkaufen möglich gemacht“, heißt es in dem offenen Brief. „Gerade hat eine aktuelle Studie unter Beteiligung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin bewiesen, dass es im Einzelhandel nicht zu einer erhöhten Infektionsgefährdung durch das SARS-CoV-2-Virus kommt. Warum wird daher die Ansteckungsgefahr in überfüllten Lebensmittelfilialen, vor allem an den Wühltischen mit Non-Food-Artikeln, als geringer eingestuft?“

Rücklagen werden aufgebraucht

„Die Rücklagen der Unternehmer werden immer weiter aufgebraucht, während andere die Möglichkeit bekommen, sich an der Situation zu bereichern! Wie sollen Unternehmen, die aktuell große Teile ihres Kapitals verlieren und zukünftig nicht mehr wettbewerbsfähig sind und bleiben, weiterhin unsere Arbeitsplätze sichern und dies mit einem marktüblichen Arbeitsentgelt? Außerdem spülen Sie durch die aktuellen Regelungen immer mehr Kunden von uns, aus dem inhabergeführten Mittelstand der Innenstädte, zwangsweise zu den großen Online-Riesen, die zu Teilen auch noch ausländische Unternehmen sind. Große Unternehmen, wie Amazon aus den USA, die Steuervergünstigungen erhalten und teilweise keinerlei Steuern in Deutschland zahlen müssen, bereichern sich zusätzlich.“

Lange genug zugeschaut

Die Unterzeichner schreiben weiter: „Die Arbeitnehmer*innen des stationären Einzelhandels müssen, wie viele, mit dem Homeschooling klarkommen, und damit, dass unsere Kinder Oma und Opa gerade nicht sehen dürfen und einiges mehr! Warum nimmt eine gewählte Regierung es in Kauf, dass viele von uns zusätzlich ihre Arbeit verlieren könnten und dadurch in unseren Familien der Stressfaktor durch Ausweglosigkeit, fehlende Perspektive, Depressionen … nochmal erhöht wird? Das Kurzarbeitergeld ist eine gute Überbrückungshilfe, um Arbeitsplätze vorerst zu sichern, aber auf längere Sicht haben wir Arbeitnehmer*innen dadurch eben nicht genügend Geld in der Tasche, um die Lebenshaltungskosten von uns und unseren Familien zu decken. Und dies gilt vermutlich nicht nur für die Arbeitnehmer*innen unserer Branche! Wir haben lange genug zugeschaut und erwarten jetzt Lösungen und Hilfe, für die Zukunft von uns und unseren Familien, sowie für die Unternehmen, für die wir gerne arbeiten!“


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