Im Osnabrücker Zoo freut mach sich: Endlich ist am Schölerberg eine Elefanten-Mutterlinie eingezogen. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch erreichten die asiatischen Elefanten Douanita (29 J.) und ihre Tochter Sita (4 J.) den Osnabrücker Zoo und betraten kurz vor Mitternacht ihr neues Zuhause. Sie waren aus dem Zoo Prag angereist.
„Der Zoo Osnabrück beteiligt sich damit zukünftig aktiv am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm für Asiatische Elefanten mit eigener Nachzucht. Damit kommen wir einer von Umweltveränderungen unabhängigen überlebensfähigen Population des Asiatischen Elefanten in Obhut des Menschen einen entscheidenden Schritt näher“, so Zoodirektor Prof. Dr. Michael Böer. Bei Nacht und Regen erreichte der große Transporter am Dienstagabend um halb zehn den Osnabrücker Zoo. Ein sechsköpfiges Team begleitete die beiden Elefantenkühe auf der rund zehnstündigen Fahrt: Vom Zoo Osnabrück waren Zootierarzt Thomas Scheibe, Biologe Andreas Wulftange, Elefantenrevierleiter Detlef Niebler und Elefantentierpflegerin Heike Läkamp dabei. Zusätzlich fuhren zwei Elefantenpfleger aus dem Zoo Prag mit. „Im LKW war eine Kamera installiert, sodass eine durchgehende Kontrolle gewährleistet war. Außerdem hielten wir in regelmäßigen Abständen an, um die Tiere direkt in Augenschein zu nehmen“, berichtete Andreas Wulftange. Beide Kühe, die zusammen über viereinhalb Tonnen wiegen, wurden gemeinsam in einem Container transportiert, waren aber durch ein Gitter voneinander getrennt. „Das ist sinnvoll, denn sonst könnten sie sich versehentlich gegenseitig verletzen, zum Beispiel wenn gebremst wird“, erklärte der Biologe.
Pfleger aus Prag begleiteten die beiden Elefanten-Damen
Nach der Ankunft am Schölerberg gegen halb zehn in der Nacht musste der Container mithilfe eines Krans auf der Außenanlage direkt vor den Eingang der Halle der Elefanten platziert werden. Dabei war Fingerspitzengefühl gefragt, damit die Kiste genau richtig und fest stand. Um viertel nach elf war es schließlich soweit – die Mitarbeiter öffneten die Kiste und die vierjährige Sita durfte als erstes ihr neues Zuhause erkunden: „Die Tierpfleger aus Prag standen in einer abgetrennten Box im Innenbereich, riefen Sita und warfen ihr Leckerlis in die Halle – die bekannten Stimmen geben ein Gefühl von Sicherheit. In der Halle hatten wir außerdem vorab Futter drapiert“, erläuterte Detlef Niebler. Sita streckte zuerst vorsichtig den Rüssel aus der Box, dann das erste Bein, schließlich das zweite und lief dann forsch in die Halle.
„Unsere beiden Jungbullen Shanti und Shahrukh standen in ihren Boxen und warteten ganz ungeduldig darauf, sie zu begrüßen. Sie streckten ihr schon den Rüssel entgegen und recht schnell ging Sita zu ihnen, um sie zu berüsseln“, berichtete Böer weiter. Im nächsten Schritt durfte dann Mutter Douanita aus der hinteren Box im Container in die Halle laufen. Auch sie betrat schnell das neue Zuhause, knabberte an den bereitgelegten Ästen und begrüßte die neuen Mitbewohner. „Das war wirklich toll zu beobachten, wie die Elefanten sich gegenseitig berüsselten und mit ihrem Rüssel ins Ohr oder auch ins Maul des anderen fassten. Das ist eine sehr freundliches und vertrauensvolles Verhalten“, freute sich Böer.
Kennenlernen und Austausch vorab
Damit sich die beiden neuen Bewohner am Schölerberg schnell wohl fühlen, waren Detlef Niebler und Andreas Wulftange bereits zwei Tage vor dem Transport in Prag vor Ort. „Wir wollten die beiden Elefantenkühe schon mal kennen lernen und Kommandos und Körpersprache der Tierpfleger beobachten, damit wir daran direkt anknüpfen können“, so Niebler. Um für Mensch und Tier den Alltag sowie medizinische Untersuchungen möglichst einfach zu gestalten, lernen Elefanten bestimmte Kommandos wie „lift“. Dabei heben sie den Fuß, damit die Tierpfleger Fußpflege machen können. Das Erlernen der Kommandos erfolgt spielerisch auf freiwilliger Basis. „Die Tierpfleger des Zoo Prag haben uns eine Liste mit den Kommandos gegeben, die Douanita und Sita können.“ Am Montagnachmittag traf zusätzlich Zootierarzt Thomas Scheibe mit Elefantentierpflegerin Heike Läkamp in Prag ein. Er untersuchte die Tiere gemeinsam mit dem Prager Zootierarzt abschließend vor der Fahrt – ein besonderes Augenmerk lag dabei auf der tragenden Douanita. Sie wird voraussichtlich im Herbst ihr fünftes Jungtier zur Welt bringen.
Eingewöhnung steht an
Die nächsten Tagen bleiben für die neuen Bewohner spannend: Haben die ruhige Douanita und ihre verspielte Tochter Sita ihr neues Haus erkundet, werden sie die Außenanlage kennenlernen und direkt auf die beiden Jungbullen (8 J.) treffen. Auch mit dem Zuchtbullen Luka (43 J.) werden sie zunächst mithilfe eines Kontaktgitters und dann direkt zusammengeführt. Dieser ist nachts in einem separaten Bullenstall untergebracht und hat die Kühe zwar sicherlich gehört, aber noch nicht kennengelernt. „Wie schnell die Kühe direkt auf die Bullen treffen, können wir noch nicht sagen – das liegt ganz an den Elefanten. Schließlich braucht jedes Tier eine andere Zeit zur Eingewöhnung“, so Zoodirektor Böer.
Besucher können die beiden Elefantenkühe aber bereits in der Elefantenhalle in Osnabrück begrüßen.
Hintergrund Elefantenhaltung im Zoo Osnabrück
Der Zoo Osnabrück wartete bereits seit längerer Zeit auf eine Mutterlinie von Asiatischen Elefanten. In der letzten Zeit wohnten die Jungbullen Shanti und Shahrukh gemeinsam mit dem ausgewachsenen Bullen Luka am Schölerberg. Vor kurzem bekam der Zoo vom Zuchtbuchkoordinator für Asiatische Elefanten den Bescheid, dass die zwei Elefantenkühe aus Prag ein neues Zuhause suchen und nach Osnabrück ziehen sollen. Der Transfer der beiden Elefantenkühe sei notwendig gewesen, so Zoodirektor Böer. „Douanita verstand sich in Prag nicht mehr mit den anderen Kühen. Sie hat Leitkuhqualitäten und duldete Familienbildungen der anderen beiden Elefantenkühe, die inzwischen eigene Kinder haben, nicht. Es kam in den vergangenen Monaten in Prag daher immer wieder zu Spannungen unter den nicht verwandten Müttern, weshalb man Douanita und die anderen Mütter nun nicht mehr zusammen halten kann. Der Transport war zu der Zeit der Trächtigkeit unbedenklich.“ Zoos sind mittlerweile dazu übergegangen Mutterlinien, also miteinander verwandte Elefantenkühe, zu halten oder an andere Zoos zusammen weiterzugeben. Dies entspricht der Herdenbildung in der Wildbahn und gewährleistet, dass die Töchter Fortpflanzung und Jungtieraufzucht von ihren Müttern oder Tanten lernen.