Dieser Artikel erschien erstmals am 10. März 2015. Da er inhaltlich nicht an Aktualität verloren hat, veröffentlichen wir ihn heute (30. Juni 2016) erneut.
Heute wurde bekannt, dass die Werbefirma Ströer, um deren Forderungen gegenüber der Stadtverwaltung es auch im Artikel unten geht, noch im Sommer dieses Jahres ein (weiteres) freies Wifi-Netz in Osnabrück zur Verfügung stellen wird.
Noch bevor die Details bei einem gemeinsamen Pressegespräch am 12. Juli von Ströer, dem Stadtmarketing (OMT) und der Stadtverwaltung bekanntgegeben werden, hatte die Lokalzeitung NOZ bereits die Nachricht verbreitet (Abruf ggf. kostenpflichtig).
Ein pikantes Detail bei dieser „Vorberichterstattung“: Es wurde das Logo des Freifunk e.V. verwendet (gekennzeichnet mit „Quelle: dpa“), nicht etwa ein Logo von Ströer oder das Logo der Wifi-Alliance, das extra zum Kennzeichen von Hotspots zur Verfügung gestellt wird.
Gerade die engagierten Freifunker haben gezeigt, wie auch ohne städtische Zuschüsse oder kostenlos überlassene Werbeflächen ein leistungsfähiges und kostenloses Wifi-Netz betrieben werden kann.
Werden die Freifunker jetzt ausgebootet? Heißt es dann diesen Sommer: „Vielen Dank für das freie Internet und Euer Engagement u.a. auf der Maiwoche, dem Weihnachtsmarkt und im Flüchtlingshaus – und Tschüss?!“
Wir warten die Ausführungen von Stadtbaurat Frank Otte ab, der auch zum Pressetermin am 12. Juli erscheinen soll.
Bis dahin fragen sicher nicht nur wir uns, warum man nicht das bereits existente und performante Netzwerk der Freifunker unterstützen konnte, und sich stattdessen in die Abhängigkeit des Unternehmens Ströer begeben hat?
Mehr zum Thema Wifi bzw. Freifunk in Osnabrück über unsere Suchfunktion.
Heiko Pohlmann, Herausgeber der HASEPOST
Unser Artikel vom März 2015:
WLAN oder auch Wifi, das drahtlose Internet ist eine feine Sache – auch in der Innenstadt
Spätestens seit man bei Telekom, Vodafone, Osnatel & Co eigentlich keinen Internetzugang mehr bekommt, ohne einen dazugehörigen WLAN-Router, zwecks Verteilung des drahtlosen Internets in der Wohnung, gibt es kaum noch ein Smartphone, Tablet oder Notebook, das nicht regelmäßig online im Netz ist.
Und obwohl mehr oder weniger begrenzte Daten-Flatrates zu nahezu jedem Handyvertrag gehören, scheint es einen Bedarf für „Wifi to go“ zu geben.
Wie schön wäre ein städtisches WLAN in der Innenstadt?
Schon seit geraumer Zeit taucht dieses Thema immer mal wieder auf der Tagesordnung des Stadtrates auf. Zuletzt bei der Sitzung am 10. Februar, als die Kleinstfraktion UWG/Piraten nachfragte, wie weit ein mit der Firma Ströer 2013 vereinbartes Projekt gediehen sei.
Und auch zur aktuellen Ratssitzung bringt die kleine Gruppe das Thema in abgewandelter Form wieder auf die Tagesordnung. Diesmal möchten Ralf ter Veer (Piraten) und Wulf-Siegmar Mierke (UWG) einen Beschluss herbeiführen, über den die Verwaltung damit beauftragt wird „das bürgerschaftliche Engagement des Freifunk Projekts zur Bereitstellung von öffentlichen, kostenlosen WLAN Zugriffspunkten“ offiziell zu unterstützen.
Die „Ströer-Option“ – mobiler Datenzugriff gegen städtische Werbeflächen
Die Wifi-Anfrage aus dem Februar bezog sich auf einen bislang inhaltlich nicht-öffentlichen Passus des 2013 zwischen der Stadt Osnabrück und dem Werbevermarkter Ströer (ehemals „Deutsche Städte Reklame“) geschlossenen Vertrages. Damals erhielt die Firma Ströer das exklusive Recht die innerstädtischen Werbeflächen (CityLight-Poster etc.) zu vermarkten. Imm Gegenzug kann die Stadt einen Teil dieser Flächen für eigene Veranstaltungsplakate kostenfrei (oder kostenreduziert) nutzen – und erhält (in einem im Detail nicht öffentlich bekannten Rahmen) einen Teil der Werbeeinnahmen. Bei Vertragsschluss war schon bekannt, dass bei den Verhandlungen 2013 auch eine nicht näher definierte Installation eines freien Internetzugangs mit in den Vertrag aufgenommen wurde.
Die von der Verwaltung auf die Anfrage mitgeteilte Antwort machte den entsprechenden Vertragsbestandteil erstmals öffentlich und zeigte auch auf, dass der Werbevermarkter für dieses städtische WLAN nochmals ordentliche Zugeständnisse fordert.
Der entsprechende Vertragsbestandteil lautet im §5 des Werberechtsvertrages:
„(…) STADT beabsichtigt, ein kostenfreies, öffentliches WLAN-Netz im Stadtgebiet von Osnabrück zu installieren. Im Falle der Umsetzung sichert DSM hierfür ihre grundsätzliche Kooperationsbereitschaft zu. Dies kann z. B. durch den Einbau von WLAN- Sendegeräten in bestehende oder neu zu errichtende Werbeträger erfolgen. Über die Details einer solchen Kooperation sowie die Kompensation der DSM daraus entstehenden Kosten werden die Vertragsparteien zu gegebener Zeit verhandeln.“
Und weiter führt die Verwaltung aus, dass bereits im Oktober vergangenen Jahres ein Entwurf für einen Nachtrag zum Werberechtsvertrag vorgelegt wurde. Dieser Entwurf soll die Bereitstellung von Hotspots über die Deutsche Telekom beinhalten. Ganze zehn (10!) Hotspots sollen im ersten Schritt freigeschaltet bzw. technisch eingerichtet werden, um die besucherstärksten Bereiche der Innenstadt möglichst weitreichend abzudecken. Ob es sich dabei um bestehende Hotspots der Telekom (mehr als 40 allein in der Innenstadt) oder neue Einwahlpunkt handelt, bleibt offen.
Ströer fordert erhebliche Gegenleistung für zehn Wifi-Zugangspunkte
Als Gegenleistung wird vom Inhaber der Werberechte, der Firma Ströer, die Pachtfreistellung für mehrere neu geplante Anlagen gewünscht (darunter zwei Mega-Light-Anlagen in der Hannoverschen Straße und Ackerstraße sowie Pagenstecherstraße; einen City Star an der Bohmter Straße und fünf neue City-Light-Poster-Wechselanlagen in der Innenstadt). Für diese fünf Anlagen werden die Standorte zurzeit geprüft bzw. Alternativvorschläge vorbereitet, so die Verwaltung.
Zigtausend Euro Gegenwert für ein paar Internet-Zugangspunkte?
Auf mehrfaches Nachfragen blieb der HASEPOST der weitere Werberechtsvertrag zwischen Stadt und Ströer weiter verschlossen.
Nach Angaben eines von Kommunen regelmäßig bei der Ausgestaltung von Werberechtsverträgen hinzugezogenen Sachverständigen, kann eine einzelne Anlage, wie sie als Gegenleistung von der Werbefirma gefordert wird, pro Jahr Einnahmen im fünfstelligen Bereich generieren.
Je nach verhandeltem Beteiligungsschlüssel entginge der Stadt bei dem im Raum stehenden Ergänzungsvertrag ein erheblicher Einnahmeposten.
Alternative „Freifunk“?
Auch zu dieser Ratssitzung (10. März) haben die umtriebigen Ratsherren von UWG und Piraten einen interessanten Vorschlag eingereicht. Sollte sich die Stadt tatsächlich für FREIFUNK begeistern, wären die Zugeständnisse an den Werbevermarkter womöglich gar nicht mehr notwendig.
Konkret heisst es in der Vorlage für den Stadtrat:
Die Idee von Freifunk ist es, mittels handelsüblicher WLAN Router (ab ca. 20 Euro) und einer freien Software (basierend auf OpenWRT) ein unabhängiges Maschennetzwerk aufzubauen.
Jeder kann durch die Inbetriebnahme eines Freifunk-Knotens das Abdeckungsgebiet auf einfache Weise vergrößern.
Idealerweise können alle Knoten miteinander kommunizieren, auch wenn diese über keine direkte Internetverbindung verfügen. Aufgrund der besonderen Architektur des Netzes ohne Hierarchien reicht dann ein einzelner Internetzugang. Optimaler sind jedoch mehrere Zugänge. Der einzelne Knoten (WLAN Router) benötigt nur einen Stromanschluss und verbraucht typischerweise unter 5 Watt.
Der Router baut für sich selbst und seine WLAN Gäste einen sicheren VPN-Tunnel in das Freifunk-Netz auf. Dadurch ist zum einen technisch ausgeschlossen, dass private Geräte aus dem Internet erreicht werden können und zum anderen gewährleistet, dass keinerlei Rückschlüsse möglich sind, welcher Internetverkehr über die eigene Leitung fließt (…)
Wird denn überhaupt noch ein (weiteres) freies WLAN-Netz in der Innenstadt benötigt?
Wir haben den Test auf dem Nikolaiort in der Innenstadt gemacht:
Mehr als 20 Wifi-Netzwerke können auf dem zentralen Platz empfangen werden, davon sind öffentliche Hotspots:
- Telekom
- Kabel Deutschland
- Stadtwerke Osnabrück
- NOZ /basecom
- Peek & Cloppenburg*
- Café und Bar Celona** = nur für Kunden
Zugangsdaten für die beiden erstgenannten Netze erhalten Telekom- und T-Mobile Kunden (zusammen >50% aller Haushalte in Deutschland) bzw. Kunden von Kabel Deutschland in zahlreichen Tarifangeboten ihrer jeweiligen Telefon- und Kabelnetzverträge. Oft sind die Zugangsdaten bereits vorhanden, werden aber aus Unwissenheit nicht genutzt.
Allein die Telekom besitzt innerhalb des Postleitzahlbereiches 49074 über 40 Zugangspunkte (HotSpots), meist im Umfeld von Telefon-Säulen. Das gemeinsame Netz der Stadtwerke und der NOZ deckt neben nahezu der gesamten Fußgängerzone auch weitere exponierte Standorte, wie das Moskau-Bad ab.
Um das gemeinsam von den Stadtwerken Osnabrück und der Lokalzeitung NOZ betriebene Wifi-Netzwerk kostenlos nutzen zu können, ist lediglich eine kurze Anmeldung notwendig.
Die beiden offenen WLAN-Netze des Textilkaufhauses Peek & Cloppenburg und der Bar Celona stehen stellvertretend für dutzende Kunden-Netzwerke, für die man meist auf Nachfrage beim Personal die Zugangsdaten erhält.
So sehen die Login-Masken von Stadtwerke/NOZ, Kabel Deutschland und Telekom aus:
HP
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