Der renommierte Staatsrechtler Joachim Wieland hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) vor den Vorwürfen des vermeintlichen Verfassungsbruchs durch Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) in Schutz genommen. Das Berufen auf eine „außergewöhnliche Notsituation“ im Zuge des Ukraine-Kriegs durch den Kanzler, um zusätzliche Schulden aufzunehmen und Unterstützung für die Ukraine bereitzustellen, hat das Scheitern der Ampelkoalition herbeigeführt.
Schutz für Scholz gegen Vorwürfe des Verfassungsbruchs
„Es ist verfassungsrechtlich absolut gerechtfertigt, die Schuldenbremse für die Ukrainehilfen auszusetzen“, erklärte Joachim Wieland im Gespräch mit dem „Spiegel“. Er äußerte, dass er keinen Verfassungsbruch durch den Kanzler sehe, der etwas Unzulässiges vom Finanzminister Lindner verlangt hätte. Die Regierung habe „einen erheblichen Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum, wann eine solche ‚außergewöhnliche Notsituation‘ vorliegt“, fügte Wieland hinzu.
Bewertung der aktuellen Situation in der Ukraine
Der Krieg in der Ukraine tobt zwar schon seit zweieinhalb Jahren, jedoch argumentiert Wieland, dass die militärische Lage „jetzt wieder wesentlich bedrohlicher aussieht als noch vor anderthalb Jahren“. Zudem sei mit dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA zu rechnen, dass die Amerikaner ihre Unterstützung der Ukraine reduzieren könnten. Daher sei es „absolut nachvollziehbar, dass der Kanzler in dieser Situation mehr deutsche Hilfe zusagen will, damit die Ukraine im kommenden Jahr nicht überrollt wird.“
Finanzierung der Unterstützung für die Ukraine
Auch die Absicht von Scholz, neben zusätzlichen drei Milliarden Euro für die Ukraine die bereits im Haushaltsentwurf 2025 vorgesehenen 12,5 Milliarden Euro an Unterstützung für den von Russland angegriffenen Staat durch Aussetzen der Schuldenbremse finanzieren zu wollen, hielt Wieland für „klar von der Notsituation gedeckt“. Da der Haushalt noch nicht verabschiedet worden sei, könnte der Kanzler durchaus sagen, dass „diese 15,5 Milliarden insgesamt durch den Ukrainekrieg bedingt sind, und die frei werdenden 12,5 Milliarden aktuell dringend für andere, innenpolitische Zwecke benötigt werden.“
In Bezug auf das vom Bundesverfassungsgericht vor einem Jahr gekippte Zweite Nachtragshaushaltsgesetz, bei dessen Verfahren in Karlsruhe Wieland die Bundesregierung vertreten hatte, betonte dieser, dass das Scheitern des Gesetzes nicht an der Schuldenbremse gelegen hätte. Er sieht „für den aktuellen Fall gar kein Problem“, obwohl das Urteil die Kriterien für ein Aussetzen der Schuldenbremse präzisiert habe.
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