Auf Osnabrücks Straßen kracht es immer wieder. Am 23. März veröffentlichte die Polizeidirektion Osnabrück ihre Verkehrsunfallstatistik für das Jahr 2019. Die Bilanz fällt durchwachsen aus.
Laut polizeilicher Verkehrsunfallstatistik kam es im vergangenen Jahr im Bereich der Polizeidirektion Osnabrück zu einem Anstieg der Unfälle. Zwar gab es weniger verletzte Verkehrsteilnehmer, aber leider mehr Tote. Vor allem ältere E-Bike-Fahrer und Fahranfängern bereiten der Polizei Sorgen. „Die Bilanz ist im Ergebnis durchwachsen. Erfreulich ist, dass die Zahl der verletzten Verkehrsteilnehmer gesunken ist. Auch die Zahl der Baumunfälle und Motorradunfälle mit schweren Folgen konnte deutlich reduziert werden. Traurig ist, dass die Zahl der Verkehrstoten zugenommen hat,“ sagt Polizeipräsident Michael Maßmann. „Wir müssen die Pedelec- bzw. E-Bike-Fahrer und auch die Fahranfänger mehr im Blick haben, denn dort haben wir mehr Tote zu beklagen.“
478 Unfälle mehr als im Vorjahr
Im Jahr 2019 kam es im Bereich der Polizeidirektion Osnabrück zu 31.612 Verkehrsunfällen, 478 mehr als im Vorjahr. Hierbei verloren 73 Menschen, darunter vier Kinder, auf den Straßen der Direktion – vom Teutoburger Wald bis zu den Ostfriesischen Inseln – ihr Leben. Damit verzeichnet die Polizeidirektion einen Anstieg um fünf Verkehrstote im Vergleich zum Vorjahr. Bei den Getöteten innerhalb geschlossener Ortschaften gab es 2019 eine Steigerung um 50 % auf 21 Personen (2018: 14). Die Zahl der schwerverletzten Personen infolge eines Verkehrsunfalls sank im Vergleich zu 2018 um 14 Personen auf 1414. Ebenso sank die Zahl der leichtverletzten Verkehrsteilnehmer um 58 auf 6747 (- 0,85 %). Maßmann ist über diese Ergebnisse besorgt: „Erschreckend sind die drastisch angestiegenen Fälle von schwerverletzten und getöteten älteren Verkehrsteilnehmern, die mit Pedelec und E-Bike unterwegs sind. Wir müssen besonders die Älteren noch stärker auf die Gefahren im Straßenverkehr aufmerksam machen.“
Unfallursachen
Der fehlende Sicherheitsabstand mit 2260 Unfällen war im Jahr 2019 – genau wie bereits im Jahr 2018 – die häufigste Unfallursache. Unfälle aufgrund von Vorfahrtsverstößen war die zweithäufigste Ursache und hat sich lediglich um drei Unfalle auf 2119 erhöht. Die Zahlen bei der dritthäufigsten Ursache „Geschwindigkeit“ waren in 2019 ebenfalls rückläufig. So verringerten sich Unfälle durch nicht angepasste Geschwindigkeit um 137 auf 1228 Fälle. Die Zahl der Verkehrsunfälle unter Alkohol- und Drogeneinfluss blieb im Vergleich zum Vorjahr 2018 fast gleich – nur ein Unfall weniger. So wurden 724 Verkehrsunfälle unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen verursacht. Maßmann verurteilt dieses rücksichtslose Verhalten: „Wer unter dem Einfluss von Alkohol- und/oder Drogen ein Fahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum führt, gefährdet nicht nur sich selbst, sondern auch andere. Alkohol und Drogen haben im Straßenverkehr nichts verloren.“ Eine erfreuliche Entwicklung zeichnet sich auch im Jahr 2019 im Bereich der sogenannten Baumunfälle ab. So sank die Zahl im Vergleich zum Vorjahr nochmals um 8,6 % auf insgesamt 382 Unfälle und erzielte dabei den tiefsten Wert seit 2015. Einer der Gründe für diesen positiven Trend dürfte die intensive Verkehrssicherheitsarbeit von Polizei, Kommunen und Sicherheitspartnern sein.
Risikogruppen weiter im Fokus der polizeilichen Präventionsarbeit
Innerhalb der Altersgruppe der 18 – 24-jährigen stieg die Zahl der tödlich Verletzten um 5 auf insgesamt 13 Verstorbene. Von den 13 getöteten jungen Fahrenden waren 7 mit dem Pkw unterwegs. Maßmann begutachtet diesen Trend besorgt und möchte darauf den Fokus erhöhen: „Dreizehn tödlich verletzte Fahranfänger stimmen mich nachdenklich. Wir werden die Risikogruppe der Fahranfänger jetzt stärker im Blick haben.“ In der Altersgruppe der ab 65-Jährigen verstarben im Jahr 2019 insgesamt 20 Verkehrsteilnehmer bei Verkehrsunfällen. Auffällig: Von den 20 Verstorbenen waren allein 7 Pedelec-Fahrer betroffen. Michael Maßmann fordert in diesem Zusammenhang eine bessere Präventionsarbeit: „Ältere Menschen bleiben immer länger mobil und nutzen neue Mobilitätsformen, sind aber auch stärker gefährdet. Nur wer körperlich fit ist, sollte am Straßenverkehr teilnehmen. Die Unterstützung des Mobilitätswillens der älteren Generation bedarf einer angepassten und intensiven Präventionsarbeit.“
Weniger Unfälle mit Motorrädern
Zum baldigen Start der Motorradsaison rücken auch die positiven Ergebnisse des letzten Jahres in den Fokus. Im Jahr 2019 waren insgesamt 477 Motorräder an Verkehrsunfällen beteiligt, 43 (- 8,3 %) weniger als im Vorjahr und damit der niedrigste Wert der letzten fünf Jahre. Die Gesamtzahl der verletzten und getöteten Motorradfahrer ist 2019 ebenfalls deutlich gesunken. Es wurden 326 Personen verletzt, hiervon 125 schwer (- 10 %) und 11 tödlich (- 26,67 %). Michael Maßmann sieht diese positive Entwicklung als ein Ergebnis der Aufklärungsarbeit: „Weniger schwerverletzte und getötete Motorradfahrer sind eine sehr positive Nachricht. Offensichtlich greife die umfangreiche Präventionsarbeit aller Sicherheitspartner immer mehr und führe letztlich auch zu einem umsichtigeren Verhalten aller Verkehrsteilnehmer.“
Ablenkung im Straßenverkehr
Das Thema Ablenkung im Straßenverkehr – durch elektronische Geräte – ist weiterhin eines der großen Herausforderungen. Hier lässt sich auch in 2019 eine große Dunkelziffer vermuten. Schon bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h legt ein Fahrzeug innerhalb von zwei Sekunden mehr als die Länge eines Tennisplatzes zurück – wer sich in dieser Zeit nicht voll auf den Straßenverkehr konzentriert, sondern aufs Handy oder Navi schaut, ist quasi 30 Meter blind unterwegs. Im letzten Jahr wurden im Gebiet der Polizeidirektion Osnabrück rund 500 sogenannte Handy-Verstöße geahndet, davon kam es bei knapp 40 Verstößen es zu einem Verkehrsunfall. Michael Maßmann warnt: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert die volle Aufmerksamkeit und Konzentration und darf nicht zur Nebensache werden. Ablenkung im Straßenverkehr durch Handy und Co. sind sehr gefährlich und werden deshalb durch die Polizei konsequent verfolgt.“
Fahrrad, Pedelec und E-Bike
Mit Sorge ist die Entwicklung der Unfallzahlen unter Beteiligung eines Fahrrades mit Elektromotor zu betrachten. So stieg die Zahl der Unfälle im Vergleich zum Vorjahr (2675) um 148 auf 2823. Bei den 2823 Unfällen waren im Jahr 2019 in 574 Fällen Pedelecs oder E-Bikes beteiligt – eine Steigerung um 156 Unfälle (37,3 %) im Vergleich zu 2018 und um 445 Unfälle (356 %) im Vergleich zu 2015. Bei den klassisch Fahrradfahrenden gab es einen Rückgang auf 259 Schwerverletzte (2018: 301), dafür bei den Verkehrsteilnehmern mit Pedelec und E-Bike einen deutlichen Anstieg auf 131 Ver-letzte (Vorjahr noch 88). Es wurden insgesamt 14 Zweiradfahrer getötet, davon 9 Pedelec-Fahrer und 5 Radfahrer. Um Unfälle zu vermeiden sollten alle Radfahrer, egal ob mit Elektroantrieb oder nicht, insbesondere ihre Sichtbarkeit erhöhen, indem beispielsweise reflektierende Bekleidung, wie eine Warnweste, getragen wird. Die Polizei empfiehlt, generell einen Fahrradhelm zu tragen – dies gelte auch bei kurzen Strecken. Maßmann möchte darauf einen neuen Schwerpunkt in der Verkehrssicherheitsarbeit setzen: „Angesichts der aktuellen Entwicklungen setzen wir beim Thema Radverkehr einen besonderen Schwerpunkt im Rahmen unserer Verkehrssicherheitsarbeit. Die Unfälle mit schweren Folgen müssen reduziert werden.“