Rund 10% aller in Deutschland geborenen Kinder sind Frühgeborene, das heißt, sie sind vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt gekommen. Der Großteil von ihnen hat keine gesundheitlichen Probleme und wächst ganz normal auf. Doch einige dieser Kinder werden so früh geboren, dass sie lange im Krankenhaus bleiben müssen und auch in ihrem späteren Leben noch beeinträchtigt sind. Der Weltfrühgeborenentag am 17. November will auf die besonderen Bedürfnisse der ganz Kleinen aufmerksam machen. Dazu werden weltweit Gebäude in der Farbe Lila angestrahlt.
„70-80 Kinder werden in Osnabrück jedes Jahr geboren, die weniger als 1.500 Gramm wiegen. Das ist ungefähr so viel wie drei Pakete Butter“, erklärt Prof. Dr. Norbert Albers, Chefarzt im Christlichen Kinderhospital in Osnabrück. Für die Eltern und Angehörige bedeuten die nächsten Monate oft banges Warten und große Unsicherheit. „Die Familien haben meist einen langen Leidensweg hinter sich. Denn die Kinder brauchen nicht nur in den ersten Monaten besondere Betreuung, sondern oftmals auch danach“, weiß der Neonatologische Oberarzt Dr. Volkmar Kunde. Frühgeborene leiden häufiger an motorischen Störungen und benötigen mehr Aufmerksamkeit. „Die Kinder dürfen im Kindergarten, oder in der Schule und ganz allgemein aus der Gesellschaft nicht ausgegrenzt werden. Wir müssen sie wahrnehmen!“, so Kunde.
Die Farbe Lila
Jedes Jahr am 17. November werden zu diesem Anlass Gebäude in mehr als 30 Ländern in der Farbe Lila angestrahlt. In Osnabrück sind das zum Beispiel das VfL Stadion, die OsnabrückHalle, das Rathaus und die Industrie und Handelskammer. Auch mit Plakaten soll auf das Thema hingewiesen werden. Betroffene, und auch die Krankenhäuser wollen damit für die oft vergessene Gruppe der Frühgeborenen sensibilisieren. Entstanden ist die Idee vor einigen Jahren, als ein Vater am 17. November seine zu früh geborenen Drillinge verlor. Später bekam er am selben Tag eine gesunde Tochter. Seitdem erstrahlt jedes Jahr auf der ganzen Welt die Farbe Lila.
Zu wenig Ärzte, zu wenig Pfleger
„Dieses Jahr wollen wir aber noch auf etwas anderes hinweisen“, sagt Albers. „Ab dem nächsten Jahr gelten für Krankenhäuser Untergrenzen für die Personalausstattung. Doch die vorgegeben Zahlen können nicht erfüllt werden, weil es nicht genug qualifiziertes Personal gibt und schlichtweg nicht genug Geld da ist.“ So müssen auf Intensivstationen zum Beispiel 40% der Kinderkrankenpflegekräfte eine Weiterbildung als Intensivpfleger haben. Bereits jetzt gibt es einen Mangel an Ärzten und Pflegekräften in vielen Krankenhäusern. Anfang des Jahres habe es zum Beispiel einen drastischen Personalengpass im Christlichen Kinderhospital gegeben, der nur gelöst werden konnte, weil alle Mitarbeiter bereit waren, mehr als 100% zu geben und auch in Notfällen einzuspringen. „Das kann aber natürlich nicht ewig so weitergehen“, betont Alexandra Wünsch, Fachpflegerin auf der Kinderintensivstation des Krankenhauses. „Pflege ist eigentlich ein toller Beruf, bei dem man so viel Dankbarkeit zurückbekommt, nur die Umstände machen ihn für viele unattraktiv.“
Und um eben auf diese sich zuspitzende Problematik und die Bedürfnisse der Frühgeborenen aufmerksam zu machen, wird auch an diesem Samstag in Osnabrück die Farbe Lila leuchten.
Wollen auf die Frühchen aufmerksam machen: Von links nach rechts – Dr. Volkmar Kunde (Neonatologischer Oberarzt), Alexandra Wünsch (Fachpflegerin Station 8), Michael Wendt–Villar (Pflegekraft Station 9), Birgit Strangmann (Bürgermeisterin Stadt Osnabrück), Manfred Hülsmann (VfL Osnabrück) Dr. Jürgen Nawracala (Neonatologischer Oberarzt), Jan Janssen (OsnabrückHalle), Ira Klusmann (Steigenberger Hotel Remarque) und Prof. Dr. Norbert Albers (Chefarzt).