Nils-Arne Kässens (Direktor des Museumsquartiers), Ralf Langer (Museumspädagoge) und Thorsten Heese (Kurator für Stadtgeschichte) (v.l.n.r.) am Ort von Franz Heckers “Winter auf dem Heger Tor”.
Im Osnabrücker Museumsquartier ist zur Zeit Einiges im Umbruch. Die Villa Schlikker und die stadtgeschichtliche Dauerausstellung werden neu gestaltet und können eine Zeit lang nicht besichtigt werden. Das Kulturgeschichtliche Museum will die Situation als Chance begreifen und die Geschichte in die Stadt tragen.
„Das beste Exponat zur Erklärung der Stadtgeschichte ist die Stadt selbst“, sagt Nils-Arne Kässens, Direktor des Museumsquartiers Osnabrück. Da die stadtgeschichtliche Dauerausstellung bis 2021 nicht besucht werden kann, will man im Museumsquartier aus der Not eine Tugend und die Geschichte Osnabrücks vor Ort erlebbar machen. Dazu werden fünf Rundgänge, die sich unter anderem mit dem Judentum in Osnabrück und dem Maler Franz Hecker befassen, angeboten. Gleichzeitig soll die stadtgeschichtliche Dauerausstellung moderner, schöner und übersichtlicher werden. „Vor Ort in der Stadt gibt es historisch weit mehr zu entdecken, als wir als Passanten und Passantinnen im Alltag auf den ersten Blick wahrnehmen“, erläutert Thorsten Heese, im Museumsquartier zuständig für Stadt- und Kulturgeschichte, das Konzept. „Die Touren sollen Lust auf die geschichtliche Spurensuche in der eigenen Stadt machen. Wir freuen uns jedenfalls auf die Rundgänge und den gemeinsamen Austausch mit unseren Gästen.“
Das mittelalterliche Osnabrück erleben
Die erste Tour befasst sich mit der ersten jüdischen Gemeinde Osnabrücks. Im 13. Jahrhundert siedelten sich Juden unter dem Schutz des Bischofs in der Hasestadt an, gerieten aber immer wieder in Konflikt mit der christlichen Mehrheitsgesellschaft. Während der Pest im Sommer 1350 kam es zu grausamen Pogromen, 1426 verließen die letzten jüdischen Familien die Stadt. Der Rundgang führt zu zahlreichen Orten des mittelalterlichen jüdischen Lebens und zeigt wie die Religionsgemeinschaft immer wieder zum Spielball der Politik wurde. Auf der zweiten Tour kann das alte Osnabrück aus der Sicht eines Pilgers erlebt werden. Das Leben dieser „mittelalterlichen Touristen“ wird anhand diverser Gegenstände aus der „Pilgertasche“ erklärt, der Rundgang führt unter andrem um das alte Stadtzentrum und zur Domburg, zum Abschluss wird ein „Osnabrücker Pfennig“ geprägt.
Jüngere Osnabrücker Stadtgeschichte
Die dritte, vierte und fünfte Tour führen die Besucher in die jüngere Stadtgeschichte. Tour Drei behandelt die wenig beachtete deutsche Kolonialgeschichte. Beim postkolonialen Stadtrundgang kann erlebt werden, wie Osnabrücker Kaufleute, Soldaten, Fabrikanten und Missionare an der Kolonialisierung fremder Länder mitwirkten. Die vierte Tour führt zu den Originalschauplätze der Bilder von Franz Hecker. Der Künstler malte im frühen 20. Jahrhundert zahlreiche Stadtansichten, seine Motive können auch im heutigen Stadtbild entdeckt werden. Tour Fünf behandelt Osnabrück in der Zeit des Nationalsozialismus. Die Tour beginnt an der Villa Schlikker, der früheren NSDAP-Zentrale, und führt unter anderem zum ehemaligen Gestapo-Keller im Schloss und zu diversen Gedenkstätten. Alle Touren nehmen etwa 120 Minuten in Anspruch, Treffpunkt ist an der Museumskasse.
Termine für die Stadtrundgänge:
- 26. März 2020, 17:00 Uhr
Die erste jüdische Gemeinde in Osnabrück - 19. April 2020 und 31. Mai 2020, 15:30 Uhr
Auf den Spuren von Franz Hecker - 14. Juni 2020, 15.30 Uhr
Stätten nationalsozialistischer Gewalt - 28. Juni 2020, 15.30 Uhr
Als Pilger im mittelalterlichen Osnabrück - 08. Juli 2020, 17:00 Uhr
Osnabrück post-kolonial – eine Spurensuche
Über die feststehenden Termine hinaus sind die Führungen (mind. 5 Personen) auch nach Terminabsprache buchbar. Weitere Informationen und Buchung über Ralf Langer, Email an langer@osnabrueck.de, oder telefonisch unter 0541 / 323-2064.