Nur einen Tag bevor erstmals per Lautsprecher der Gebetsruf „Allahu akbar“ (‚Gott ist am größten‘) per Lautsprecher verstärkt die Muslime an ihre Gebetspflichten erinnert, informiert die Stadtverwaltung über die Pläne. In einer Pressemitteilung wird der Ruf mit dem Glockenläuten der christlichen Kirchen verglichen.
“Für Muslime beginnt an diesem Freitag, 24. April, weltweit der Fastenmonat Ramadan. Dieser so bedeutsame religiöse Ritus ist in normalen Zeiten geprägt durch eine intensive Hinwendung der Gläubigen zu ihrem Gott, aber auch zu ihren Mitmenschen, zu Verwandten und Bedürftigen”, erläutert die Stadtverwaltung den Hintergrund, und weiter: “So kommen normalerweise auch in den Osnabrücker Moscheegemeinden täglich viele Menschen zu Gebeten und zum gemeinsamen Iftar-Essen, dem Fastenbrechen, nach Sonnenuntergang zusammen.
Derzeit sind jedoch aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie Zusammenkünfte in allen Gebetshäusern untersagt.
Dem Beispiel der Moscheegemeinden in vielen anderen deutschen Städten folgend, haben nun mehrere Osnabrücker Gemeinden bei der Stadt beantragt, den sogenannten Adhan, den muslimischen Gebetsruf während des Ramadans, einmal täglich und in der Folgezeit bis zur Aufhebung der Corona-Bestimmungen einmal wöchentlich freitags über ihre Außenlautsprecher auch öffentlich vernehmbar erklingen zu lassen. „In Deutschland ist das Läuten von Kirchenglocken seit Jahrhunderten normaler Ausdruck der christlichen Identität. Neu – und daher möglicherweise für viele ungewohnt – ist der Muezzinruf. Beides jedoch, Kirchenläuten und Muezzinruf, gibt Christen wie Muslimen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und spendet Trost“, äußert sich der Erste Stadtrat Wolfgang Beckermann. So habe die Stadt in Abstimmung dem Antrag zugestimmt. „Damit bringen wir in der Friedensstadt Osnabrück auch unseren Respekt gegenüber der islamischen Religion und ihren Riten zum Ausdruck“.
Auch der Runde Tisch der Religionen Osnabrück befürwortet diesen Antrag. „Die Religionsfreiheit in unserem Staat gebietet es, dass der Gebetsruf Adhan auch öffentlich ertönen darf. Die bisherigen Einschränkungen der Religionsfreiheit, denen sich die muslimischen Gemeinden in unserer Stadt kompromisslos angeschlossen haben, sollten sich nicht auch noch auf den Gebetsruf beziehen“, erläutert der Sprecher des Tisches Reinhold Mokrosch.
Der islamische Gebetsruf (auf Deutsch: Allah ist groß! Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Allah. Ich bezeuge, dass Mohammad sein Gesandter ist.) enthält anders als das Glockengeläut der christlichen Kirchen ein Bekenntnis zum Glauben, ein Gedenken an Gott und ruft auch zum Gebet auf.
Dass dies von den Gläubigen als eine Wertschätzung und Beachtung der muslimischen Mitbürger vor allem in dieser schwierigen Situation verstanden wird und sie das Gebet in ihrem eigenen Zuhause verrichten können, ist für Kenan Akcöltekin von der IGMG Merkez Moschee an der Iburger Straße eindeutig und offenkundig. „Der Gebetsruf fünf Mal am Tag erklang bisher immer im Gebetshaus der Moschee, sodass die anwesende Moscheegemeinde den Adhan hören konnte. Die Mitglieder der Osnabrücker Moscheegemeinden und die weiteren Gläubigen sind alle gut über die derzeit geltenden Bestimmungen informiert. Der Adhan in Zeiten der Corona-Bestimmungen ruft sie also nur zum Gebet in der eigenen Wohnung auf. Da dies dann zeitgleich verrichtet wird, ermöglicht es trotzdem ein Zusammenkommen der Menschen auf spiritueller Ebene.“, so Kenan Akcöltekin.
So wird für die Zeit des Ramadans ab diesem Freitag täglich zum Nachmittagsgebet zwischen 17 und 18 Uhr der Adhan in den Nachbarschaften vieler Osnabrücker Moscheegemeinden zu hören sein. Im Anschluss und bis zum Ende der Corona-Bestimmungen erklingt dann wöchentlich der Ruf zum Freitagsgebet um zirka 14.30 Uhr.”
Illustration: Montage
Hinweis der Redaktion: Wir werden auch diesen Artikel bei Facebook teilen, bitten aber vorab um Zurückhaltung und Respekt vor den religiösen Ansichten der Muslime, wenn es darum geht diese kurzfristig von der Stadt veröffentlichte Entscheidung zu kommentieren. Falls wir es für notwendig erachten werden wir von unserem #hausrecht Gebrauch machen.