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Noch pfeifen es die Spatzen nicht unbedingt über die Dächer der Hasestadt – aber es ist womöglich mehr als nur ein “Gerücht”: Peek & Cloppenburg könnte vom Standort Nikolaiort in den Neubau des ehemaligen Woolworth-Gebäudes umziehen!
I-love-OS über die Hintergründe und mögliche Folgen für die Innenstadt, wenn aus einem Gerücht Realität werden sollte.
⇒ der Nikolaiort: ein Standort mit Tradition
Das Eckhaus “Krahnstraße/Nikolaiort” hat eine lange Tradition als eines der drei großen Textilhäuser der Innenstadt – die anderen beiden sind L&T in der Großen Straße und SinnLeffers an der Johannisstraße.
Bevor Peek & Cloppenburg 1995 die ca. 8.000qm Verkaufsfläche bezog, war Hettlage im gleichen Haus für mehr als 90 Jahre “der” Herren- und Damenausstatter der nord-westlichen Innenstadt.
Die geographische Lage von Peek & Cloppenburg (Norden), L&T (Mitte) und SinnLeffers (Süden) ist aus städteplanerischer Sicht eine ideale räumliche Aufteilung der Verkaufsflächen. Ideal, weil so die Fußgängerzone in ihrer ganzen Ausdehnung attraktiv bleibt.
Lediglich für eine Übergangszeit (von immerhin 20 Jahren) gab es mit dem Textilhaus Wöhrl einen vierten großen “Player”, der sich am Neumarkt versuchte, wo nun das “XXL-Einkaufscenter” einen neuen Anlauf nehmen möchte – wenn auch mit nochmals deutlich vergrößerter Fläche.
Zwar sind mit Zara, H&M, sowie dem von der Möserstraße umgezogenen C&A-Haus, inzwischen auch weitere große Textilhäuser in der Großen Straße etabliert. Diese Anbieter sind jedoch “vertikal integriert”, kontrollieren also vom Design über die Produktion bis zum Verkauf die gesamte Dienstleistungskette und verkaufen nur ihre eigenen Marken. Wirkliche “Vielfalt unter einem Dach” können nur klassische Textilhäuser bieten, weshalb sie so wichtig für die Attraktivität einer Innenstadt sind!
⇒ die Politik und die “Ankermieter”
Alle großen Einkaufscenter, bei denen ein attraktiver “Branchenmix” in einer mehr oder weniger geschlossenen Anlage geboten wird, sind immer auf der Suche nach einem “Ankermieter”.
Ankermieter schaffen für den Vermieter wirtschaftliche Sicherheit, weil er mit nur einem Mieter bis zu zwei Drittel der Verkaufsfläche belegen kann. Diese Großkunden rechnen sich für ein Shoppingcenter, selbst wenn der Ankermieter um den Preis von deutlich verringerten Quadratmeterpreisen “gelockt” werden muss. Schließlich profitieren die “kleinen Nachbarn” innerhalb eines des Centers durch einen attraktiven – weil frequenzstarken – Ankermieter, und damit auch der Vermarkter einer solchen Immobilie, weil die verbleibenden (kleineren) Flächen besser vermarktet werden können.
In der Vergangenheit waren Elektromärkte, vor allem der Media/Saturn-Gruppe, neben den großen Buchhandelsketten, die “üblichen” Ankermieter. Da inzwischen jedoch sowohl die großen Buchhandelsketten, als auch die Metro-Töchter Saturn und Media Markt, erheblich mit dem Wettbewerb durch das Internet zu kämpfen haben, und der Osnabrücker Markt bereits gut “besetzt” ist, bestand anlässlich der Pläne für das Einkaufscenter am Neumarkt schnell die Sorge, dass Peek & Cloppenburg hier in die Rolle des Ankermieters eintreten könnte. Vielleicht auch, weil der Lokalpolitik durchaus bekannt ist, dass Peek & Cloppenburg am Nikolaiort nicht der Eigentümer der Immobilie ist und jeder Pachtvertrag einmal ausläuft.
Wohl um entsprechende Sorgen aus der Kaufmannschaft entgegen zu treten, verkündete Oberbürgermeister Pistorius im September vergangenen Jahres erstaunliche Bedingungen: die Stadt wolle sich vom Betreiber eines zukünftigen Einkaufscenters am Neumarkt vertraglich zusichern lassen, dass Peek & Cloppenburg dort keine neue Heimat finden darf, und damit die Attraktivität des Nikolaiorts und der umliegenden kleineren Geschäfte gesichert sei (NOZ-Artikel zu den “Pistorius-Bedingungen”).
Für den geplanten Neubau Ecke Große Straße/Große Hamkenstraße wäre Peek & Cloppenburg allerdings alleine schon so groß, um dort als einzelner Mieter zu fungieren.
⇒ warum “weg vom Nikolaiort”?
Wie Eingangs geschrieben, ist ein möglicher Umzug von Peek & Cloppenburg noch längst nicht bestätigt. Auf Nachfrage von I-love-OS wollte Peek & Cloppenburg das “Gerücht” weder bestätigen noch dementieren. Sehen sie diesen Blogpost daher als Gedankenspiel “was-wäre-wenn”, jedoch vor dem Hintergrund konkreter Überlegungen für den Neumarkt.
Ganz allgemein scheint sich der Osnabrücker Immobilienmarkt bereits auf das – längst noch nicht beschlossene – Shoppingcenter am Neumarkt auszurichten. Neben dem durch Insolvenz aktuell im Umbau befindlichen Geschäftshaus Bücher-Jonscher, sind rund um den Domhof und in der Theaterpassage einige Leerstände zu beobachten. Kenner der Immobilienszene betrachten diese Flächen inzwischen als “schwer vermittelbar” oder zumindest “schwierig”, denn mit einer Verlagerung der Käuferströme zum Neumarkt, würde ein (langer) Einkaufsbummel bis zum Theater womöglich deutlich unattraktiver. Wer heute einen Pachtvertrag für die nördliche Innenstadt unterzeichnen könnte, wird immer an die mögliche Entwicklung am Neumarkt denken.
Obwohl die Abrissarbeiten spektakulär waren, und die inzwischen entstandene Fläche die zukünftige Dimension bereits erahnen lässt, ist der geplante Neubau an Stelle des ehemaligen Woolworth-Hauses offenbar aus dem Blickfeld vieler Osnabrücker verschwunden. Die Dekabank (ein Unternehmen der Sparkassen) zeigte bereits vor Monaten recht ansehnliche Entwürfe für das neue Geschäftshaus, dennoch ist immer noch keine Bautätigkeit festzustellen. Auch ein Baustellenschild für den Neubau, womöglich mit Nennung der zukünftigen Mieter, fehlt noch immer. Dabei kündigte die Dekabank noch im Januar einen schnellen Baubeginn an. Ist dieses Großprojekt womöglich ins Stocken geraten? Fehlt auch hier ein Ankermieter? Für einen weiteren Buchhändler wäre die Lage zwischen Thalia und Wenner ebenso wenig attraktiv wie für einen Elektromarkt, selbst wenn diese Branchen nicht ohnehin mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hätten. Zu nah sind die direkten Wettbewerber Saturn bzw. Bücher Wenner und Thalia. Anders als bei Textilien suchen Buch- und Elektrohändler nicht unbedingt die unmittelbare Nähe ihrer direkten Wettbewerber.
Die aus stadtplanerischer Sicht attraktive räumliche Streuung der großen Textilhäuser von Johannisstraße bis Nikolaiort, ist aber für den Handel mit “Mode” eher unattraktiv, diese Branche setzt auf Konzentration. Kein Kunde legt beim Kleiderkauf gerne hunderte Meter zurück, nur um das modische Angebot zweier Anbieter vergleichen zu können. Da der Osnabrücker “Platzhirsch” L&T dem ehemaligen Woolworth-Gebäude direkt gegenüber liegt, wäre dies ein idealer Ort für ein anderes Textilkaufhaus. Vor allem aber, wenn mit einem Einkaufscenter am Neumarkt in Zukunft die Käuferströme ohnehin immer mehr vom Nikolaiort und den angrenzenden Straßen abgezogen werden sollten.
Im Vergleich zur Immobilie am Nikolaiort könnte sogar die vermutlich kleinere Fläche (im Gespräch sind 5.000qm, während das ehemalige Hettlage-Haus über gut 8.000qm verfügen soll) reizvoll sein, schließlich muss jeder gute Kaufmann auch den demographischen Wandel und den Online-Handel mit ins Kalkül ziehen, Reduzierung der Fläche wäre hier eine logische Reaktion. Ein Trend, der bei den Befürwortern des Mega-Einkaufscenters offenbar noch keine Beachtung gefunden hat?!
⇒ was kann die Politik tun?
Das Bemühen von Oberbürgermeister Pistorius, einem Einkaufszentrum am Neumarkt per Vertrag einen bestimmten Mieter verbieten zu wollen, darf ohnehin nur als naiv oder “bemüht” betrachtet werden. Wenn ein Einzelhändler unter seiner jetzigen Firmierung nicht einziehen darf, was würde ihn daran hindern zur Umgehung einfach eine neue Gesellschaft zu gründen? Ebenso dürfte es unmöglich sein jetzt Initiativen zu unternehmen, um politisch einen Umzug von Peek & Cloppenburg (oder irgendeines anderen Kaufmanns) in das ehemalige Woolworth-Gebäude zu unterbinden.
Wie oben beschrieben gibt es gute Gründe für einen Umzug an diesen neuen Standort – und solange die Politik die Pläne für das Neumarkt-Shoppingcenter weiter betreibt, ist ein gewichtiger Grund die in in wenigen Jahren (mögliche) neue Schwerpunktsetzung der Käuferströme hin zum Neumarkt.
Nur ein Stopp der Pläne für ein übergroßes Einkaufscenter am Neumarkt kann die aktuell unruhige Situation am Immobilienmarkt jetzt wieder beruhigen. Dabei spricht sicher nichts dagegen, wenn die Eigentümer des ehemaligen “Hertie-” bzw “Wöhrlhauses” und des als “Kachelhaus” berüchtigten Eckhauses zur Johannisstraße, nun nicht weiteren Leerstand betreiben, sondern im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Flächen aktiv neue Mieter oder neue Konzepte suchen würden. Es ist nicht Aufgabe der Lokalpolitik die Probleme einzelner Immobilienbesitzer zu lösen. Für solche “Filetstücke”, direkt im Herzen von Osnabrück, gibt es sicher auch andere Verwendungsmöglichkeiten, oder Mieter, die mit den zur Verfügung stehenden Flächen (deutlich unter 20.000qm) zufrieden sein könnten.
Die permanente Unattraktivität des Neumarktes und von Teilen der Johannisstraße muss beseitigt werden – aber nicht mit einem übergroßen Einkaufszentrum, das bereits alleine durch seine Ankündigung dafür sorgt, dass die Attraktivität der nord-westlichen Innenstadt zu leiden beginnt.
Sollte sich bewahrheiten, was jetzt noch ein Gerücht ist, und der jetzige Mieter des Traditionshauses am Nikolaiort sich tatsächlich für einen Umzug an die Große Straße entscheiden, dürften alle Pläne für das Neumarkt-Einkaufscenter ohnehin Makulatur sein! Dann wird die Lokalpolitik ein Feuer löschen müssen, das sie selbst mit ihrer kopflosen Standortpolitik erst entfacht hat!
HP
Nachtrag 29.05.: die Osnabrücker Sonntagszeitung hat das Thema aufgegriffen und in ihrer aktuellen Ausgabe darüber berichtet (PDF Download).