“Dieter wird in Osnabrück sein, um alles in die Wege zu leiten und die nächsten Schritte umzusetzen.” Mit diesen vertraulich klingenden Worten wurden die Mitarbeiter von Leysieffer ins vergangene Wochenende verabschiedet. Doch hat ‘Dieter’ wirklich geliefert?
Mit ‘Dieter’ ist vermutlich Dieter Metz gemeint, der auch bei der RENO-Insolvenz im vergangenen Jahr in Erscheinung getretene, neue Eigentümer des Osnabrücker Traditionsunternehmens. Metz ist seit Juli 2024 über seine kurz zuvor mit einem Stammkapital von lediglich 1.000 Euro gegründeten Holstein Schoko UG (haftungsbeschränkt) derzeitiger Eigentümer von Leysieffer, nachdem er das Unternehmen vom Logistikunternehmen Zeitfracht übernommen hatte. Bereits nach dem ersten vollen Monat unter seiner Führung blieb Leysieffer jedoch Löhne und Gehälter der Mitarbeiter schuldig. Von Seiten der Gewerkschaft NGG wurde auch über ausbleibende Lieferungen von Lieferanten berichtet.
Eine Mitarbeiterin einer Filiale erklärte gegenüber unserer Redaktion, dass auch am Dienstagvormittag weiterhin kein Geld auf ihrem Konto eingegangen sei. Ein Einzelfall oder ein größeres Problem? Auf Nachfragen unserer Redaktion gab es seitens Leysieffer keine Auskunft zur aktuellen Lage.
Gibt es von Zeitfracht zum Unternehmen auch noch Geld dazu?
Hat ‘Dieter’ tatsächlich das in der Mitarbeiter-Mail Angekündigte in die Wege geleitet? Unserer Redaktion liegt eine weitere Mail vor, in der die Belegschaft tags zuvor über eine angebliche Aufsichtsratssitzung beim Vorbesitzer Zeitfracht informiert wurde. Demnach soll das Berliner Logistikunternehmen verpflichtet sein, eine noch offene Ausgleichszahlung für vertraglich nicht eingehaltene Verpflichtungen an Leysieffer zu leisten.
Folglich hätte der neue Eigentümer, Dieter Metz, nicht nur ein Traditionsunternehmen mit immerhin sieben Standorten, einer Verwaltung, einem Produktionsstandort und Warenbestand übernommen, sondern auch eine Geldforderung gegenüber dem einstigen Sanierer Zeitfracht – ein interessantes Paket.
Mitarbeiter wurden mit zwei Szenarien konfrontiert: Gehälter oder Insolvenz
In dem ersten Schreiben an die Mitarbeiter, das unserer Redaktion vorliegt, wurden vergangene Woche zwei Szenarien skizziert:
“Sollte der Zeitfracht-Aufsichtsrat heute diese Zahlung genehmigen, ist mit einer schnellen Auszahlung an Leysieffer zu rechnen, und die Gehälter werden umgehend nachgezahlt. Das Unternehmen hat wertvolle Zeit verloren, insbesondere im Hinblick auf das Weihnachtsgeschäft, sowie das Vertrauen der Mitarbeiter. Sollte die Zahlung erfolgen, wird das Geld genutzt, um das bestmögliche Ergebnis in diesem Jahr zu erzielen.”
“Falls diese Zahlung heute nicht beschlossen wird, ist Dieter gezwungen, unverzüglich Insolvenz anzumelden. In diesem Fall sind die Gehälter für August, September und Oktober durch das Insolvenzgeld gesichert. Es wird dann versucht, einen neuen Investor für Leysieffer zu finden.”
Hat ‘Dieter’ bereits einen neuen Käufer für Leysieffer?
Wohlgemerkt: Diese Szenarien, die entweder eine umgehende Nachzahlung der Gehälter oder eine sofortige Insolvenzanmeldung ankündigten, wurden den Mitarbeitern bereits vor dem vergangenen Wochenende mitgeteilt. Begleitet wurde dies von einer weiteren Ankündigung, die bei den Mitarbeitern, mit denen unsere Redaktion in der Zwischenzeit sprechen konnte, wenig Vertrauen erweckte: “Nach Aussage von Dieter gibt es Interessenten, die das Unternehmen übernehmen und weiterführen möchten.” Ein erneuter Verkauf von Leysieffer würde den fünften Eigentümer innerhalb von fünf Jahren bedeuten – und bei jedem Wechsel schrumpfte das Unternehmen weiter.
Insolvenz oder Geld für geleistete Arbeit: Wie ist der Status?
Nach Informationen unserer Redaktion kam es bislang weder zu einer Auszahlung der ausstehenden Gehälter – zumindest nicht bei allen Mitarbeitern – noch zu einer Insolvenzanmeldung (Stand: 17. September 2024, 15:00 Uhr, lt. Insolvenzregister).
In einer weiteren Mail, unterzeichnet von einem leitenden Mitarbeiter für das Filial- und Projektmanagement, nicht jedoch von Geschäftsführer Carsten Münch oder ‘Dieter’, hieß es schließlich vor dem Wochenende: “Heute kann ich euch mitteilen, dass die Verhandlungen erfolgreich verlaufen sind und die Finalisierung voraussichtlich am Montag stattfinden wird.”
War ‘Dieter’ überhaupt in Osnabrück? Was hat er finalisiert?
Unsere Redaktion wollte vom Unterzeichner der beiden vorliegenden Mails an die Belegschaft wissen, wie es am Montag mit ‘Dieter’ in Osnabrück gelaufen ist. Die knappe Antwort: “Bitte wenden Sie sich an Dieter Metz, den Inhaber des Unternehmens. Ich werde dazu keinen Kommentar abgeben.” Eine Kontaktmöglichkeit – etwa in Form einer E-Mail-Adresse oder Telefonnummer – wurde uns nicht zur Verfügung gestellt. Auch nicht auf Nachfrage. Auch eine E-Mail an die offizielle Adresse von Leysieffer blieb, wie seit dem jüngsten Eigentümerwechsel mehrfach erlebt, unbeantwortet.