Was für ein verrücktes Spiel! Der VfL lag mehrfach angezählt am Boden und als man aufgrund des Spielverlaufs eher das 4:1 für den SSV erwartet hätte, fiel nach Agus Einwechslung das 3:2 und kurz darauf gar das 3:3. Und der VfL wäre bei einem Spiel, das schon als verloren angesehen werden konnte, sogar fast noch als Sieger vom Platz gegangen.
Vor dem Spiel:
Hatte der VfL vor dem 0:0 gegen Fürth bereits die beste Abwehr und den erfolglosesten Sturm der zweiten Liga, so verfügte er vor dem Spiel gegen Regensburg über die noch bessere beste Abwehr und – zusammen mit Sandhausen – über den nach wie vor erfolglosesten Sturm, der vor dem Spiel seit 437 Minuten nicht getroffen hatte.
Der VfL betrat mit derselben Mannschaft wie gegen Fürth den Rasen. Die Regensburger waren gegenüber der Mannschaft, die letzte Woche in Nürnberg 1:1 gespielt hatte, auf drei Positionen verändert. Für Gimber (verletzt), Palacios und Wähling kamen Heister, Lais und Schneider ins Spiel.
Jahn Regensburg mit druckvollem Beginn
Anpfiff bei nasskaltem Wetter und die mitgereisten VfL-Fans machten gleich Stimmung, während der Regen stärker wurde. Ein erster Schreckschuss (3.) durch den Regensburger Grüttner, der nach einem Freistoß von Besuschkow im Strafraum an den Ball kommt und mit einem strammen Schuss aus zehn Metern das rechte Außennetz trifft.
Wenig später (7.) fast das 1:0 für den SSV. Lais spielt Stolze an, der von links in den Strafraum geht und aus etwa acht Metern flach abzieht. Kühn kann den durchaus platziert geschossenen Ball mit einer Glanzparade abwehren und hält den VfL im Spiel.
Die Regensburger Zuschauer skandieren einfallslos „Scheiß Osnabrück!“ Die VfL-Fans sagen sich, was für ein Scheiß, und halten kurz und knapp „Osnabrück!“ dagegen.
Die erste halbe Stunde gehörte eindeutig dem SSV, bei dem sich insbesondere immer wieder Stolze und Heister hervortaten, wobei Letzterer Gelb (20.) nach Foul an Heyer erhielt. Zwar gelangen dem VfL zunehmend einige – recht unkoordiniert wirkende – Entlastungsangriffe, die aber allesamt spätestens vor dem Tor der Regensburger verpufften.
Wenige Minuten nachdem Correira nach Foul an Ouahim eine gelbe Karte (30.) erhalten hatte, die bis dahin größte Chance im Spiel (33.): Grüttner stürmt allein auf das Osnabrücker Tor zu, sein Schuss geht aber rechts am Kasten vorbei.
Verdiente Führung der Regensburger
Dann das ernüchternde 1:0 (34.) für Regensburg, dass sich die letzten Minuten durchaus angekündigt hatte, wenn auch nicht unbedingt so spektakulär: Auf Höhe des Elfmeterpunkts vollzieht Schneider nach Anspiel von Stolze einen Fallrückzieher und hämmert den Ball unhaltbar links unten ins Eck. Das erste Gegentor für den VfL seit 247 Minuten.
Der VfL wirkte in dieser Phase zeitweise desolat und so ist das 2:0 in der 43. Minute eine fast logische Folge der sich häufenden Fehler im Spielaufbau. Die Regensburger erobern gegen die weit aufgerückten VfLer den Ball und setzen noch in der eigenen Hälfte zu einem Konter an. Stolze und Grüttner spielen sich den Ball wie im Training zu und Grüttner schiebt ihn schließlich ins leere Tor.
Nach einer kleinen Chance durch Heider, der von links aus 12 Metern aufs Tor schießt, Meyer kann den Ball aber halten, wirkt der Halbzeitpfiff fast wie eine Erlösung.
Halbzeitfazit:
Nach verhaltenem Beginn war Regensburg nach wenigen Minuten die klar spielbestimmende und bessere Mannschaft und die 2:0-Führung ging völlig in Ordnung. Ein konstruktives Spiel des VfL nach vorn fand praktisch nicht statt, fast alles war auf Zufall abgestellt, wie schon in den letzten Spielen fehlte vor allem die Präzision im Abspiel, was immer wieder zu unnötigen Ballverlusten führte.
Halbzeitgedanken:Regensburg liegt, leicht östlich versetzt, zwischen München und Nürnberg, hat 152.000 Einwohner und die sehenswerte Altstadt ist seit 2003 Weltkulturerbe.
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VfL ging unverändert in die zweite Halbzeit
Bei den Regensburgern kam Knipping für den rotgefährdeten Correia ins Spiel, der VfL wechselte wider Erwarten nicht und Thioune schien mit dieser Entscheidung richtig zu liegen: Nach 482 torlosen Minuten brachte Álvarez den VfL nach einer prächtigen Einzelleistung wieder ins Spiel. Er ließ einige Regensburger vor dem 16er stehen und schoss schließlich unhaltbar für Meyer ins rechte lange Eck.
Doch die Hoffnung auf einen positiveren Spielverlauf währte nicht lange. Wie schon beim 2:0 lässt sich der VfL erneut auskontern. Okoroji marschiert allein auf das Tor zu und versenkt den Ball ohne Mühe unter der Querlatte zum 3:1 (62.).
Danach fast das 4:1 (57.), es war erschreckend, wie leicht sich der VfL auskontern ließ, aber dieses Mal rettete der Pfosten.
Taffertshofer und Ajdini holten sich die gelbe Karte ab und man wartete eigentlich auf das 4:1, doch wider Erwarten meldete sich der VfL mit einigen Angriffen zurück.
Agu und Amenyido brachten neuen Schwung ins Spiel
Als Agu für Wolze ins Spiel kommt, geht die Post richtig ab: Der Regensburger Keeper Meyer kann einen Schuss von Ouahim nur abklatschen, den Nachschuss leitet Agu auf Heyer weiter, der den Ball aus 15 Metern flach unten links zum 3:2 versenkt.
Der VfL witterte nun seine Chance und die VfL-Fans hatten trotz Unterzahl längst die Lärmhoheit im Stadion übernommen.
Chancen durch Blacha und Heider ließen die Hoffnung auf ein 3:3 aufkeimen. In der 70. Minute ging Álvarez humpelnd vom Platz und Etienne Amenyido kam ins Spiel. Und dann passierte das, womit bis auf den Trainer und die Mannschaft selbst wohl niemand mehr gerechnet hatte: Der VfL trifft in dieser Halbzeit zum dritten Mal. Erneut lässt sich die Regensburger Hintermannschaft überrumpeln, der hellwache Agu spielt Heyer im Strafraum an und der Osnabrücker Abwehrchef zieht ab, trifft zum sensationellen 3:3 und mutiert zur besten Offensivkraft dieses Spiels.
In der 85. Minute erzielt Schmidt nach Anspiel von Taffertshofer mit einem strammen Schuss von rechts fast das 3:4. Tatsächlich war der VfL einem Sieg sogar nun näher als der Gastgeber, doch am Ende war dieses 3:3 ein gerechtes Ergebnis.
Fazit
Der VfL hat zwar nicht mehr die beste Abwehr, doch dafür schießt Abwehrchef Heyer nun Tore. Ein Spiel, in dem man nach einer Stunde kaum noch einen Pfifferling auf den VfL gegeben hätte. Dank einer großartigen Moral aller Spieler, dank eines quirligen Agu und eines Goalgetters namens Heyer schaffte der VfL noch ein 3:3 und war am Ende sogar einem Sieg näher als die so lange spielbestimmende Regensburger Mannschaft. Fast hätte der VfL zu spät erkannt, dass in einem Fußballspiel Kämpfen allein nicht reicht.
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Der VfL steht nach zwölf Spieltagen immer noch auf keinem Abstiegsplatz und das wird so bleiben, auch wenn am Samstag, den 09.11., der VfB Stuttgart um 13.00 Uhr an die Brücke kommt. Danach ist Länderspielpause, bevor es nach Bochum und eine Woche später zu Hause gegen den HSV geht. Zum Durchatmen bleibt da nicht viel Zeit, aber wollen wir das überhaupt?
Die zweite Liga mitsamt dieser VfL-Mannschaft macht einfach viel zuviel Spaß, und zwar gerade dann, wenn sie einen in den Wahnsinn zu treiben scheint.
Zuschauer: 10.179, davon etwa 400 aus Osnabrück
Tore:
1:0 (34.) Schneider
2:0 (43.) Grüttner
2:1 (49.) Álvarez
3:1 (53.) Okorji
3:2 (63.) Heyer
3:2 (72.) Heyer
VfL Osnabrück: Kühn – Gugganig, Heyer, van Aken – Ajdini, Wolze (63. Agu), Blacha, Taffertshofer, Ouahim (83. Schmidt) – Álvarez (70. Amenyido), Heider
Trainer: Daniel Thioune
Jahn Regensburg: Meyer – Heister (75. Nandzik), Nachreiner, Correia (46. Knipping), Okoroji – Besuschkow, Lais, Stolze (81. Wekesser), Schneider – Albers, Grüttner
Trainer: Mersad Selimbegović
Schiedsrichter: Dr. Robert Kampka (Mainz)
Statistik: Insgesamt trafen die beiden Vereine nun dreizehnmal aufeinander, die Bilanz sieht für den VfL bei sechs Siegen, vier Unentschieden und drei Niederlagen nach wie vor positiv aus.