Journalismus ist das eine – Geschäft das andere…
…mit dieser Erkenntnis muss man sich wohl anfreunden, wenn man “in den Medien” arbeitet – sei es auf Verlagsseite oder auf der Seite des Journalisten, wobei die Grenzen naturgemäß fliessend sind; ist ein ordentliches Monatsgehalt nicht auch ein “Geschäft”? Damit Journalismus aber nicht Gefahr läuft grundsätzlich käuflich zu sein, auch wenn der Verleger gute Argumente (eben das Geschäft) ins Feld führt, hat sich dieser Berufsstand einem Ethos unterworfen, der bspw. im Pressekodex seinen (nicht unumstrittenen) Ausdruck findet.
Wie aber sieht es mit der Ethik der Verleger aus?
Da “schlagzeilt” die NOZ am 16.12.2011 “Warnung vor E-Zigaretten: Risiken ungewiss”, und der geneigte Leser erfährt, das die NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens nicht nur “ausdrücklich” vor der E-Zigarette warnt, sondern auch das es sich dabei um “zulassungspflichtige Arzneimittel” handele, deren Zulassung und Verkauf strengen Auflagen unterliege.
Konkret heisst es in dem oben verlinkten Artikel:
“Nikotinhaltige E-Zigaretten sind gesundheitlich riskant und ihr Verkauf verboten …”
Das Thema wurde rund um den Jahreswechsel noch mehrfach über die Agenturen in die Medien gespült, und am 5. Januar führte das NOZ-Redaktionsmitglied Beate Tenfelde ein Interview mit dem Hauptgeschäftsführer der Krebshilfe, der ausdrücklich von dem Konsum der elektronischen Glimmstengel warnt:
“… Um objektive Aussagen zu den Gefahren von E-Zigaretten treffen zu können, seien allerdings umfassende wissenschaftliche Untersuchungen zu den Gesundheitsrisiken dieser neuen Produkte erforderlich und zwingend. …”
Zuvor jedoch veröffentlichte die Lokalzeitung am 31.12.2011 noch einen gefälligen Artikel über die Geschäftseröffnung eines “Fachgeschäfts” für E-Zigaretten, der in einem darunter plazierten Leserkommentar trefflich als “Redaktionelle Werbung für Ersatzdrogen” tituliert wurde.
Immerhin wurde weder der wenig schmeichelhafte Leserkommentar entfernt, noch fehlt es in dem betreffenden Artikel auf Hinweise zur aktuellen Diskussion um die möglichen Gesundheitsrisiken.
Deutlich positiver liesst es sich da, was aktuell “meindeal.de”, nach eigener Werbung “ein Produkt von Neue OZ das Medienhaus”*, über eine E-Zigarette mit besonders schillerndem Markennamen schreibt:
“SMO2XY ist weder für Dich noch für andere gesundheitsschädlich”
Vielleicht auch wegen dieser überraschenden Unbedenklichkeit(?) wird die elektronische Zigarette nicht nur über das eigene Gutscheinportal verkauft**, sondern auch besonders prominent (siehe Bild oben) direkt auf der Homepage der NOZ beworben (inkl. NOZ-Logo) – in derselben Zeitung in der mehrfach ausdrücklich vor den Gefahren (Krebs!) gewarnt wurde…
Journalismus ist das eine – Geschäft das andere, aber vielleicht sollte man sich manchmal doch überlegen was einem wichtiger ist und dem “Geschäftsfeld Journalismus” den Vorrang geben?
HP
* Lt. AGB (1.2) ist der Anbieter bei meindeal.de tatsächlich “die Neue Osnabrücker Zeitung”, anders als bei der Veröffentlichung von bezahlten Anzeigen tritt die Zeitung hier also (quasi im Eigengeschäft) auch als Verkäufer auf.
** Der “Deal” für die NOZ ist jedoch nicht ein direkter Verkauf (in diesem Fall der als nicht gesundheitsschädlich beworbenen E-Zigarette); wie die “Vermittlung” genau abläuft, auch dazu mehr in den AGB.