30 der 50 Osnabrücker Ratsmitglieder greifen lieber zur massiv subventionierten Parkkarte (15 Euro pro Monat für alle Parkhäuser der Innenstadt), nur sechs entscheiden sich für ein vergünstigtes Abo der Stadtwerke (21,50 Euro statt 48,70 Euro).
In zwei Artikeln hat unsere Redaktion bereits das Geheimnis der “Goldenen Parkkarte” gelüftet und über die Nutzung durch die Mitglieder der Fraktionen berichtet. Wir haben selbstverständlich auch bei den Ratsfraktionen um eine Stellungnahme gebeten.
Hier der dritte und letzte Teil unserer kleinen Artikelreihe.
Presseamt informierte Ratsfraktionen über HASEPOST-Recherche
Es bedurfte einiger Nachfragen bei der Stadtverwaltung um die Details zu diesem Angebot zu erhalten, dass es auch für viel Geld (rechnerischer Wert über 2.500 Euro monatlich) für “Normalbürger” nicht gibt. Das Presseamt der Stadt Osnabrück informierte nach Erhalt unserer Anfrage die Fraktionen sogar vorab über unsere Recherchen, indem es unseren Fragenkatalog an die Vertreter der politischen Parteien schickte.
So kam es dazu, dass einige Antworten der Fraktionen, die von unserer Redaktion auch um eine Stellungnahme gebeten wurden, seltsam mit der Verwaltung “abgestimmt” klingen und teils komplette Sätze der Verwaltungsantwort von den Fraktionen als eigene Antwort ausgegeben wurden.
Im folgenden die Statements der Ratsfraktionen, die nicht auf den vorgefertigten Antworten der Verwaltung basieren.
Grüne/Volt (15 Sitze im Rat, 6x Parkkarte, 4x ÖPNV-Abo)
Wir Grüne setzen uns seit Jahren für eine Verbesserung des ÖPNV und des Radverkehrs ein. Wie Mitarbeitende der Verwaltung können Ratsmitglieder ein vergünstigtes Parkticket bekommen. Dies soll die Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes verbessern und im Falle der Ratsmitglieder die ehrenamtliche Arbeit erleichtern. Als Grüne haben wir vor Jahren versucht, den Fehlanreiz des vergünstigten Parktickets abzuschaffen. Damit konnten wir uns nicht durchsetzen. Als Kompromiss wurde dann das alternative Angebot des Bus-Abos eingeführt.
Es wird Zeit, dass es auch für Ratsmitglieder und für die Mitarbeitenden der Stadt Osnabrück ein modernes Mobilitätsmanagement etabliert wird, das verbesserte Anreize und Angebote zur Nutzung des ÖPNV und des Rades ermöglicht. Dies auch nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und im Sinne der Stadt Osnabrück als attraktive Arbeitgeberin.
Jurek Milde, Geschäftsführer der Gruppe Grüne/Volt im Rat der Stadt Osnabrück, ergänzt dazu, dass der Fraktionsvorsitzender Volker Bajus keines der beiden Angebote in Anspruch nimmt. “Er wohnt allerdings auch relativ stadtnah.”
CDU (13 Sitze im Rat, 13x Parkkarte, 1x ÖPNV-Abo)
Für die zweitstärkste Fraktion im Rat der Stadt antwortete Fraktionsgeschäftsführerin Nina Peiler kurz und knapp.
Es liegen der CDU-Fraktionsgeschäftsstelle keine Infos vor, inwieweit die Ratsmitglieder das Angebot der Parkkarte nutzen.
Frau Peiler verwies darauf, dass die Verwaltung ja bereits Auskunft erteilt hätte.
SPD (12 Sitze im Rat, 6x Parkkarte, 2x ÖPNV-Abo)
Generell ist […] zu sagen, dass es insbesondere für Ratsmitglieder, die nicht in der Innenstadt wohnen, nicht möglich ist, die vielen Termine im Rahmen ihres Ehrenamtes, und im Einklang mit ihrer Voll- bzw. Teilzeitberufstätigkeit, mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu absolvieren. Das Angebot der Stadtverwaltung stellt somit eine Erleichterung dar und hilft bei der verantwortungsvollen Ausübung der ehrenamtlichen Ratstätigkeit. Im Übrigen sind beide Angebote nicht umsonst, die Kosten werden von der Aufwandsentschädigung abgezogen.
Christopher Schlicke, Leiter der Geschäftsstelle der SPD-Fraktion, ergänzt dazu, dass seines Wissens nach die SPD-Fraktionsvorsitzende, Susanne Hambürger dos Reis, und einzelne Fraktionsmitglieder keines dieser Angebote wahrnehmen, da sie innenstadtnah wohnen und mit dem Rad oder zu Fuß ihre Termine wahrnehmen.
FDP/UWG (4 Sitze im Rat, 3x Parkkarte, 1x ÖPNV-Abo)
Von der Gruppe FDP/UWG haben insgesamt 3 die OPG-Parkkarte.
Da alle Gruppenmitglieder meist mit Fahrrad oder Roller unterwegs sind, nutzen sie die Parkkarte nur sporadisch, wenn es mal nicht anders zu vereinbaren ist. Herr Hasskamp hat kein Parkticket. Grundsätzlich befürwortet er die Angebote. Da die Verpflichtungen für die Stadt auch unterschiedliche Parkmöglichkeiten notwendig machen. Das Ticket ist nicht übertragbar und der geldwerte Vorteil steuerpflichtig. Ratstätigkeit muss attraktiv gestaltet sein, und so ein vergünstigtes Angebot gehört dazu. Herr Seidler nimmt Termine in der Regel mit seinem E-Bike wahr. Da er vorerkrankt ist und zur Corona-Risikogruppe gehört, nutzt er weder Bus noch Bahn. Die Gold-Card nutzt er wie auch die anderen beiden eigentlich nur bei Schlechtwetter. Die Kosten für die Parkkarte werden von der Aufwandsentschädigung einbehalten.
Linke/Partei (3 Sitze im Rat, 1x Parkkarte, 0x ÖPNV-Abo)
Die Fraktion DIE LINKE. Stadt Osnabrück hat 2 Ratsmitglieder. Beide Ratsmitglieder haben weder die OPG Parkkarte noch das Premium-Abo der Stadtwerke.
Bezüglich des Fraktionsmitglieds Kalla Wefel (die Partei), auf dessen Anmerkungen bei einer Veranstaltung der Ursulaschule zu seiner Nutzung der “Goldenen Parkkarte” uns ein Leser aufmerksam gemacht hatte, schrieb uns Anke Kuhn von der Linkspartei, dass Herr Wefel bereits im letzten Jahr im Stadtblatt in einem Interview dieses Thema aufgegriffen habe.
Bund Osnabrücker Bürger “BOB” (2 Sitze im Rat, 1x Parkkarte, 0x ÖPNV-Abo)
Die BOB-Ratsfraktion hat 2 Mandatsträger.
Ein BOB-Mandatsträger hat nur eine Parkkarte. Diese wird genutzt für ein E-Auto, das bei Nicht-Benutzung im OPG-Parkhaus geladen wird (zu gleichen Konditionen wie jeder andere Bürger).
Ein BOB Mandatsträger hat keines dieser Angebote.
Levin Bosche, Fraktionsvorsitzender des BOB, äußerte ergänzend, dass er hoffe, dass unsere Redaktion mit dem Bericht nicht “ein falsches Bild bzw. eine Neidkultur” entstehen lassen werde. “Es wird oft vergessen, dass die Mandatsträger in der Regel ganz normal berufstätig sind. Vielen ist nicht bewusst, was allein für ein Zeitaufwand hinter einem kommunalen Mandat steckt. Es wird sicher auch viel darüber spekuliert, dass man als Kommunalpolitiker Reichtümer anhäufen kann. Kommunalpolitiker erhalten nicht im Ansatz das, was Mandatsträger in der Landespolitik und Bundespolitik erhalten. Es bleibt somit weiterhin ein Ehrenamt. Denn eins ist sicher: Es wird auch immer schwieriger, Menschen für die Kommunalpolitik zu begeistern.”
Auf eine Stellungnahme des AfD-Ratsmitglieds Viktor Jersch haben wir verzichtet, da dieser weder die Parkkarte noch das ÖPNV-Ticket in Anspruch nimmt.
Hier geht es zum ersten Artikel zum Thema: „Goldene Parkkarte“ für Osnabrücker Ratsmitglieder.
Und hier geht es zum zweiten Artikel: Kein Bock auf Busfahren? 30 von 50 Ratsmitgliedern parken lieber gratis in Osnabrück.