Kaum hatte sich der neugewählte Osnabrücker Stadtrat zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengefunden, gab es den ersten Eklat. Die letzten Minuten der Ratssitzung fanden ohne die drei Ratsherren der Liberalen statt.
Dabei hatte alles so feierlich angefangen. Viele Wünsche für die Zukunft und die Zusammenarbeit wurden ausgetauscht. Zahlreiche Blumensträuße und Auszeichnungen an nun ehemalige oder besonders verdiente Lokalpolitiker wechselten ihre Besitzer und jedes neue und auch viele (oft im Sinne des Wortes) alte Ratsmitglieder wurden von der neuen Oberbürgermeisterin Katharina Pötter mit Handschlag begrüßt; hier mehr dazu.
Nach der Wiederwahl der ehrenamtlichen Bürgermeister – wie gehabt: Birgit Strangmann (Grüne), Uwe Görtemöller (SPD) und Eva-Maria Westermann (CDU) – gab es einen einzelnen Tagesordnungspunkt, der schon im Vorfeld für Unruhe gesorgt hatte (HASEPOST berichtete).
Beibehaltung alter Regelung wäre möglich gewesen
In einem gemeinsamen Antrag wollten die kleineren Parteien FDP, Linke, BOB, UWG und die Partei (die AfD war nicht als Unterzeichnerin aufgeführt, stimmte aber später mit den anderen Kleinstgruppierungen und den Grünen) durchsetzen, dass für die Besetzung von Ausschüssen des Rates, des Verwaltungsausschusses und die Besetzung von anderen Gremien das bisherige Berechnungsverfahren nach Hare-Niemeyer weiterhin angewendet werden soll.
Um für den Antrag zu werben erinnerte Dr. Thomas Thiele von der FDP die anderen Parteien daran “die Größeren können auch klein werden”. Sollten SPD und CDU, deren Landtagsfraktionen überhaupt erst zu der Änderung in der Kommunalverfassung geführt hatten, zusammen mit den Grünen und den kleinen Parteien gegen die Neuregelung stimmen würde dies “zu einer großen Befriedung im Rat sorgen”; immerhin repräsentieren die kleineren Parteien 21% der Ratsmandate, so Thiele.
Grüne auf der Seite der kleinen Parteien
Unterstützung gab es von der inzwischen größten Ratsfraktion, deren Fraktionsvorsitzender Volker Bajus erklärte “nur weil es rechtmässig ist, muss man es nicht machen” und man solle den Wählerwillen respektieren.
Ganz klar gegen eine Beibehaltung der alten Regelung argumentierte Frank Henning, der als Landtagsmitglied bereits für die umstrittene Änderung gestimmt hatte: “Es geht um Mathematik nicht um die Demokratie”, er werde zusammen mit der SPD-Fraktion “aus voller Überzeugung nicht zustimmen” und “der Landtag hat eine richtige Entscheidung getroffen”, zeigte sich der Sozialdemokrat kompromisslos.
Zusammen mit den Stimmen der CDU wurde daraufhin der Änderungsantrag, der einer Einstimmigkeit bedurft hätte, abgelehnt.
Mit einer letzten Wortmeldung erklärte daraufhin Thomas Thiele, er werde nun zusammen mit seinen zwei FDP-Mitstreitern den Saal verlassen, packte seine Sachen und verschwand.
Kurz darauf verliessen auch einige andere Vertreter von Kleinparteien, die gemeinsam schwarze T-Shirts mit der Aufschrift: “Demokratie retten” trugen, den Sitzungssaal; ob dies ebenfalls aus Protest geschah, oder weil zum Beispiel der Bus noch erreicht werden musste, war nicht erkennbar.
Kommentar des Redakteurs
Ganz schwache Vorstellung liebe CDU und liebe SPD. Während die Union im Bundestag gerade massiv abgestraft wurde für jahrelange Ignoranz und Festhalten an unbeliebten Kandidaten und Positionen, muss die Osnabrücker SPD endlich erkennen, dass sie inzwischen zum zweiten Mal in Folge das schlechteste Ergebnis bei einer Kommunalwahl seit ihrer Gründung eingefahren hat.
Vor diesem Hintergrund stimmt die Mahnung von Thomas Thiele: “die Größeren können auch klein werden”.
Es ist zu wünschen, dass die Quittung bei der nächsten Wahl auch tatsächlich kommen wird: Niemand braucht eine derart ignorante SPD und CDU; selbst wenn man eingestehen muss, dass die Folgen der Neuregelung für die Kommunalpolitik sicher nicht so frappierend sein werden, wie von den Kleinparteien befürchtet.