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Keine Haft für „Doktor Porno“?
89.000 Kinderporno-Dateien auch aktiv getauscht

Wenn am Mittwoch das Landgericht sein Urteil verkündet, wird der beschuldigte Mediziner aus der beschaulichen Siedlung am Osnabrücker Sonnenhügel voraussichtlich keine Haftstrafe antreten müssen. 
Wir haben uns die bekannten Fakten nochmals angeschaut und mit Moritz Gallenkamp gesprochen, der sich auch als Kreisvorsitzender der Osnabrücker FDP für Kinderrechte einsetzt.

Nackte Hausfrauen im Fokus von Justiz und Presse

Wer den Prozess in den vergangenen Tagen verfolgte, dem fiel auf, dass vor allem die heimlich angefertigten Filmaufnahmen seiner Patientinnen im Mittelpunkt von medialer Berichterstattung und prozessualer Aufmerksamkeit standen.
Mit den per „Kugelschreiberkamera“ aufgenommenen und unter dem Ordnungsbegriff „Po-Clips“ ordentlich archivierten Videos, hat die Perversität des Allgemeinmediziners für die Öffentlichkeit ein Gesicht bekommen. Das Gesicht von insgesamt 72 Frauen aus der näheren Nachbarschaft im Dreieck Haste, Sonnenhügel, Dodesheide, die glaubten sich auf ihren Hausarzt verlassen zu können.

Das Vertrauen in den Hausarzt dieser 72 Frauen, von denen 13 damit leben müssen, dass ihre Fälle vor Gericht als verjährt gelten, wurde zutiefst verletzt. Bei genauerer Betrachtung des Falles sind diese Frauen jedoch nur die „Spitze des Eisbergs“.
Die sichtbare Spitze des Eisbergs, die den Blick verdeckt auf tausende anonyme Opfer, an deren Mißbrauch der Angeklagte mittelbar schuld trägt, die aber aus dem Fokus der öffentlichen Wahrnehmung geraten sind und am Ende nicht einmal ein Wort der Entschuldigung des Angeklagten erhielten.

 

Wer Bilder herunterlädt sorgt mit seiner Nachfrage für das Angebot

Moritz Gallenkamp dazu: „Es darf nicht verkannt werden, dass bereits der Besitz von kinderpornographischem Material dazu beiträgt, dass täglich sexueller Missbrauch an unzähligen Kindern vorgenommen wird. Wer diese Bilder herunterlädt oder besitzt, trägt zu diesem Missbrauch indirekt bei. Das Angebot richtet sich nach der Nachfrage!“
Der FDP-Politiker nennt auch offizielle Zahlen: „Alleine in Deutschland wurden im letzten Jahr an über 14.000 Kindern sexuelle Gewalt verübt – und das sicherlich auch, um diesen Markt zu bedienen.“

Tausenden Kindern wird die Unschuld geraubt

Aus Sicht des Osnabrücker FDP-Kreisvorsitzenden werden die geltenden Gesetze der gewaltigen Zahl und der Schwere dieser Verbrechen gegen Kinder nicht gerecht:  „14.000 ist nicht eine Zahl, sondern hierbei handelt es sich um die geraubte Unschuld und die geraubte unbeschwerte Zukunft von über 14.000 Kindern, die nicht mit Geld zu ersetzen ist.  Kinder sind unsere Zukunft und dementsprechend müssen wir uns auch um sie kümmern und sie schützen. Hierzu gehört es auch, dass sich die Gesetzeslage ändert, denn die Gesetzesänderung aus dem letzten Jahr reicht absolut nicht aus. Das Strafrecht ist in diesem Bereich völlig mangelhaft.“

Ohne Haftstrafe kann keine Therapieauflage erfolgen

Nur bei einer Haftstrafe oder einer Therapie setzt sich der Pädophile, nach Auskunft von Experten, mit seinem Tun wirklich auseinander, wodurch die Gefahr einer neuen Straftat verringert wird. „Ein geständiger Ersttäter, der kinderpornographisches Material besitzt, erhält aufgrund des vorgegebenen geringen Strafrahmens fast immer eine Geldstrafe“, so Gallenkamp, und weiter: „Eine Therapieauflage kann aber erst bei einer Haftstrafe erfolgen. Die Tatsache, dass es dem Richter vom Gesetzgeber angesichts des geringen Strafrahmens verwehrt wird für Besitzer von kinderpornographischen Materials eine Therapieauflage auszusprechen, macht fassungslos! Es wäre ein Leichtes für den Gesetzgeber, die rechtliche Grundlage dafür zu schaffen, dass ein Ersttäter, der kinderpornographisches Material besitzt, auch bei einer Geldstrafe immer eine Therapieauflage erhält!

Ermittlungen zeitgleich mit dem Fall Edathy

Im Falle des Osnabrücker Hausarztes waren die heimlich angefertigten Aufnahmen der entblößten Patientinnen tatsächlich nur ein zufälliger „Beifang“ bei einer Hausdurchsuchung.  Ursprünglicher Auslöser für die Ermittlungen gegen den Arzt waren Hinweise auf den Besitz von Kinderpornographie – hier gilt er als Ersttäter.

Ausriss NOZ
Tatsächlich kein Bezug zum Fall Edathy? NOZ vom Februar 2014

Kurioser „Zufall“, wie es der hannoversche Staatsanwalt Thomas Klinge später laut NOZ behauptete, oder nicht: Die Hausdurchsuchung im bürgerlichen Wohngebiet am Osnabrücker Sonnenhügel fand fast zeitgleich mit den Ermittlungen gegen den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy statt.
Edathy konnten die Ermittler laut dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel „nur“ den Download von 31 eindeutigen, wenn auch lediglich im Grenzbereich zur Kinderpornographie angesiedelten Dateien nachweisen. Was den Beamten in Osnabrück in die Hände fiel hatte hingegen eine andere Qualität – und vor allem auch eine ganz andere Quantität.

89.000 Fotos und Videos von Kindern gefunden

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll der 63-jährige Arzt, der bei Facebook auch schon als „Dr. Porno“ bezeichnet wurde, 89.000 kinderpornographische Fotos und Videos von Kindern gehortet haben.
Rechnet man mit lediglich einer Minute Betrachtungsdauer pro Foto oder Videodatei, hätte sich der Arzt volle 37 Wochen jeweils acht Stunden pro Arbeitstag mit seiner „Sammlung“ beschäftigen können. Trotz dieser absurd hohen Zahl und dem Umstand, dass dass der Angeklagte selbst Dateien in Tauschbörsen verbreitet hat, scheint dieser Aspekt dem Gericht offenbar entgangen zu sein.
Zumindest medial waren es vor allem die 72 Patientinnen, denen die volle Aufmerksamkeit galt.
Aber auch der Täter schien seine Schuld eher in der ehemaligen Nachbarschaft zu suchen – nicht bei seinen anonymen Opfern, deren Bilder und Videos er zigtausendfach hortete und zum Tausch anbot.

Der Angeklagte entschuldigte sich nur bei seinen Patientinnen

Die NOZ berichtete über den letzten Verhandlungstag (Abruf ggf. kostenpflichtig) und die abschließenden Worte des Angeklagten wie folgt:  „Ich habe das Vertrauensverhältnis meiner Patientinnen missbraucht“, stammelte der Arzt mit brüchiger Stimme. „Ich weiß nicht, was mich getrieben hat“, fügte er hinzu. Seine Patientinnen bitte er um Verzeihung.

Von einer Entschuldigung an die mehreren tausend Opfer, die durch seine Sammel- und Tauschleidenschaft die Unschuld ihrer Kindheit verloren haben, ist nichts bekannt!

Die Opfer vom Sonnenhügel erhielten inzwischen auch Schmerzensgeld von ihrem ehemaligen Hausarzt – die Bilder und Videos der missbrauchten Kinder kursieren weiter.


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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