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Vom Schandfleck zum Schmuckstück: Rund um den Neumarkt entsteht eine kunterbunte 360-Grad-Freiluftgalerie

Der erste Hubsteiger steht bereit: Es kann losgehen an der Fassade des ehemaligen Wöhrl-Parkhauses. / Foto: Schulte

Könnte es doch noch richtig wohnlich rund um den Osnabrücker Neumarkt werden? Nachdem sich dort Geschäftsleute zusammengetan haben und in Eigenregie den Neumarkt reinigen, kommen auf der Rückseite der ehemaligen Wöhrl- und YPSO-Gebäude jetzt Dosen, Pinsel und Farben zum Einsatz. 30 regionale und (inter-)nationale Künstlerinnen und Künstler gestalten dort meterhohe Außenfassaden.

Es soll die zweite Auflage des famOS Festivals in der Hasestadt werden. Nach der Bürgerpark Gallery 2020 und der Gestaltung des Hochbunkers am Osnabrücker Hauptbahnhof nehmen sich 30 Künstlerinnen und Künstler die Fassaden vom ehemaligen Ihr Platz-Gebäude an der Ecke Johannisstraße und Seminarstraße über das alte Wöhrl-Parkhaus bis hin zur Rückseite der ehemaligen Wöhrl- und YPSO-Gebäuden vor. Mit Leitern und Hubsteigern verwandeln sich die in die Jahre gekommenen Fassaden unter dem Motto Wandel in eine Open-Air-Kunstgalerie.

„Wir wollen urbane Kunst in Osnabrück erlebbar machen“, so Inga Meggers, die mit Oliver Bartelds gemeinsam das Kunstfestival gründete, ingesamt stecken zwölf Ehrenamtliche hinter famOS. Mit den neuen Flächen komme man der Vision einer urbanen Kunstroute durch die Friedensstadt ein ganzes Stück näher. Jährlich soll es nun eine Ausstellung an einem besonderen Ort in Osnabrück geben. Die bespielte Fläche war „eigentlich mal ganz anders, eine belebte Shoppingmeile“. Jetzt werde sie von vielen Osnabrückerinnen und Osnabrückern als Schandfleck in der Stadt gesehen. Dort entlang laufen nur diejenigen, die es auch wirklich müssen. „Wir hoffen, es zu einem vorübergehenden Schmuckstück zu entwickeln“, so Meggers.

Osnabrücker Tape Art-Künstlerin ist bereits gestartet

Die Osnabrücker Künstlerin Katrin Lazaruk gestaltet mit Kasettenband ein Solidaritatszeichen mit Belarus. / Foto: Schulte
Die Osnabrücker Künstlerin Katrin Lazaruk gestaltet mit Kasettenband ein Solidaritätszeichen mit Belarus. / Foto: Schulte

Den Anfang hat die Osnabrücker Künstlerin Katrin Lazaruk gemacht. Mit Kassettenband gestaltete sie bereits einen kleinen Teil der Fassade. Mit ihrer Interpretation von Wandel möchte sie sich mit den Menschen in Belarus solidarisieren. Bei der Präsidentschaftswahl 2020 demonstrierten über 100.000 Menschen gegen die Scheinwahl, die Polizei unterband die Proteste gewaltsam. Lazaruk selbst ist in Belarus geboren, verbindet ihre Kindheit mit dem Land. Für ihr Werk wählte sie Rot und Weiß, die Farben des Protestes. Ein belarussisches Kinderlied steht auf der Wand geschrieben. „Eine Textzeile ist geändert“, erzählt sie. „Im Original heißt es: ‚Macht die Augen zu‘. Hier habe ich es wie die Protestierenden zu ‚Macht die Augen auf‘ gemacht.“ Das Raster soll Gefangenschaft symbolisieren. „An einigen Stellen ist es aufgebrochen und soll Platz für Hoffnung geben.“ Doch ganz fertig ist das Wandgemälde noch nicht – ergänzen will sie es mit einer traditionell belarussisch gekleideten Frau. Unter dem Motto Wandel möchte man so Fragen im Hinblick auf gesellschaftspolitische Entwicklungen werfen, Impulse geben.

Auch der Kunst-Leistungskurs der Gesamtschule Schinkel durfte sich, gefördert durch die Egerland-Stiftung, bereits an der Rückseite des alten Parkhauses auslassen. Mit Spraydosen kreierten Schülerinnen und Schüler die „Zerfallende Weltkugel“.

Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Schinkel durften schon kreativ werden: "Zerfallende Weltkugel" heißt ihr Werk. / Foto: Schulte
Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Schinkel durften schon kreativ werden: „Zerfallende Weltkugel“ heißt ihr Werk. / Foto: Schulte

Ausstellung in den Räumen der Osnabrücker Sonntagszeitung

„In diesem Jahr haben wir das große Glück, viele abwechslungsreiche Fläche gestalten zu können“, so Oliver Bartelds. Man habe Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt von Berufs- bis Nachwuchskünstler eingeladen, die zur Idee und dem Konzept passen. „Die meisten sind dem Ruf gefolgt.“ Auch zwei Studierende der Universität Osnabrück werden dabei sein. „Wir hoffen, dass viele Leute Lust haben, Osnabrück zu besuchen, um tolle, urbane Kunst zu sehen“, so Meggers. Umso schöner sei es, dass man in Zusammenarbeit mit der Stadt diese zentralen Flächen gefunden habe. Denn es sei nicht einfach, dass Eigentümer ihre Fassaden zur freien künstlerischen Verfügung stellen. Bis zum Ende des Jahres werden die Arbeiten noch zu sehen sein, voraussichtlich ab 2023 sollen dann die Bau- und Abrissarbeiten für die geplanten Johannishöfe beginnen.

Im ehemaligen Gebäude der Osnabrücker Sonntagszeitung findet vom 14. bis zum 22. Oktober eine Innenausstellung statt. / Foto: Schulte
Im ehemaligen Gebäude der Osnabrücker Sonntagszeitung findet vom 14. bis zum 22. Oktober eine Innenausstellung statt. / Foto: Schulte

Ergänzt wird die Freiluftgalerie durch eine Ausstellung in den ersten beiden Etage des Gebäudes der ehemaligen Osnabrücker Sonntagszeitung. Vom 14. bis zum 22. Oktober werden dort alle 30 Künstlerinnen und Künstler ohne festes Thema präsentieren.

Doch es soll auch etwas Dauerhaftes bleiben: Am Marienhospital und in der Osnabrücker Altstadt werden zwei Fassaden bemalt, die den Auftakt zur urbanen Kunstroute in Richtung Hauptbahnhof bilden.


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Jasmin Schulte
Jasmin Schulte
Jasmin Schulte begann im März 2018 als Redakteurin für die Hasepost. Nach ihrem Studium der Germanistik und der Politikwissenschaft an der Universität Vechta absolvierte sie ein Volontariat bei der Hochschule Osnabrück. Weitere Stationen führten sie zu Tätigkeiten bei einer lokalen Werbeagentur und einem anderen Osnabrücker Verlag. Seit März 2022 ist Jasmin Schulte zurück bei der HASEPOST und leitet nun unsere Redaktion. Privat ist Jasmin Schulte als Übungsleiterin tätig, bloggt über Literatur und arbeitet an ihrem ersten eigenen Roman.

  

   

 

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