Die Anwohner des beschaulichen Sonnenhügels sind sich da vermutlich nicht so sicher, ob sie nun auf Kunst oder eine gezielte Provokation blicken.
Wobei die Provokation ja durchaus ein Stilmittel der Kunst sein kann. Platzende Blutbeutel oder den Hitlergruß zeigende Performance-Künstler, alles schon mal dagewesen – meist jedoch da wo man mit dieser Art von “Kunst” rechnen muss: auf der Bühne, in Museen oder alle paar Jahre während der Documenta in Kassel.
Nur ist der kleine Platz an der Ecke Richthofenweg und Immelmannweg also nicht unbedingt die große Bühne für die Kunst – und auch nicht zu vergleichen mit dem Schloßgarten oder der Großen Straße, wo schon manches für Kunst verkauft wurde, auch wenn es nur Straßenmusik war und hauptsächlich vom Tonband kam.
In der Idylle des Sonnenhügels sonnt sich nun seit ein paar Tagen ein Baumstamm, der den arglosen Passanten mit folgenden Worten grüßt:
“die Toten zischen und bewegen sich, das Gas rumort in ihnen”.
Urheber dieser Zeilen ist Erich Maria Remarque, der zweifellos größte Sohn Osnabrücks, der diese Zeilen in seinem Weltkriegsroman “Im Westen nichts Neues” schrieb. Zusammen mit 31 weiteren Baumstämmen / Kunstobjekten, die in der Stadt verteilt werden, bringen nun ausgesuchte Zeilen des sechsten Kapitels von Remarques Weltbestseller den Schrecken des Krieges in Erinnerung.
Der Osnabrücker Künstler Volker-Johannes Trieb hat die Baumstämme eigens aus dem Elsass herbeigeschafft. Nach seinen Angaben haben sie beide Weltkriege überlebt und stecken noch voller Splitter der Bomben und Granaten des 1. Weltkrieges.
Für die Aufstellung wurden Orte ausgewählt, die eng mit dem Schrecken des Krieges verbunden sind. So soll in der Johannisstraße in jedem Haus ein Mann gefallen sein und auch die Aufstellung vor den Kasernenstandorten erklärt sich von selbst.
Angeblich soll der Künstler aber nicht so recht gewusst haben mit welcher Begründung er seine Stämme in die Große Straße legen soll – nur weil sie schon vor hundert Jahren bereits da war, diese Begründung wäre vermutlich zu dünn. Und genau an dieser Stelle finden wir zurück zum Sonnenhügel. Es wäre sicher wünschenswert, wenn Anwohner und zufällig vorbeikommende Osnabrücker erfahren könnten, warum gerade dieser idylische kleine Rasenplatz jetzt mit Tod und Verwesung in Verbindung gebracht wurde. Oder will der Künstler einfach nur provozieren und ihm fehlt auch für diesem Standort eine Begründung? Dann ist es aber vielleicht auch keine Kunst mehr…
HP