Auch bei der Ratssitzung am Dienstag wird das Virus per Ausnahmeregel bei den Feierabendpolitikern kurz Pause machen müssen. Wie von unserer Redaktion bereits Anfang Dezember berichtet, gelten weiterhin deutlich lockerere Infektionsschutz-Regeln für die Osnabrücker Kommunalpolitiker.
[Update 7. Febr. 13:20 Uhr]: Die Ratssitzung wird deutlich verkleinert stattfinden
Von Wangerooge bis in den Harz gilt bei Veranstaltungen mit bis zu 500 Teilnehmern die 2Gplus-Regel (also geimpft oder genesen + Booster oder aktuellem Testnachweis) – optional 2G, sofern die Kapazität auf 70% reduziert wird.
Diese Bestimmungen gelten “grundsätzlich” auch weiterhin nicht für Sitzungen des Rates und der Fachausschüsse, so Stadtsprecher Dr. Sven Jürgensen auf erneute Nachfrage unserer Redaktion.
Im Bundestag 2G mit “plus” – Osnabrück 3G “ohne”
Damit geht man die Pandemielage im Osnabrücker Lokalparlament deutlich lockerer an, als zum Beispiel im Bundestag, in dem 2Gplus im Plenum und den Ausschüssen gilt. Einzig die AfD-Fraktion wollte sich dem nicht beugen und versuchte auf dem Klageweg einen lockeren Gesundheitsschutz durchzusetzen – und scheiterte.
Oberbürgermeisterin entschied über Ausnahmen für Kommunalpolitiker
“Die Oberbürgermeisterin hat allerdings Anfang Dezember 2021 in Abstimmung mit dem Ratsvorsitzenden entschieden, dass ab diesem Zeitpunkt die 3G-Regelung für Rats- und Ausschusssitzungen gelten sollte”, so Dr. Jürgensen weiter. “Dieses findet für Bürger/innen, Rats- und Ausschussmitglieder und Verwaltungsmitarbeitende Anwendung. Gleichzeitig wurde zu diesem Zeitpunkt entschieden, dass die FFP2-Maskenpflicht künftig durchgehend auch am Sitzplatz gelten soll”.
Zwischen den Kommunalpolitikern, den Besuchern und den im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit bei den Sitzungen anwesenden Vertretern der Verwaltung wird nicht unterschieden. Die Kontrolle der für die kommunalpolitischen Veranstaltungen aufgeweichten Regeln übernimmt bei der Ratssitzung das Personal der OsnabrückHalle, ansonsten städtisches Personal. Nach Auskunft der Verwaltung üben die Rats- bzw. Ausschussvorsitzende in den Sitzungen das Hausrecht aus und müssten ggf. gegen Verstöße vorgehen.
Öffentlichkeit von Videostreaming teilweise ausgeschlossen
Viel einfacher und zeigemäßer könnte es ja funktionieren, wenn die inzwischen vorhandene Videotechnik effizient eingesetzt würde. Allerdings werden Ausschusssitzungen, trotz aktueller Höchstwerte bei den Neuinfektionen, auch weiterhin nicht für die Öffentlichkeit, sondern nur für Kommunalpolitiker und sonstige Ausschussmitglieder gestreamt.
Dazu der Stadtsprecher: “Vom Land wurde für die Zeit der Pandemie die gesetzliche Grundlage geschaffen, dass Ausschussmitglieder per Videokonferenz eingebunden werden können. Dieses ist in Osnabrück entsprechend realisiert worden. Über den Aufwand und die Rahmenbedingungen eines darüber hinausgehenden Livestreams für die Öffentlichkeit wird aktuell in einer interfraktionellen Arbeitsgruppe gesprochen.”
Bei der Ratssitzung im Dezember streikte die Videotechnik
Wer bereits die Möglichkeit genutzt hat den Stream einer Ratssitzung zu verfolgen, wird sich vielleicht über den verspäteten Beginn des Streams und gelegentliche Aussetzer bei Bild und Ton gewundert haben. “Der Verwaltung ist lediglich bekannt, dass in der letzten Ratssitzung am 7.12.2021 für wenige Minuten ein technisches Problem bei dem Dienstleister bestand, der den Livestream für die Stadt im Internet bereitstellt. Weitere Fälle sind nicht bekannt.”
Kommunalpolitiker müssen erst noch über Streaming beraten
Unsere Redaktion fragte auch nach, wer denn entscheidet, was der Bürger im Stream sehen und hören darf? Dazu Dr. Jürgensen: “Es werden grundsätzlich alle Wortbeiträge übertragen (Sofern nicht ein Ratsmitglied von seinem Recht Gebrauch macht, der Übertragung seines Wortbeitrags zu widersprechen. Diesen Fall hat es bisher aber noch nicht gegeben). Diesbezüglich gibt es keinen Entscheidungsbedarf.”
Warum wird der Stream nicht auch zeitversetzt angeboten oder technisch eine Möglichkeit zum Mitschnitt angeboten? “Auch über zeitversetzte Bereitstellung der Übertragung wird aktuell in der oben genannten interfraktionellen Arbeitsgruppe beraten.”
Kommentar des Redakteurs
Na, da hat man doch als Gastronom, Hochzeitspaar oder Trauergemeinschaft gleich viel mehr Verständnis dafür, wenn einem selbst bei Missachtung der geltenden Infektionsschutzregeln ein Strafbefehl in Höhe von 20.000 Euro droht.
Da hat sich das Lokalparlament also einfach selbst eine Ausnahmeregel geschaffen, natürlich auf Basis von Vorgaben aus Hannover – sicher alles rechtlich genau geprüft. Ethisch und moralisch allerdings unterste Schublade!
Einfach mal für sich selbst die gleichen Maßstäbe anlegen, wie für die von der Pleite bedrohte Kulturwirtschaft und Gastronomie? Undenkbar für das Laien-Parlament.
Und auch knapp zwei Jahre nach Beginn der Pandemie haben sie es nicht hinbekommt ein ordentliches Streaming ans Laufen zu bekommen. Ich kann mich erinnern, dass man von Unternehmern, Mitarbeitern und selbst von Schulen und Schülern genau das schon seit Beginn der ersten HomeOffice-Regeln verlangt hat.
Wo kämen wir denn hin, wenn die Politik sich mal an den Standards orientieren würde, die eigentlich “für alle” gelten sollten?!
Titelfoto: Ratssitzung im Europasaal der OsnabrückHalle, Archivfoto Hasepost