Titelbild unter Verwendung eines Screenshots von YouTube/Greenpeace

AFP

In 322 Wörtern, gebildet aus 2.225 Zeichen, verbreitete der VfL Osnabrück am Freitag die frohe Botschaft, er habe 11.000 Euro gespendet an „Hilfe für Kinder in Not“. Ist nun wieder alles gut? Nein, meint Heiko Pohlmann. Ein Kommentar.

„Tue Gutes und rede darüber“, erfunden von einem ehemaligen Pressedirektor der IG Farben, ist in der Unternehmenkommunikation (vulgo: „PR“) immer noch ein beliebter Leitspruch.
Dass man die Öffentlichkeit weder verarschen noch für blöd halten soll, zählt eher zu den neueren Erkenntnissen der Unternehmenskommunikation. Wer als PR-Manager das Versenken von Bohrinseln in der Nordsee oder die verschleppte Auszahlung einer vor Jahren zugesagten Spende der Öffentlichkeit „verkaufen“ will, sollte diese Öffentlichkeit nicht für allzu blöd halten – meistens ist sie das nicht!

Der VfL Osnabrück, der mit seinem wirtschaftlich aktiven Ast der GmbH & Co. KGaA als Unternehmen agiert, ist in seiner Kommunikation wohl noch eher IG Farben? Wie anders ist eine Pressemitteilung zu verstehen, die mitteilt, dass „nach Aufklärungsarbeit und abgeschlossenem Verkauf aller CDs“ der VfL einen „vollständigen Spendenbetrag“ an das groß als „VfL-Kooperationspartner“ herausgestellte Hilfswerk terre des hommes übergibt?

War da nicht eine klitzekleine Vorgeschichte?

Nun kann man weder vom VfL – und auch von keinem PR-Schreiber – erwarten, dass er seinen Arbeitgeber in ein schlechtes Licht rückt. Aber ein klein wenig mehr Faktennähe hätte dem VfL sicher keinen Zacken aus der Krone gebrochen – im Gegenteil.

Kalla Wefel ist der Lord Voldemort der VfL-Vereins- und Geschäftsführung! Wefels Name ist ganz offensichtlich „unaussprechlich“ geworden in der Geschäftsstelle an der Bremer Brücke.
Und daher lamentiert der Verein in seiner Erzählung, wie es zu der finalen Spendenzahlung von 11.000 Euro kam, um den Namen des „Unaussprechlichen“ herum; ganz so, wie es Professor Pomona Sprout im Kräuterkunde-Unterricht auf Hogwarts nicht besser gekonnt hätte.

War da was in der Zauberschule an der Bremer Brücke?

Ja, da war was! Monatelang hatte Wefel zusammen mit seinem Musikerkollegen Todor „Tosho“ Todorovic versucht vom Verein eine Erklärung zu bekommen, wie das Verramschen (1 Euro pro Stück) einer von mehr als 300 Musikern gemeinsam initiierten und produzierten CD „Wir sind der VfL – der VfL ist Osnabrück“ in Übereinstimmung zu bringen ist mit der ursprünglich von allen Beteiligten getroffenen Übereinkunft, dass pro verkauftem Tonträger 10 Euro an terre des hommes zu überweisen sind.
Neben Wefel und Todorovic war nach Informationen unserer Redaktion auch der Osnabrücker Anwalt Moritz Gallenkamp daran beteiligt dem Verein bei der Aufarbeitung dieser Angelegenheit auf die Sprünge zu helfen und den nötigen Druck zu erzeugen. Doch erst als Wefel und Todorovic Anfang des Monats mit einem offenen Brief, der die erfolglosen Versuche schilderte, wie sie gemeinsam mit dem Verein eine Lösung finden wollten, an die Öffentlichkeit gingen (HASEPOST berichtete), kam Bewegung in die Sache. Erst da, mehr als ein halbes Jahr nach der ersten Kontaktaufnahme in der Angelegenheit, wurde den Verantwortlichen bewusst, dass die für hilfsbedürftige Kinder in Afrika, Asien und Südamerika gedachte Spendensumme weder kleinzurechnen noch als der Vereinskasse zugehörig anzusehen ist.

Folge der Kandidatur um Vereinspräsidentschaft?

Ob die Amnesie, die sich bei Vereinsoberen und angestellten Mitarbeitern bis dahin breit gemacht hatte, wenn es um die Spenden-CD ging, vielleicht auch damit zusammenhing, dass man Wefel die bereits im Vorfeld erstickte Kandidatur um die Vereinspräsidentschaft im vergangenen Jahr übel nahm? Darüber wird in zahlreichen Facebook-Kommentaren ebenso gestritten, wie über die Frage: „Aus welchem Topf kommen nun eigentlich die frisch gespendeten 11.000 Euro“. Wenn es blöd läuft für den Verein, dann ist die Causa „Spenden-CD“ nicht beendet, sondern steht erst ganz am Anfang.

Immer wieder hatte der Verein, so berichtet es Wefel, versucht die noch ausstehende Spendensumme klein zu rechnen. Mal wurde die Mehrwertsteuer bei den verramschten CDs in Abzug gebracht, mal bei der ausstehenden Spendensumme. Die terre des hommes zustehende Summe soll dabei höchst variabel und offensichtlich nach Tagesform berechnet worden sein. Dass es nun doch volle und vor allem glatte 11.000 Euro geworden sind, erfreut auch Kalla Wefel. Gegenüber unserer Redaktion sagt er: „Ich freue mich, dass das Geld nach acht Jahren da gelandet ist, wo es hingehört„. Dass Wefel selbst in der abschließenden Pressemitteilung ungenannt bleibt, nimmt er sportlich, aber nicht ohne leichtes Tackling: „Wenn ein Mensch, der mit dem ganzen CD-Projekt nie etwas zu tun hatte, meint, sich damit schmücken zu müssen, soll er das tun. Es wirft genau das Licht auf diese GmbH Co. KGAa, die sie verdient. Wie sehr dieses Projekt beim heutigen VfL verstanden wird. zeigt das Verscherbeln der restlichen etwa 100 CDs für einen Euro. Ohne diese Skandal wäre ich nie darauf gekommnen nachzufragen, wo eigentlich die Spendengelder für die CD geblieben sind.

Die Pressemitteilung des VfL in vollem Wortlaut:

11.000 Euro Spende an „Hilfe für Kinder in Not“

Nach Aufklärungsarbeit und abgeschlossenem Verkauf aller CDs „Wir sind der VfL – der VfL ist Osnabrück“ übergibt der VfL Osnabrück stellvertretend für alle beteiligten Künstlerinnen und Künstler den vollständigen Spendenbetrag an VfL-Kooperationspartner terre des hommes.

Anfang 2010 wurde das CD-Projekt „Wir sind der VfL – der VfL ist Osnabrück“ initiiert, im August selben Jahres haben die Lila-Weißen einen Spendenbetrag in Höhe von rund 16.218 Euro im Namen der etwa 300 beteiligten Künstlerinnen und Künstler an seinen langjährigen Kooperationspartner terre des hommes übergeben. Im Nachgang der Übergabe wurden weiterhin CDs über den VfL Osnabrück verkauft, allerdings bis heute keine weiteren Spenden aus dem Projekt übergeben. 

Dazu Jürgen Wehlend, seit 2013 VfL-Geschäftsführer: „Mit der Information darüber Ende April 2018 haben wir versucht, gemeinsam mit den Initiatoren des Projektes eine Klärung herbeizuführen. Die ehemaligen VfL-Verantwortlichen waren nicht mehr im Amt, wir mussten viele Gespräche führen, uns durch die damaligen Unterlagen arbeiten – kurzum: Es war nicht leicht und es erforderte Zeit, Licht ins Dunkle zu bringen. Das hat sich aber schon allein deshalb gelohnt, weil es ja um die gute Sache und nicht etwaige Befindlichkeiten geht. Nach gleichzeitigem Verkauf der restlichen Tonträger ist im Ergebnis des gemeinsamen CD-Projektes der Künstlerinnen und Künstler mit Unterstützung des VfL Osnabrück ein Spendenbetrag von insgesamt 27.218 Euro zustande gekommen. Dafür gilt allen Beteiligten unser ausdrücklicher Dank.“

Der VfL Osnabrück stand währenddessen auch mit terre des hommes als lang-jähriger Kooperationspartner in Kontakt. Albert Recknagel, Vorstandssprecher von terre des hommes: „Wir danken dem VfL Osnabrück für das große Engagement und freuen uns sehr über die weitere Spende in Höhe von 11.000 Euro. Damit hat dieses schöne Projekt einen guten Abschluss gefunden. Ein großer Dank auch an die Initiatoren der Benefiz-CD und alle Künstlerinnen und Künstler, die mit viel musikalischer Kreativität dazu beigetragen haben, dass die CD ein großer Erfolg für alle Fans des VfL Osnabrück, aber vor allem auch für Kinder in Not wurde.“