In einem der besten Auswärtsspiele der letzten Monate oder sogar Jahre ließ der VfL den Braunschweigern während des ganzen Spiels nicht den Hauch einer Chance. Das war schon fast eine Machtdemonstration und ein deutliches Zeichen an die unteren Ränge der Liga, dass dort mit dem VfL in dieser Saison kaum zu rechnen sein dürfte.
Erste Halbzeitgedanken vor dem Spiel
Ein Spiel gegen Eintracht Braunschweig ist während der vergangenen Jahrzehnte schon immer etwas Besonderes gewesen. Für die jüngeren Fans dürfte es der 4:3-Sieg vom 26.10.2018 gewesen sein, als der VfL zum ersten Mal seit unfassbaren 58 Jahren in Braunschweig gesiegt und einen Riesenschritt in Richtung Zweitliga-Aufstieg gemacht hatte.
Was war das für eine grandiose Stimmung damals vor zwei Jahren. Und heute? Gibt es in Corona-Zeiten überhaupt noch Heim- oder Auswärtsspiele? Aktuell ist der VfL auswärts jedenfalls weit erfolgreicher als zu Hause und saisonübergreifend seit elf Pflichtspielen ungeschlagen. Bei der Braunschweiger Eintracht ist das genau umgekehrt: Von fünf Spielen gewann sie zu Hause drei und eins endete unentschieden. Vielleicht liegt es ja am nicht vorhandenen Publikum …
Vor dem Spiel
Auf der PK vor dem Spiel sagte VfL-Trainer Marco Grote, die Eintracht gehe zu Hause extrem motiviert zu Werke und betreibe sehr viel Aufwand. Zwar habe er schon die Karlsruher Spielweise als schnörkellos bezeichnet, doch die Eintracht spiele noch schnörkelloser und schnell und zielstrebig auf kürzestem Weg nach vorn.
Was den Kader angeht, so ist der Einsatz von Konstantin Engel, der Knieprobleme hat, fraglich. Marc Heider und Ulrich Bapoh befinden sich noch immer in der Warteschleife.
Auf die Startfelf darf man also wie immer gespannt sein und da kommen auch schon die Aufstellungen …
Trainer Grote verändert nach der unglücklichen 1:2 Niederlage gegen den KSC die Startelf auf zwei Positionen: Christian Santos ist nur im Aufgebot und für Schmidt und Gugganig stehen Etienne Amenyido und Taffertshofer auf dem Rasen.
Bei Braunschweig spielen für den verletzten Kessel und für Wiebe, der sich wegen eines Erstkontakts trotz negativen Tests präventiv in Quarantäne befindet, Burmeister und Ben Balla.
Sobald ich in Braunschweig ankomme, freue ich mich jedes Mal riesig, in Osnabrück zu wohnen. Diese Freude steigt ins Unermessliche, sobald ich das Eintracht-Stadion betrete und mit Sehnsucht an die Brücke denke.
Beginn …
Schiedsrichter Martin Thomsen aus Kleve pfeift pünktlich um 13.30 die Partie an. Anstoß hat bei diesigem Wetter um die 5 Grad die im traditionellen Gelb-Blau angetretene Eintracht.
Auf beiden Seiten scheint es zunächst einen ruhigen Beginn zu geben. Doch nach einem Einwurf von Wolze kämpft sich Ihorst dynamisch mit dem Ball bis zur Grundlinie durch, spielt ihn zurück und dort steht Kerk, der das Leder mit einem präzisen Schuss unten links ins Braunschweiger Tor befördert.
Es steht nach nur drei Minuten 1:0 für den VfL!
Der VfL tritt hier energisch auf und lässt sich auch nicht von den vielen Nickligkeiten und Fouls der Braunschweiger aus dem Tritt bringen, sondern hält mit spielerischen, aber auch mit kämpferischen Mitteln stets dagegen. Nach einem Eckball von Amenyido nimmt Wolze den Ball direkt an, der rechts am Tor vorbeigeht.
Wenig später versucht es Blacha mit einem Schuss vom linken Strafraumeck aus auf den zweiten Pfosten, doch Fejzic kann mit einer Glanzparade klären.
Nach einem Foul an Amenyido schießt Kevin Wolze den Freistoß aus 22 Metern, der oben rechts im Winkel eingeschlagen wäre, wenn da nicht wieder einmal Fejzic gewesen wäre.
Der VfL beherrscht das Spiel in allen Belangen …
… in der 20. Minute tankt sich Reis bis in den Strafraum durch und scheitert erst am exzellenten Torwart der Gastgeber. Der VfL ist nach der Hälfte der ersten Halbzeit das sehr viel aktivere Team, zumal die Braunschweiger erst in der 24. Minute zum ersten Angriff kommen. Taffertshofer ist übrigens nach einem zweiten groben Foul gelb-rot-gefährdet und sollte langsam mal ausgetauscht werden.
Der VfL spielt hier richtig guten Fußball und beherrscht das Mittelfeld. Allen voran der ungeheuer ballsichere Ludovit Reis, der mit seinen Aktionen immer wieder für Gefahr sorgt. Nach einer halben Stunde muss der etwas übereifrig agierende Taffertshofer für Gugganig tatsächlich auf die Bank. Er ist mit seiner Auswechslung offenbar nicht richtig einverstanden, doch Trainer Grote kann ihn besänftigen.
In den Schlussminuten der ersten Halbzeit kommen die Braunschweiger zwar etwas besser ins Spiel, bleiben in ihren Aktionen aber recht harmlos.
Halbzeitfazit:
Der VfL war während des gesamten Verlaufs der ersten Halbzeit das bestimmende und bessere Team. Die Abwehr stand gut. Wenn man der Mannschaft etwas vorwerfen kann, dann allenfalls, dass sie ihre Chancen nicht konsequent genutzt hat. Es hätte gut und gerne 2 oder 3:0 stehen können, aber da stand ja noch ein überragender Feyzic im Tor.
Tipp: Die Halbzeitgedanken, eine Melange aus Hintergrundinformation und Kommentar, erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Sie fallen hin und wieder recht knapp, manchmal aber auch sehr ausführlich aus. Wem das Lesen der Halbzeitgedanken zu mühselig ist: Ganz einfach weiter nach unten scrollen, dort geht es dann mit dem aktuellen Spielbericht weiter.Halbzeitgedanken: Nicht ganz abwegige Halbzeitgedanken: Nostalgische Halbzeitgedanken 1: Nostalgische Halbzeitgedanken 2: |
Beide Teams wechseln zur zweiten Hälfte …
Nach sieben eher hektischen Minuten startet Ajdini auf rechts durch und zieht aus 25 Metern ab, aber Fejzic kann den Ball wieder einmal parieren, der sonst unten rechts eingeschlagen wäre. Wenig später eine tolle Aktion des eingewechselten Multhaup, als er von links in den Strafraum zieht und mit dem rechten Fuß aus lange Eck schießt, aber wieder einmal hält Fejzic die Braunschweiger im Spiel.
Das 2:0 für den VfL durch ein denkwürdiges Tor …
In der 66. Minute das 2:0 für den VfL. Nach einem wieselflinken Doppelpass mit Blacha zieht Multhaup aus 18 Metern gnadenlos direkt ab und die Kugel kracht neben dem rechten Pfosten ins Netz. Was für ein Hammertor! Den Ball hätte kein Torwart der Welt halten können.
Drei Minuten später fast das 3:0. Ajdini scheitert im letzten Moment am besten Braunschweiger und kurz darauf Multhaup. Es spielt eigentlich nur der VfL, Philipp Kühn friert mittlerweile im Tor fest und es hätte schon 3 oder 4:0 stehen können.
Bis zum Abpfiff geschieht nichts mehr Aufregendes und der VfL springt nach diesem großartigen Sieg auf Platz 5!
Fazit
In einem der besten Auswärtsspiele der letzten Monate oder sogar Jahre ließ der VfL den Braunschweigern während des ganzen Spiels nicht den Hauch einer Chance. Die Eintracht hat es allein ihrem großartigen bosnisch-herzegowinischen Fußballtorhüter Jasmin Fejzic zu verdanken, dass die Niederlage nicht höher ausfiel.
Das war schon fast eine Machtdemonstration und ein Zeichen an die unteren Ränge der Liga, dass dort mit dem VfL in dieser Saison kaum zu rechnen sein dürfte. Schon am Mittwoch geht es in Düsseldorf weiter und diesem VfL ist derzeit alles Mögliche zuzutrauen …
Zahlen, Daten & FaktenZuschauer: keine, bis auf wenige Offzielle und Medienvertreter als Geisterkulisse Tore: Gelbe Karten: Eintracht Braunschweig: VfL Osnabrück: Schiedsrichter: Dr. Martin Thiomsen (Kleve) |
Tabellarisches
Vor diesem Spiel stand der VfL mit einer Durchschnittsnote von 3,23 auf dem dritten Platz der Kicker-Formtabelle, Eintracht Braunschweig mit der Note 4,00 abgeschlagen auf dem letzten Platz. Tatsächlich spielte der VfL als Sechster des zehnten Spieltags gegen den Tabellensechzehnten aus Braunschweig.
Die aktuelle Tabelle:
(Achtung: die Tabelle aktualisiert sich automatisch und ist ggf. noch nicht aktuell)
Titelfoto: Bashkim Ajdini am Ball, Foto: imago images / Joachim Sielski
Kalla Wefels Saisonrückblick 2019/20 erschien im aufwändigen A-4-Format und ist unter anderem bei Bücher Wenner erhältlich. Dietrich Schulze-Marmelingschreibt in seinem Vorwort: “Herausgekommen ist ein großartiges Saisonbuch. Eigentlich ist es weit mehr als das …” Um die Spielberichte herum ranken sich Reportagen, “Halbzeitgedanken”, Hintergrundberichte, Fankommentare und Kolumnen.
160 Seiten A-4-Format / 12,00 €
Kalla saß mit zwei Jahren zum ersten Mal auf der Trainerbank des VfL, und zwar auf dem Schoß seines Vaters „Doc“ Wefel, der 34 Jahre lang Mannschaftsarzt und Vorstandsmitglied war.
Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß, Jupp Heynkes, Gerd Müller, Paul Breitner, Lothar Matthäus, Diego Maradona und Kalla Wefel hatten denselben Fußballtrainer, nämlich Udo Lattek, der einst bei Familie Wefel ein und aus ging. Diese und viele weitere skurrile, heitere und ernste Geschichten und Anekdoten um den VfL lassen sich in seinen Büchern „Mein VAU-EFF-ELL!“ und „111 Gründe, den VfL Osnabrück zu lieben“ nachlesen. Die von ihm 2010 mit viel Aufwand produzierte CD „Wir sind der VfL“ wurde 5.000 mal verkauft und der komplette Erlös (etwa 30.000 €) ging an terre des hommes. Seine VfL-Heimatabende sind legendär. Mit „Kär, Kär, Kär!“ schrieb er das nach der Bibel und „Mein Kampf“ meistverkaufte Buch Osnabrücks. Mit “Der VfL in der Saison 2019/20” hat er ein neues Format entwickelt, das von nun an jährlich erscheinen soll. Seit über vierzig Jahren arbeitet er professionell als Journalist und Buchautor sowie als Kabarettist und Musiker.