Die Fußballsaison 2014/15 ist zu Ende – und wie im jeden Jahr lud Kalla Wefel zum abschließenden VfL-Heimatabend in die Lagerhalle.
Die Osnabrücker Lokal-Talkshow begann mit dem Vorstand des VfL Osnabrück: Präsident Dr. Hermann Queckenstedt und die beiden Vizepräsidenten Christoph Ehrenberg und Uwe Brunn stellten sich dem gutgelaunten Gastgeber.
Man sei ja nun 200 Tage schon im Amt, das “Drama” um Kröger nun 1,5 Jahre her, was sich seit dem getan habe, wollte Kalla Wefel wissen. Schließlich ging es – nach einem guten Saisonstart – in der Rückrunde sportlich steil bergab.
A- und B-Jugend sehr erfolgreich
Queckenstedt verwies auf die sportlichen Erfolge der Jugend: Die B-Jugend ist Pokalsieger geworden und aufgestiegen. Wer basisnahe Emotionen erleben wolle, solle einfach Mal zu einem B-Jugendspiel kommen. Die A-Jugend steht kurz vor der Relegation und mit Jonas Bergmann hat man einen deutschen Meister im Schwimmen.
Zur Profiabteilung schwieg sich der Präsident zu diesem Zeitpunkt allerdings aus.
Uwe Brunn, laut Kalla „der einzige mit richtiger Ahnung vom Fußball“, äußerte sich da schon konkreter:
„Die Rückrunde war wirklich desaströs, wir müssen die richtigen Hebel finden und bewegen zum Start der neuen Saison.“ Allerdings schwieg sich Brunn aus, als es um die Frage ging, wie viel Zeit er als ehrenamtlicher Vizepräsident in den VFL stecke. „Wir alle machen das Überzeugung für den Verein, da spielt Zeit keine Rolle.“
Burkhard Tillner, regelmäßiger Co-Moderator des Heimatabends und sonst für den NDR unterwegs, wollte von Christoph Ehrenberg wissen, was er davon halte, dass, obwohl es die schlechteste Saison des VFL seitdem der VfL in der dritten Liga spielt, es so ruhig von seitens der NOZ sei. Ob es nicht besser wäre, wenn von dort auch Mal Kritik komme, so ohne Kritik sei ja auch kaum Entwicklung möglich.
Keine schleichende Gleichgültig gegenüber dem VfL?
Ehrenberg erwiderte, dass die Verbindung zur Lokalzeitung NOZ zu Zeiten von Wollitz doch deutlich enger gewesen sei und verwies auf das Beispiel von Thomas Schaaf und der Frankfurter Rundschau, wohin zu viel Kritik und Unruhe durch die Presse auch führen könne. Tillners Nachfrage, ob es Ruhe oder einschleichende Gleichgültigkeit sei, wurde scharf kritisiert, man sehe doch an den Besucherzahlen bei den Auswärtsfahrten, dass den Osnabrückern der VFL auf keinem Fall gleichgültig sei.
Queckenstedt habe viel mehr die Unruhe in Osnabrück beunruhigt, als der schlechte Tabellenplatz.
Damit wurde der Vorstand vom Heimatabend-Podium entlassen und Wefel läutete die zweite Runde ein:
Zum ersten Mal: politische Runde beim Heimatabend
Der „Herausforderung Heimatabend“ stellten sich Fritz Brickwedde (CDU), Frank Henning (SPD), Thomas Thiele (FDP) und Wulf-Siegmar Mierke (UWG). Abgesagt hatten die Grünen, und „durch Abwesenheit glänzte“ (Wefel) – trotz Zusage – Giesela Brandes-Steggewentz (Die Linke).
Hintergrund der „politischen Runde“: die knappe Entscheidung im Stadtrat zum Schuldenschnitt, durch die der VfL in letzter Minute wirtschaftlich gerettet wurde.
Nach einer kurzen und knappen Vorstellung der Lokalpolitiker und Begrüßung begann Wefel, ihm per E-Mail zugesandte Fragen zu vorzulesen.
Gleich bei der ersten Frage („Welcher Nachweis ist seitens des VfL erbracht worden, dass die Personalkosten gesenkt worden sind?“) kochten auf dem Podium die Emotionen hoch:
Während Brickwedde und Henning die gute Zusammenarbeit mit dem VfL und die Bedeutung des VfL für die Stadt Osnabrück betonten, stellte Thiele klar, dass die FDP auch in der Vergangenheit immer gegen die Zuschüsse gewesen sei. Mierke (der auch gegen den Schuldenschnitt gestimmt hatte) wetterte, dass die eingesparten 50.000 € ein kleiner „Fliegenschiss“ seien. Seiner Ansicht nach wäre es viel wichtiger dem Breitensport das Geld zukommen zu lassen. Auch habe die Trennung vom Breitensport und Leistungssport seiner Meinung nach durch die Patronatserklärung nicht funktioniert.
Rettung dauerhaft gewährleistet?
Tillner wollte wissen, ob die Politiker die Rettung des VfLs auch dauerhaft gewährleistet sehen. Brickwedde antwortete als erstes, dass vor 2 Jahren, als er das erste Mal mit Jürgen Wehlend (GF des VfL) zusammen gesessen habe, das Schuldenkonstrukt als „Black Box wahrgenommen“ habe. Aber jetzt ist alles deutlich strukturierter, die CDU wird den VfL weiterhin unterstützen und ist von der Gesundung überzeugt.
Henning verwies auf den ständigen Kontakt mit den Verantwortlichen, es werde viel gearbeitet und sieht die gemeinsame Zukunft. Die SPD wusste, „wie wichtig es war, die Insolvenz abzuwenden.“
Hier hakte Wefel nach: „Es ging also doch um die Insolvenz.“ Und Henning bestätigte: „Ja es ging darum, Insolvenz, ja oder nein.“
Thiele, sichtlich aufgebracht: „Die Insolvenz wäre besser gewesen, vielleicht sieht Herr Wehlend das ja mittlerweile genauso.“ Leider wurde Wehlend an dieser Stelle nicht die Möglichkeit gegeben, zu antworten.
Stattdessen meldete sich Ehrenberg nun zu Wort (obwohl darum gebeten worden war, dass nur die Politiker auf der Bühne antworten) und wehrte sich entschieden gegen den Vorwurf, dass die Ausgliederung nicht vollzogen worden wäre.
Bevor diese Diskussion aus dem Ruder geraten konnte, brach Wefel die Politiker-Runde ab und schickte alle für 10 Minuten in die Pause.
Der sportliche Teil
Nach der Pause bat Wefel David (Dave) Pisot nach oben, als einziger Spieler noch in Osnabrück und nicht im Urlaub. Pisot wurde mit warmen Applaus vom Publikum begrüßt. Damit der „immer noch umwerfend gut aussehende Dave“ (Wefel) nicht ganz alleine auf dem Podium sitzt, bekam er noch Verstärkung von Uwe Brunn.
Recht schnell führte das Gespräch auf die wiedergenesenen Tom Merkens (441 Tage verletzt) und Paul Thomik (18 Monate verletzt).
Bleibt Paul Thomik?
Pisot setzte sich dafür ein, dass auch Thomik eine Vertragsverlängerung erhalte, Brunn entgegnete, dass Thomik zwar sehr beliebt sei in Osnabrück, man aber auch an die U23-Regelung denken müsse und sich in der U21 des VfL Spieler anböten, die neue frische ins Team bringen könnten.
Tillner erwähnte hierzu die Aussage von Heiko Flottmann (damaliger Jugendleistungszentrumleiter) auf der Jahreshauptversammlung von 2013, der das Verhältnis zwischen der Jugendarbeit und Maik Walpurgis (Trainer des VfL) als eingezogene Betondecke betiltelt hatte.
Wefel erhofft sich durch neue Spieler aus der Jugend neue Identifikation mit dem Verein.
Brunn erkenne die Verantwortung als Präsidium, man gebe alles, dass Trainer und Verantwortliche gemeinsam in die richtige Richtung gehen und besser arbeiten werden. Das sportliche Konzept, so Brunn, erarbeiten Walpurgis und Lothar Gans (Sportkoordinator) in Absprache mit Wehlend.
Auch hier gab es kurze Diskussionen, ob nun ein Sportdirektor komme oder nicht, aber leider gab es keine klaren Antworten.
Sportliche Highlight in der Saison
Pisot war auf die Frage von Tillner nach dem sportlichen Highlight der Saison offensichtlich überfordert. Nach einigem Überlegen war es dann aber das Spiel in Oldenburg und für die Fans wohl der Sieg in „Bielefeld nach 50 Jahren“. Dass es nur 28 Jahre waren, stellte Wefel dann sehr schnell richtig. Pisot nahm den Faden auf und lobte die Osnabrücker Fans, die „die Besten sind, die es in der dritten Liga gibt“, und die trotz des „Auswärtsfluchs“ mit nach Stuttgart, Regensburg und Groß-Aspach gefahren sind.
Wefels Highlight war zum einen, dass 12.000 Leute „im Niemandsland Meppen“ ein Spiel sehen wollten, bei dem es um nichts mehr ging. Zum anderen, dass die Spieler beim Spiel in Dresden so ruhig geblieben seien trotz der vielen Fehlentscheidungen des Schiedsrichters.
Tillner, provokativ wie immer, brachte ein, dass sein Highlight der Zeitpunkt war, als es in der Presse plötzlich keine sportlichen Themen mehr gab, sondern Überschriften wie „Stimmt die Chemie noch“ und wollte wissen, wie man als Mannschaft darauf reagiert hätte.
Das habe man im Team ganz locker gesehen, es gab und gibt immer wieder Auseinandersetzungen mit anschließenden Aussprachen.
Kommt Ornatelli zurück?
Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, wieder mit Massimo Ornatelli (seit der Winterpause vom VfL suspendiert) aufzulaufen, antwortete Pisot, dass dies ein sehr schwieriges Thema sei, aber dass auch die Presse nicht ganz unschuldig an der Entwicklung gewesen sei. Er könne sich vorstellen, mit jedem aufzulaufen, der alles dafür gebe, erfolgreich zu spielen. Die Osnabrücker Fans seien auch bereit, bei ansprechenden Leistungen, zu verzeihen. „Und nach dem Siegtor gegen münster ist er dann wieder der Held.“
Hier half dann auch Brunn, dass es eine neue Saison sei, jeder mache Mal Fehler, und wenn man den Fans etwas vernünftig präsentiert, sei alles möglich. Auf Nachfrage aus dem Publikum bezüglich des Torwartes bestätigte Brunn, dass man mit Lehmann als Nummer eins in die neue Saison gehen wolle.
Letzter Teil: Maren Knappmeier und Jürgend Wehlend
Die Uhr ging stark auf 22:30 zu, Wefel bat zur letzten Runde: Jürgen Wehlend und Maren Knappmeier.
Knappmeier, laut Wefel auf Facebook oft angefeindet, erklärte ihre Position beim VfL. Sie ist verantwortlich für die Vermarktung, was etwas völlig anderes sei als das Marketing.
„Vermarktung ist nicht gleich Marketing“
Bei der Vermarktung gehe es um das Generieren neue Partner und Sponsoren, das Verkaufen der Logen und Banden, aber eben nicht um Merchandise- und Fanartikel. Auch nicht darum, was die Marke VfL ausmache. Bevor Knappmeier 2013 angetreten ist, lagen die Einnahmen durch die Vermarktung jährlich etwa bei 3-3,5 Mio. €. In der Saison 2013/14 hat Knappmeier 4 Mio. € generiert, in der Saison 2014/15 3,6 Mio. €. Der Einbruch sei durch den Steuerskandal und die Streitereien im Präsidium zu erklären.
Für die Saison 2015/16 gäbe es schon jetzt Zusagen über 3,6 Mio. €, erst am Ende der Saison könne man sagen, wie viel es insgesamt geworden sind, aber Knappmeier rechnet hier mit Erlösen um die 4 Mio. €.
Vermarktungseinnahmen durch Knappmeier gestiegen
Das Fazit aus diesen Zahlen: Die Einnahmen sind höher als vor 2013, außerdem bekomme sie ein Festgehalt, in den Jahren vorher wurde die zuständige Agentur um Dieter Prütz anteilig bezahlt.
Auf die Frage, wer denn jetzt die anonymen Sponsoren hinter dem Logo „Wir sind die Osnabrücker“ seien, antwortete Knappmeier, dass diese weiterhin anonym bleiben, aber auch gebe es nur Zusagen zu einer weiteren Zusammenarbeit.
Wefel brauchte für die nächste Frage etwas länger, es seien ja auch ein Wettanbieter und eine Spielhalle unter den Sponsoren.
Laut Knappmeier habe man auch darüber intern diskutiert, „aber wo das Geld letztendlich herkommt ist doch wurscht.“ Und der VfL selbst könne ja nun nichts für den Wettskandal.
Nun durfte sich auch endlich Wehlend äußern. Er bestätigte, dass alles richtig sei, was die Politiker gesagt haben. Leider gab es keine Möglichkeit zur Nachfrage, ob sich dieses auch auf die Aussage des FDP-Mitglieds Thomas Thiele bezog.
Wehlend betonte, dass der VfL einer der ganz wenigen Mannschaften in Liga 2 und 3 sei, der ein eigenes Stadion unterhalte. Und ja, es müsse in das Stadion investiert werden. Das Geld hierfür komme aus der Pacht, die an die Stadion KGaA gezahlt werde.
Lizenz zu 99,9 % sicher
Zwischendurch erwähnte Wehlend, dass ihn wundere, dass noch gar keine Frage zur Lizenz gekommen sei, man habe am Freitag Post bekommen, dass die Lizenz zu 99,9% sicher sei.
Tillner warf ein, dass er aus einem anderen Interview eine Aufnahme habe, wo Wehlend seine zukunftspläne geäußert habe: in der Saison 2015/2016 mindestens Platz 4, eine Saison später Aufstieg. Wehlend bestätigte, dass dies die Planung sei.
Man habe viel gelernt in dieser Saison, vom Krisenmanagement und Mentalitätsproblemen und er sei froh, dass dieses Lehrgeld in einer Saison gezahlt werden musste, als es um nicht mehr viel ging.
Die Planung müsse halt so sein, dass der wirtschaftliche und sportliche Erfolg ausgeglichen seien. Und den sportlichen Erfolg könne man nur maximal zu 50% über das Geld steuern.
Wefel kam nun auf den letzten offenen Brief des NFDV zu sprechen und las einzelne Passagen vor, welche von Knappmeier nur mit einem knappen „Schön“ kommentiert wurde. Es ging um den Vorwurf des Verramschen der Banden. Nein, alle Banden würden das gleiche kosten, da könne man jeden Partner fragen. Auch den Vorwurf, dass man die Verträge mit onsatel und der Sparkasse nur über ein Jahr abgeschlossen habe, wusste Knappmeier zu kontern. So habe ja auch der VfL im nächsten Jahr wieder die Möglichkeit, neu zu verhandeln und mehr Geld zu generieren. Ja, es sei richtig, dass osnatel früher Mal mehr gezahlt habe, aber dann sei man von seiten des VfL zu „gierig“ gewesen, daraufhin habe sich osnatel wieder komplett zurückgezogen. Man sei froh darüber, dass diese Partnerschaft auf neuem Vertrauen aufgebaut werden konnte.
Patronatserklärung wird hinfällig
Die Frage, ob es richtig sei, dass der Spieleretat 400.000 € höher sei als in der letzten Saison, bejahte Wehlend.
Abschließend ging es noch Mal kurz um die Patronatserklärung: Durch den Schuldenschnitt der Stadt und der Sparkasse ist man beim VfL in der Lage, die Patronatserklärung zurückzugeben, damit sei auch der letzte Schritt der Ausgliederung gelungen.
Auf die Zuschauerfrage, ob denn alle zusätzlichen Einnahmen des VfL direkt an die Stadt gehen würden, wie es in einigen sozialen Netzen behauptet würde, antworte Brickwedde, dass dem NICHT so sei. 40% der zusätzlichen Einnahmen blieben IMMER beim Spieleretat. Und sämtliche Kosten bezüglich des Stadions (Brandschutz, neue Sanitäranlagen auf der Ost, etc.) würden vorher abgezogen werden.
Neues VfL-Projekt von Kalla Wefel
Ganz zum Schluss machte Wefel auf sein neues Projekt aufmerksam: Diesmal geht nicht um eine CD, sondern um ein Buch. Er forderte alle auf, ein besonderes Erlebnis vom VfL aufzuschreiben und einzureichen. Die schönsten werden dann zusammen in einem Buch veröffentlicht. Auch dazu werden wir bald noch berichten.
Der nächste Heimatabend…
Bereits am Sonntag in zwei Wochen, am 14. Juni, ist wieder Heimatabend in der Lagerhalle. Dann zu den lokalpolitischen Aufreger-Themen Güterbahnhof und Neumarkt-Sperrung. Mit auf der Bühne als Co-Moderator Heiko Pohlmann von der HASEPOST.