Der VfL verlor in einem Spiel, das erfreulich begann, durch eine katastrophale Defensivarbeit während der letzten Minuten zurecht gegen einen spielstarken Gegner aus Hannover. Der Abstiegskampf sollte damit auch offiziell eröffnet sein.
Zu Beginn zwei kleine Überraschungen in der Startelf: Der von vielen erwartete Einsatz von Marcos Álvarez fand nicht statt, stattdessen spielte wie letzten Sonntag Assan Ceesay von Beginn an, dessen Leistung in Bielefeld recht ordentlich war. Weniger überraschend: Für Marc Heider kam Etienne Amenyido ins Spiel.
Hannover begann mit einer Ausnahme – Korb für Jung – mit der Elf, die am 7. März in Nürnberg 3:0 gewonnen hatte.
Vor dem Spiel:
Daniel Thioune sprach in der Pressekonferenz gestern morgen davon, dass Hannover 96 für ihn immer noch zu den „Phantastischen Vier“ gehöre. Im Gegensatz zu 96 stehen die übrigen Phantastic Three allerdings auf den Plätzen eins bis drei, wohingegen der deutsche Meister von 1938 und 1954 auf Platz elf und nur zwei Punkte vor dem VfL stand.
Ein Sieg heute wäre also die halbe Miete gewesen, um im Abstiegskampf zu bestehen. Man hätte sogar an 96 vorbeiziehen können, das seinerseits in den Abstiegsstrudel geraten wäre.
Thioune gab die Parole aus: „Wir wollen gewinnen! Das haben wir uns auf die Fahnen geschrieben!“ Und bis zum 2:2 Ausgleich sah es ja auch danach aus.
Der letzte Sieg des VfL liegt nun eine kleine Ewigkeit zurück: Es war das 3:0 am 15. Dezember 2019 gegen das coronagebeutelte Dresden.
Welche Stimmung heute bei diesem Traditionsderby geherrscht hätte, mag man sich nur mit Wehmut vorstellen. Deshalb hier …
… zu Beginn ein kurzer Rückblick, denn so schön kann Fußball sein …
„Die Fankurve des VfL war bereits eine Stunde vor dem Anpfiff prächtig gefüllt und hin und wieder beeindruckend laut, skandierte “Auswärtssieg, Auswärtssieg!” und bot generell einen imposanten Anblick. Kurz vor Spielbeginn dann in der Kurve der Hannoveraner ein grün-weißes Fahnenmeer zum live dargebotenen 96-Song “Alte Liebe”, ganz nettes Liedchen, muss man aber nicht unbedingt gehört haben. Die VfL-Kurve ganz in Lila-Weiß und mit dem großen VfL-Emblem, dazu die Erinnerung daran, dass es den Verein schon seit 1899 gibt.“
(Aus dem Bericht zum 0:0-Hinspiel vor 37.600 Zuschauern, darunter 6.000 Osnabrücker)
Nun aber ein herzliches Willkommen zum ersten Geisterspiel in der Geschichte der Bremer Brücke
Der VfL hatte Anstoß und die ersten Minuten plätscherten unaufgeregt dahin. Dann ein Paukenschlag in der 6. Minute. Amenyido wird von Kaiser hinter der Strafraumlinie klar gefoult. Keine Diskussionen. Den Elfmeter verwandelt Ceesay mit einem Linksschuss knapp neben dem rechten Pfosten. Zieler war sogar noch dran, konnte den platziert geschossenen Ball aber nicht mehr abwehren. Immerhin das erste Ceesay-Tor für den VfL.
Nur fünf Minuten später der Ausgleich: Eine Freistoßflanke von Kaiser köpft Giudetti aufs Tor, den Ball lenkt van Aken unglücklich mit dem Kopf weiter ins Netz. Unhaltbar für Kühn.
In den nächsten Minuten erarbeitete sich der VfL ein Übergewicht an Chancen.
In der 19. Minute zieht Heyer vom Strafraumeck ab, der wuchtige Schuss streift knapp am langen Pfosten vorbei. In der 28. Minute schießt Taffertshofer aus 18 Metern, der Ball landet allerdings weit über dem Tor. Zwischendurch immer wieder Konter der Hannoveraner, die jedoch allesamt verpuffen oder spätestens von Kühn entschärft werden.
Fazit zur Halbzeit
In der 41. Minute setzte für drei Minuten ein heftiger Platzregen ein, den die Spieler besser wegsteckten als die schreibende Zunft auf der Pressetribüne.
Aber egal: Der VfL hatte zwar mehr Spielanteile, doch die spielerische Qualität der 96er blitzte immer wieder auf. Im Grunde ein leistungsgerechtes Unentschieden, dennoch hätten sich die Hannoveraner über eine 2:1 Führung des VfL, der in einem stets spannenden Spiel bislang eine engagierte Leistung bot, nicht beschweren können.
Tipp: Die Halbzeitgedanken, eine Melange aus Hintergrundinformation und Kommentar, erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Sie fallen hin und wieder recht knapp, manchmal aber auch sehr ausführlich aus. Wem das Lesen der Halbzeitgedanken zu mühselig und informativ ist: Ganz einfach weiter nach unten scrollen, dort geht es dann mit dem aktuellen Spielbericht weiter.Halbzeitgedanken: Dazu gehörende Halbzeitgedanken: Zum Spiel gehörende Halbzeitgedanken: Abschweifende Halbzeitgedanken: Noch abschweifendere Halbzeitgedanken: |
Beide Mannschaften gingen unverändert in die zweite Halbzeit
Beide Mannschaften begannen die zweite Hälfte unverändert und spielten nun auf ihre jeweiligen verwaisten Fankurven zu.
Der VfL eröffnete die zweite Hälfte erneut mit einem Paukenschlag: Nach einer Ballstafette über Amenyido, Ceesay und Taffertshofer landet das Kunstleder erneut bei Amenyido, der mit einem Schuss ins lange Eck Zieler zum 2:1 keine Chance lässt.
In der 58. Minute der spielentscheidende Doppelwechsel bei 96: Für Teuchert kam Ducksch und Giudetti wurde durch Weydant ersetzt.
Hannover wurde nun aggressiver und nach einem katastrophalen Fehlpass von Schmidt kommt Ducksch an den Bal, spielt auf Maina weiter, dessen Schuss aber von Trapp geblockt werden kann. In der 67. Minute gleich zwei Doppelwechsel: Auf Osnabrücker Seite kommen Álvarez und Heider für Schmidt und Ceesay in die Partie.
Die grausame Schlussviertelstunde
Als der VfL das Spiel zu diesem Zeitpunkt recht gut unter Kontrolle hat, foult Amenyido den vorbeistürmenden Haraguchi und Ducksch verwandelt in der 75. Minute den berechtigten Elfmeter zum 2:2.
Eine Minute später läutet Álvarez mit einem tollen Freistoß aus 25 Metern die Schlussviertelstunde ein. In dieser Phase nahm das Spiel noch einmal Fahrt auf, leider nur auf Seiten der 96er.
80. Minute: Weydant passt von rechts quer durch die Beine von van Aken auf Ducksch, der den Ball ohne Mühe in den rechten Winkel setzt, wobei die VfL-Abwehr fast teilnahmslos zuschaute. Spielstand 2:3.
Fünf Minuten später schlängelt sich Haraguchi ungehindert, als wären die VfL-Spieler Pappkameraden, durch die Osnabrücker Abwehr hindurch und versenkt den Ball zum 2:4-Endstand. Die drei zusätzlichen Wechsel auf Seiten des VfL in der 86. Minute brachten keine Verbesserung mehr – ganz im Gegensatz zu den Einwechslungen von Ducksch und Weydant in der 58. Minute auf 96er Seite.
Fazit
Das Spiel begann gut für den VfL und endete grausam, als die Osnabrücker in der Schlussviertelstunde die Hannoveraner zum munteren Toreschießen einluden.
Am kommenden Dienstag muss der VfL nun die weite Reise zur SpVgg Fürth antreten. Sollte der VfL dort punkten, könnte er einen Hauch entspannter in die danach folgenden Auswärtsspiele gehen, zumal mit dem VfB Stuttgart und dem HSV demnächst zwei Aufstiegsfavoriten auf ihn warten. Dazwischen gibt es die Heimspiele gegen Regensburg und Bochum, von denen endlich auch mal eins gewonnen werden muss.
So oder so: Der VfL steckt nun mitten im Abstiegskampf.
Zahlen, Daten & FaktenZuschauer: 200, davon 100 im Innenraum und 100 auf dem Tribünen, weitere 100 Ordnungskräfte außerhalb des Stadions. Tore: Gelbe Karten: VfL: Kühn – Heyer (86. Girth), van Aken2, Trapp – Ajdini, Taffertshofer (86. Pulido), Blacha, Agu (86. Henning) – Amenyido, Schmidt (67. Álvarez) – Ceesay (67. Heider) Hannover 96: Zieler – Korb, Hübers, Elez, Horn – Anton, Kaiser (67. Prib) – Maina (67. Maina), Haraguchi (90. Bakalorz) – Guidetti (58. Weydandt), Teuchert (58. Ducksch) Schiedsrichter: Sven Jablonski (Bremen) |
Tabellarisches
Der VfL eroberte sich vor dem Spiel mit der Durchschnittsnote 3,31 den zweiten Platz in der Kickerformtabelle zurück, wohingegen Hannover 96 auf dem vorletzten Tabellenplatz mit 3,75 stand.
Tatsächlich trat der VfL als Tabellendreizehnter des 26. Spieltags gegen den elften aus Hannover an. Beide Teams trennten vor dem Spiel gerade mal zwei Punkte voneinander.