Der VfL holte in einem hart umkämpften Spiel gegen den SV Darmstadt 98 verdient einen Punkt, der für die allgemeine Gemütslage nach zwei Niederlagen sicherlich mehr als wertvoll sein dürfte.
Vor dem Spiel (dazu auch unser Podcast)
In Anspielung auf Darmstadts Stürmer Serdar Dursun, der in dieser Saison bereits acht Tore erzielt hat, und Spielmacher Tobias Kempe meinte Thioune vor dem Spiel: „Sie haben einen physischen Angriff, da müssen wir uns erst mal wieder wehren, bevor wir zum Fußballspielen kommen. Darmstadt hat zu Hause erst zwei Spiele verloren, eins im Pokal, eins in der Liga. Das wird eine Herausforderung.“ Und weiter: „Genau gegen Gegner wie Darmstadt müssen wir Punkte einsammeln. Dann halten wir sie auf Distanz.“
Sicherlich erinnern sich noch alle gern an den sensationellen 4:0 Sieg im Hinspiel.
Klar war aber auch, dass der VfL bei einer Niederlage unverhofft in den Abstiegsstrudel hätte geraten können.
Eine Anmerkung vorweg: Aufgrund der aktuellen Diskussion um die Aktion der aktiven Fanszene während des letzten Heimspiels gibt es morgen einen ausführlichen Kommentar.
Beginn
Bei zehn Grad und leichtem Nieselregen hatte Darmstadt Anstoß und der mit etwa 666 Fans gut gefüllte lila-weiße Block bestätigte seine Herkunftsgarantie auf riesigen Transparenten „Wir kommen aus Osnabrück“ (A watt …) und warb mit drei liebevoll gestalteten Altstadtmotiven für die schönste Stadt der Welt.
Der VfL am Drücker
Der VfL übernahm sofort das Kommando. Gleich in der ersten Minute zieht Álvarez aus gut 25 Metern ab und Schuhen kann den Ball nur zur Ecke klären. Der VfL blieb am Drücker, wobei sich die Darmstäder insbesondere durch ihre harte Gangart auszeichneten.
In der zehnten Minute ein über mehrere Stationen herrlich vorgetragener Angriff: Taffertshofer passt zu Agu, der im Strafraum auf Girth weiterleitet, der seinerseits auf den besser positionierten Ouahim zurückspielt, dessen Schuss allerdings zu schwach ist. Dieser Angriff wie aus dem Bilderbuch wäre allein ein Tor wert gewesen.
Darmstadt wird stärker
Zwei Minuten später meldet sich die Heimmannschaft zurück. Kempes wird nach einem Fehler von van Aken von Dursun angespielt und zieht sofort ab, der Ball geht knapp übers Tor.
Gleich darauf lässt Mehlem zwei Gegenspielern stehen, fackelt nicht lange und und schießt aus 15 Metern aufs Tor. Körber pariert den flachen Schuss gekonnt und zeigt auch in nachfolgenden Szenen, dass der VfL kein Torwartproblem hat. Zwar verschätzt er sich in der 32. Minute nach einer Darmstädter Hereingabe beim Herauslaufen, kann seinen Fehler aber mit einer glänzenden Reaktion wieder korrigieren.
In der Schlussviertelstunde wurde die Partie hektischer und der VfL überließ den Lilien fast komplett die Regie …
… und dann das fast unvermeidliche 1:0 für die Darmstädter: Taffertshofer und van Aken behindern sich gegenseitig und Pálsson schnappt sich den Ball, spielt auf engstem Raum auf Dursun, der aus Elfmeterdistanz den Ball links unten im Tor versenkt. Sein neunter Treffer.
Als man um den VfL fürchten musste, melden sich die Lilahemden zurück: Herrmann unterschätzt einen langen Ball und grätscht Agu im Strafraum ab. Für dieses böse Foul hätte Herrmann seine zweite gelbe Karte sehen und somit vom Platz gestellt werden müssen! Eine glatte Fehlentscheidung des Schiedsrichters. Immerhin verwandelt Álvarez den Strafstoß mit der ihm eigenen Routine zum 1:1.
Halbzeitfazit: Glück gehört dazu
Nach gutem Beginn verlor der VfL von Minute zu Minute die Kontrolle über das von beiden Seiten hart geführte Spiel und es war nur eine Frage der Zeit, wann der Führungstreffer für die Heimelf fiel.
Durch einen berechtigten Elfmeter kam der VfL kurz vor Halbzeit zu einem durchaus glücklichen Ausgleich. Die gelb-rote Karte für den Darmstädter Herrmann blieb allerdings aus unerfindlichen Gründen aus, umso verwunderlicher, da der Schiri bereits fünf gelbe Karten für weit geringere Vergehen in der ersten Halbzeit vergeben hatte.
Tipp: Die Halbzeitgedanken, eine Melange aus Hintergrundinformation, Kommentar und einem Hauch Satire, sind für die interessierte Leserschaft mit weiterführenden Links versehen. Wem das Lesen der Halbzeitgedanken zu mühselig ist: Ganz einfach mit der „Als-wenn-ich-das-alles-nicht-schon-längst-gewusst-hätte“-Miene kopfschüttelnd ein Stück nach unten scrollen, dort geht es dann mit dem aktuellen Spielbericht weiter.
Halbzeitgedanken:Den SV Darmstadt 98 kennt jeder Fußballfan und die meisten wissen schon wegen der vierspurigen Autobahn, dass Darmstadt nur 30 Kilometer südlich von Frankfurt liegt. Und sonst so? Darmstadt hat 160.00 Einwohner (100-mal mehr als 1620), eine schöne Kleinkunstbühne namens halbNeun-Theater und ist die Großstadt mit dem höchsten Schuldenstand in Deutschland. Abwegige Halbzeitgedanken:Trotz der fast gleich hohen Einwohnerzahl und einiger anderer Ähnlichkeiten gibt es zu Osnabrück einige gravierende Unterschiede: Man spricht dort Hessisch und hessisch kommt nun mal von „hässlisch“ und Darmstadt liegt nur 15 Kilometer südöstlich von der Kreisstadt Groß-Gerau entfernt, im Volksmund auch „Le Grand Gero“ genannt, dem Ursprung alles „Hässlischen“. Oh, du mein Groß Gerau oder Heimat ist da, wo man sich am liebsten … Oh, du mein Groß-Gerau, du wunderschöne Stadt am … Wenn Hochzeitspaare vor dem Ein-Sterne-Hotel Adler lallen wenn’s rund um die Uhr nach Abgas und Rübenzucker stinkt O, Groß-Gerau, frei bist du von friedlicher Ruh und andren Zwängen, |
Der VfL geht unverändert in die zweite Hälfte
Im Gegensatz zum VfL fand bei den Darmstädtern ein Wechsel statt: Der stark rot gefährdete Herrmann räumte seinen Platz für Rapp.
In der 49. Minute die erste Großchance für die Darmstädter: Kempe wird von rechts angespielt, stürmt in den Osnabrücker Strafraum und zieht aus wenigen Metern ab. Körber kann den Ball reaktionsschnell um den rechten Pfosten zur Ecke abwehren.
Die Darmstädter setzen den VfL nun enorm unter Druck und es folgt eine Ecke nach der anderen, die allerdings allesamt ohne Folgen bleiben. Dennoch kommt der VfL kaum noch zu Entlastungsangriffen.
Platzverweis für Blacha
Das Spiel bleibt hart umkämpft und als der VfL von Glück reden kann, dass die Chancenverwertung der Darmstädter verbesserungswürdig ist, fällt in der 61. Minute fast das 1:2. Nach einer Ecke landet der Ball bei Blacha, dessen direkter Volleyschuss zur nächsten Ecke abgelenkt wird.
Von Aken kommt kurz darauf zum Kopfball und setzt den Ball in der 62. Minute gegen die Querlatte.
Lansgam verdiente sich der VfL zumindest nach diesen beiden Großchancen das Unentschieden, wenn es schon nicht zur Führung reichte.
In der 64. Minute reißt Blacha den gerade eingewechselten Platte um und verhindert so einen Angriff der Darmstädter, die Konsequenz ist die gelb-rote Karte. Umso ärgerlicher, da eigentlich die Darmstädter seit der 43. Minute nur noch zu zehnt auf dem Platz hätten stehen dürfen.
1:2, 2:2, Ende
Wie aus dem Nichts dann das 1:2. Heider stürmt von links heran, passt auf den frei stehenden Girth, der den Ball irgendwie über die Torlinie drückt. Riesenjubel im Osnabrücker Block.
Weniger später die Ernüchterung: Mehlem flankt von links scharf in den Strafraum. Nach einem unglaublichen Tohuwabohu im Fünfmeterraum landet der Ball bei Dursun, dann bekommt Platte das Leder und sein abgefälschter Schuss geht über den am Boden liegenden Körber hinweg ins Netz. Es sollte bei diesem 2:2 bleiben.
Fazit: Alles im Lot …
Der VfL erreicht, am Ende mit nur neun Feldspielern, in einem hart umkämpften Auswärtsspiel mit Glück und Geschick verdient ein Unentschieden. Verdient schon deshalb, weil sich der VfL trotz einer katastrophalen Schiedsrichterleistung nicht hat unterkriegen lassen.
Das Zwischentief nach zwei Niederlagen scheint überwunden zu sein und so kann die Mannschaft relativ entspannt am kommenden Samstag in die Partie gegen den 1. FC Nürnberg gehen.
Zahlen, Daten & FaktenZuschauer: 14.825, davon um die 666 aus Osnabrück Tore: SV Darmstadt 98: Schuhen – Herrmann (46. Rapp), Höhn, Dumic, Holland – Pálsson (81. Schnellhardt), Stark – Skarke (63. Platte), Kempe, Mehlem – Dursun VfL Osnabrück: Körber – Ajdini, Heyer, van Aken, Agu (87. Trapp) – Ajdini, Agu – Taffertshofer – Ouahim (80. Köhler), Schmidt, Blacha, Álvarez (67. Heider) – Girth Schiedsrichter: Lasse Koslowski (32), Berlin Gelb-Rote Karte: |
Tabellarisches
Trotz der bitteren Heimniederlage gegen den SV Sandhausen konnte der VfL vor dem Spiel den zweiten Platz in der allmählich etwas realitätsfern wirkenden Kickerformtabelle (Note 3,19) halten. Der SV Darmstadt 98 stand mit einem Schnitt von 3,63 schon etwas realistischer auf Platz 13.
Die Wahrheit lautet längst anders, denn tatsächlich trat der VfL als Tabellenneunter des 20. Spieltags gegen den Elftplatzierten an, wobei sich beide Teams aufgrund der Ergebnisse der Vortage um jeweils eine Position verschlechterten, getrennt durch immerhin vier Punkte, sodass der VfL Platz zehn auf jeden Fall hätte halten können.
Tatsächlich steht der VfL nun auf Platz acht und Darmstadt auf Platz elf.
Die aktuelle Tabelle:
Titelfoto: Ulrich Taffertshofer und Tobias Kempe (SV Darmstadt 98), Foto: imago images / Jan Huebner