Der VfL holt in einem hektischen Spiel in Karlsruhe einen mehr als verdienten Punkt
Vor dem Spiel
Unvergessen ist das Hinspiel gegen den KSC, das der VfL souverän mit 3:0 gewann. Seither hat sich das Gesicht der Karlsruher Mannschaft allerdings stark verändert: Die Hälfte der heutigen Startfelf stand damals nicht auf dem Platz und der Trainer hieß noch Alois Schwartz und nicht Christian Eichner, der nach zwei Niederlagen – im DFB-Pokal im Elfmeterschießen gegen den 1. FC Saarbrücken und letzte Woche beim HSV – heute seine Heimpremiere hatte.
Daniel Thioune konnte vor dem Spiel wider Erwarten nicht aus dem Vollen schöpfen, denn Körber hatte sich an der Hand verletzt und so kam es zum erneuten Bäumchen-wechsel-dich-Einsatz im Tor: Philipp Kühn kehrte nach seiner Ampelkarte gegen Darmstadt in die Startelf zurück. Ceesay stand zum ersten Mal in der Startelf, für ihn saß Marcos Álvarez auf der Bank, umso überraschender, da Ouahim und Amenyido verletzungsbedingt fehlten.
Zu Beginn ein zähes Ringen beider Mannschaften um jeden Meter …
Für alle Klimaleugner: Bei für den Februar typisch frühlingshaften Temperaturen um die 15 Grad und heftigen Windböen hatte der VfL im weißen Auswärtstrikot Anstoß. Nach fünf Minuten ein erster guter Angriff der Karlsruher: Gordon spielt Gueye im 16er an, der passt kurz vor der Torauslinie zurück auf den Elfmeterpunkt. Lorenz kommt nicht richtig an den Ball und knallt mit Heyer und van Aken zusammen. Alle drei bleiben liegen und müssen behandelt werden. Lorenz verletzt sich dabei ernsthafter und wird einige Minute nach diesem Vorfall ausgewechselt.
Die erste Viertelstunde ist von Unterbrechungen und energischen Zweikämpfen geprägt, wobei der VfL, wenn auch nur verhalten, den spielerisch reiferen Eindruck hinterließ.
Der VfL zunächst stärker, dann das Drama um Ceesay …
In der 16. Minute ein Kracher von Ajdini aus 22 Metern, den Uphoff mit der Faust über die Latte hinweg zur Ecke klären kann. Kurz darauf versucht es Blacha, dessen Fernschuss das Tor aber weit verfehlt.
In der 29. Minute rote Karte für Ceesay!
In meinen Augen zu unrecht. Ceesay will nach einer Ecke im Strafraum aus der Drehung heraus den Ball klären. Carlson taucht mit tiefem Kopf zum Ball, Ceesay trifft ihn dabei versehentlich, zumal er ihn gar nicht heraneilen sehen konnte. Carlson wird dabei so schwer verletzt, dass auch er vom Platz muss, für den Kobald ins Spiel kommt. Das Vergehen war allerdings nicht das „hohe Bein“ von Ceesay, sondern das gefährliche Spiel von Carlson, namentlich Selbstgefährdung wegen „Kopf zu tief“.
In der 34. Minute dann nach einer fünfminütigen Behandlungspause – gute Besserung an Carlson – der Elfmeter durch Wanitzek.
Kühn wartet lange und klärt im Fallen mit dem Fuß. Ein neues Kapitel kann der schier unglaublichen Kühn-Story hinzugefügt werden.
Nach dem Elfmeter kommt Karlsruhe von Minute zu Minute stärker ins Spiel.
Kühn will den Ball nach einer Ecke aus der Luft pflücken, patzt dabei und kann von Glück reden, dass Pisot nicht zum Abschluss kommt. Auch ein Kühn macht mal Fehler.
Dann die Führung der Karlsruher: Hofmann wird von Gugganig nicht energisch genug im Strafraum gestört und erzielt mit einem unhaltbaren Flachschuss mit dem Halbzeitpfiff das 1:0 für Karlsruhe.
Halbzeitfazit:
Der VfL war bis zur 29. Minute die spielerisch bessere Mannschaft und schien das Spiel immer mehr in den Griff zu bekommen. Bis dahin verpufften die Angriffe der Karlsruher. Dann der Bruch im Osnabrücker Spiel durch den unberechtigten Elfmeter und einen Platzverweis, der nicht hätte sein dürfen. Die Frage, die sich nun stellte, war, ob der VfL in Unterzahl noch mal ins Spiel zurückfinden könnte.
Tipp: Die Halbzeitgedanken, eine Melange aus Hintergrundinformation und Kommentar, erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Sie fallen hin und wieder recht knapp, manchmal aber auch sehr ausführlich aus. Wem das Lesen der Halbzeitgedanken zu mühselig ist: Ganz einfach mit der „Als-wenn-ich-das-alles-nicht-schon-längst-gewusst-hätte“-Miene kopfschüttelnd weiter nach unten scrollen, dort geht es dann mit dem aktuellen Spielbericht weiter.Halbzeitgedanken: Höchst erfreuliche Halbzeitgedanken zu einem unerfreulichen Anlass: Nicht ganz abwegige Halbzeitgedanken: Nostalgische Halbzeitgedanken 1: Nostalgische Halbzeitgedanken 2 (Nachschlag): |
Beide Teams gingen unverändert in die zweite Hälfte
Karlsruhe nahm nach den zwei verletzungsbedingten Auswechslungen verständlicherweise keine weitere Veränderung vor, beim VfL stand nach dem Platzverweis von Ceesay nur noch die „Startzehn“ auf dem Platz.
Der KSC machte da weiter, wo er nach dem Elfmeter angefangen hatte und der VfL, der natürlich versuchte, den Ausgleich zu erzielen, öffnete dadurch die Räume.
Dennoch wurde der VfL wieder stärker und schien dem 1:1 näher als der KSC dem 2:0. In der 60. Minute wird das 1:1 durch Heyer nach einem schönen Angriff wegen Abseits nicht anerkannt, leider zurecht.
Mit nur zehn Mann an Bord übernahm der VfL das Kommando
Das Spiel blieb zerfahren, wurde ständig unterbrochen und man merkte beiden Mannschaften an, dass es um viel ging. Der VfL wirkte dabei nervenstärker und war auch mit einem Mann weniger auf dem Feld die bessere Mannschaft.
So flankt der nimmermüde Heyer in der 69. Minute von rechts halbhoch in den Torraum, doch Schmidt verpasst die riesige Chance zum 1:1.
Und immer wieder liegen Spieler auf dem Rasen.
Der VfL bemüht sich nach Kräften und mit der Einwechslung von Álvarez kommt mehr Leben ins Angriffsspiel. Das 1:1 liegt die ganze Zeit in der Luft. Schmidt und Heyer treiben den VfL immer wieder nach vorn, als spiele der VfL in Überzahl und nicht der KSC.
Symptomatisch für die Hektik im Spiel: Als sich in der 81. Minute Gugganig und Camoglu sinnlos um den Ball streiten, erhalten beide Gelb. In der 85. Minute muss Marc Heider nach einem Zusammenprall vom Platz, Girth kommt rein. Die vierte verletzungsbedingte Auswechslung also in diesem Spiel.
In der 90. Minute dann DIE Chance zum 1:1 durch Heyer, der im Torraum aus der Drehung heraus mit dem linken Fuß an den Ball kommt, aber an dem glänzend reagierendem Uphoff scheitert.
Dann der ersehnte Triumph in der 93. Minute. Girth lässt eine Flanke von Schmidt auf Álvarez abprallen, der den Ball gnadenlos in die Maschen setzt. Grenzenloser Jubel bei den Fans und auf der Trainerbank über den hochverdienten Ausgleich.
Was für eine Energieleistung des VfL!
Fazit
Nach einer von Unterbrechungen und Fouls geprägten, aber stets spannenden Partie reißt der VfL in den Schlusssekunden das Ruder herum und kann den Abstand zu den „gefährlichen Plätzen“ dank der Niederlage der Wehener sogar wieder auf sieben Punkte ausbauen. Am Freitag geht es gegen Wismut Aue an der Brücke weiter. Ein Dreier für den VfL ist zwar langsam überfällig, aber diese Mannschaft dürfte mit dem Abstieg bei aller gebotenen Vorsicht ohnehin kaum noch etwas zu tun haben.
Zahlen, Daten & FaktenZuschauer: 12.069, davon 400 aus Osnabrück Tore: KSC: Uphoff – Stiefler, Gordon, Pisot, Carlson (33. Kobald) – Camoglu, Gondorf – Wanitzek, Lorenz (13. Grozurek) – Gueye (64. Fink), Hofmann VfL Osnabrück: Kühn – Heyer, Gugganig, van Aken (70. Álvarez), Agu – Taffertshofer – Ajdini, Blacha (89. Pulido), Schmidt, Heider (85. Girth) – Ceesay (29. rote Karte) Schiedsrichter: Florian Badstübner (Windsbach) Rote Karten: Statistik: |
Tabellarisches
Der VfL hält natürlich den zweiten Platz in der Kickerformtabelle (Note 3,22). Der Karlsruher SC war vor dem Spiel auf Platz 9 mit der Note 3,47.
Tatsächlich trat der VfL als Tabellenneunter des 21. Spieltags gegen den Siebzehnten aus Karlsruhe an, beide Teams trennten sieben Punkte voneinander.
Die aktuelle Tabelle:
Titelfoto: Karlsruher SC – VfL Osnabrück, imago images / Sportfoto Rudel