Die Internationale Straßentransportunion (IRU) zeigt in ihrer jährlichen Umfrage, dass die Zahl unbesetzter Berufskraftfahrerstellen weltweit mit alarmierender Geschwindigkeit zunimmt. Dabei prognostiziert die Union in ihrer jüngsten Studie eine Lücke von 185.000 Fahrern in Deutschland bis zum Jahr 2027.
Wegen des Krieges in der Ukraine verließen 166.000 ukrainische Berufskraftfahrer die EU, um ihre Heimat zu verteidigen. Dies verschärft das Problem des Fahrermangels noch mal zusätzlich. Im Dezember 2021 wurde die Zahl der unbesetzten Stellen in Europa auf 400.000 Menschen geschätzt, jetzt wird der Mangel an Fahrern bereits auf 600.000 geschätzt.
Vor dem Ukraine-Konflikt gab es in Deutschland einen Fahrermangel in Höhe von bis zu 80.000 Lkw-Fahrern. In Großbritannien war die Situation viel schlimmer: 100.000 Arbeitspositionen sind verlassen; in Rumänien – 70.000, Polen – mehr als 120.000.
Polen, Litauen und Rumänien sind unter Druck
Nach dem Abzug der ukrainischen Fachkräfte leiden besonders Polen, Litauen und Rumänien, also die Länder, wo die meisten Berufskraftfahrer aus dritten Ländern arbeiteten. Zur Erinnerung: Von 228.000 Führerscheinen für Nicht-EU-Arbeitnehmer, die Ende 2020 ausgestellt wurden, wurden 103.000 in Polen und 67.000 in Litauen ausgestellt.
In Polen sind fast ein Drittel der im internationalen Güterverkehr tätigen Berufskraftfahrer nicht aus der Europäischen Union. Die meisten davon – etwa 75 Prozent sind Ukrainer. Etwas weniger – 20 Prozent sind LKW-Fahrer aus Belarus.
Einige polnische und litauische Transportunternehmen suchen aktuell die Mitarbeiter auch in den Ländern Zentralasiens oder sogar in Indien und Vietnam. Dazu wird eine beschleunigte Ausbildung und Beschäftigung angeboten.
Sanktionen & geschlossene EU-Außengrenzen
Diese kritische Situation kann durch die heutigen Ereignisse auf dem globalen europäischen Markt ausgeglichen werden: Sanktionen, geschlossene Außengrenzen, Lieferbeschränkungen und Unterbrechungen in Lieferketten. Dies alles führt zu einer erheblichen Reduzierung des Güterverkehrs: Man braucht weniger Transportanbieter, Lastwagen und demgemäß Kraftfahrer.
Nach Statistik überschritten Ende März die Außengrenzen der EU in Polen, Rumänien, Ungarn, Litauen und Estland zu 50 Prozent weniger Lkw als im gleichen Zeitraum vor Beginn des Ukraine-Kriegs. Zuvor fuhren nur über die polnischen Grenzen etwa 160.000 Lkw im Monat.
Über die sinkende Zahl von Lastwagen auf dem Markt berichtet auch Truck1, ein internationaler Marktplatz für gebrauchte Nutzfahrzeuge. Während der letzten Monate inserieren die europäischen Händler etwas weniger Anzeigen von Lkw und Sattelzügen.