Verfassungsrechtliche Experten äußern Bedenken bezüglich einer erneuten Aussetzung der Schuldenbremse aufgrund der Situation in der Ukraine. Sie argumentieren, dass die aktuelle Krise nicht die notwendigen Bedingungen für eine verfassungsrechtliche Haushaltsnotlage erfüllt.
Rechtliche Einschätzung der Aussetzung der Schuldenbremse
Der renommierte Verfassungsrechtler Kyrill-Alexander Schwarz von der Universität Würzburg vertritt die Ansicht, dass der aktuelle Konflikt in der Ukraine nicht die rechtlichen Kriterien einer Haushaltsnotlage erfüllt. „So schwierig die Situation der Ukraine gegenwärtig auch ist, so hat dies nichts mit einer Notlage zu tun, die sich in die verfassungsrechtlichen Kategorien der Haushaltsnotlage einfügen lässt“, sagte Schwarz laut der „Welt“.
Weitere rechtliche Bedenken
Auch der Heidelberger Verfassungsrechtler Hanno Kube äußerte Bedenken und wies auf die verfassungsrechtlichen Grenzen für Notlagenkredite hin: „Notlagenkredite dürfen nur dann aufgenommen werden, wenn sich der Mittelbedarf schockartig auf die Haushaltslage auswirkt“, sagte Kube, der im Vorjahr einer der Prozessbevollmächtigten der CDU/CSU-Fraktion bei der erfolgreichen Klage in Karlsruhe war. Er argumentierte, dass die Kriegskosten in der Ukraine zwar erhebliche Konsequenzen für den Bundeshaushalt haben, jedoch diese Bedarfe langfristig planbar sind und somit in die Haushaltsplanung aufgenommen werden können.
Der Berliner Rechtsprofessor Alexander Thiele betonte die Schwierigkeit einer erneuten Begründung einer Notlage und forderte eine konkrete Verbindung der finanziellen Herausforderungen mit dem Ukraine-Krieg: „Da käme es jetzt entscheidend darauf an, ob es der Regierung gelingt, konkrete finanzielle Herausforderungen in dieser Form mit dem Ukraine-Krieg mehr oder weniger direkt zu verknüpfen“, sagte Thiele, der im Vorjahr bei der Klage in Karlsruhe die Bundesregierung vertrat.
Politische Position zur Schuldenbremse
Trotz verfassungsrechtlicher Bedenken äußerte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ die Notwendigkeit einer erneuten Aussetzung der Schuldenbremse: „Welch größere Notlage sollte es geben als diesen Krieg mitten in Europa? Es wäre fatal, in ein paar Jahren sagen zu müssen: Wir haben die Schuldenbremse gerettet, aber dafür die Ukraine und die europäische Friedensordnung verloren“, so Baerbock.
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