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Undemokratisch und demokratiegefährdend? Neues Zählverfahren benachteiligt kleine Parteien

Der niedersächsische Landtag hat heute mit den Stimmen von SPD und CDU ein geändertes Auszählverfahren für kommunale Gremien beschlossen. Die neue Regelung betrifft die Verteilung der Sitze in Ausschüssen und Aufsichtsräten. Die Osnabrücker Ableger der Oppositionsparteien kritisieren die neue Regelung als undemokratisch, da sie große Parteien einseitig bevorzugen würden.

„Obwohl Grüne von dem neuen Verfahren zum Beispiel in Osnabrück profitieren werden, lehnen wir das Vorhaben ab. Es bevorzugt die größeren Fraktionen einseitig“, sagt Volker Bajus, Grüner Landtagsabgeordneter und Mitglied des Osnabrücker Stadtrates. Er betont: „Ausgerechnet da, wo die eigentliche Arbeit stattfindet, werden die kleinen Fraktionen jetzt untergebuttert. Das untergräbt die Abbildung des Wählerwillens in den Ausschüssen. Zudem drohen Detail-Debatten, die eigentlich in die Fachgremien gehören, jetzt in den Stadtrat oder den Kreistag verlagert zu werden, wo sie die Sitzungen unnötig verlängern. Das ist nicht sinnvoll.“

Änderung mit drastischen Folgen für kleine Parteien

Wie drastisch die Umstellung der bisherigen Regelung bezüglich der Besetzung von Ausschüssen in den Kommunen sei, zeige das Beispiel Osnabrück, heißt es in einer Pressemitteilung der Osnabrücker Grünen: Bisher hätten kleinere Fraktionen in den meisten Gremien Sitz und Stimme. Nach dem neuen Verfahren flögen sie jetzt – bis auf eine einzige Ausnahme – überall raus.

Betroffen von der Neuregelung ist auch die Fraktion der Osnabrücker FDP. Deren Mitglied, Dr. Thomas Thiele, erklärt: „Die Verteilung der Sitze in den Fachausschüssen, also jenen Gremien, in denen der politische Willensbildungsprozess maßgeblich stattfindet, wurde heute von SPD und CDU im Landtag vom bisherigen Verfahren nach Hare-Niemeyer auf das d‘Hondtsche Höchstzahlverfahren umgestellt. Was sich erstmal nach einer rein technischen Angelegenheit anhört, hat jedoch massive Auswirkungen auf die Besetzung der Ausschüsse. Damit hat die Osnabrücker FDP-Fraktion mit drei Ratsmitgliedern trotz besserer Ergebnisse in den Ausschüssen kein Stimmrecht mehr.“

Kommunalverwaltungen werden bunter

Die Osnabrücker Fraktionen von Grünen, Linken, FDP, UWP-Gruppe und Ratsmitglied Nils Ellmers haben deswegen kein Verständnis für die Entscheidung von SPD und CDU auf Landesebene. Bajus sagte dazu, dass klar sei, dass die Zustimmung für die beiden früheren Volksparteien stetig zurück gehe und immer mehr kleinere und örtliche Parteien hinzugewönnen. Von daher würden die Kommunalvertretungen immer bunter. „Das ist aber nun mal Demokratie. Wenn die Bürgerinnen und Bürger diese Parteien wählen, müssen die auch in den Ausschüssen mitbestimmen können. Da war das bisherige Auszählverfahren besser, weil es die Mehrheitsverhältnisse anteilsmäßig und damit gerecht wieder gegeben hat“, sagt Bajus.

Den Verweis auf das sogenannte Grundmandat ohne Stimmrecht, das kleinen Fraktionen in Ausschüssen zusteht, lässt Bajus nicht gelten. Zum einen gelte das nicht für Aufsichtsräte kommunaler Unternehmen, zum anderen mache es einen Unterschied, ob eine Stimme auch gezählt wird. „Nur dann ist auch für die Öffentlichkeit nachvollziehbar, wie eine Fraktion zu einem Thema steht. Auch für die Motivation der ehrenamtlichen Politikerinnen und Politiker ist es wichtig, ob eine Stimme Gewicht hat und vielleicht sogar das Zünglein an der Waage sein kann. Weil diese Gesetzesänderung erst nach der Wahl kommt, bestehen berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit“, sagt Bajus.

FDP-Landtagsfraktion kündigt Klage an

Die Landtagsfraktion der FDP hat daher bereits Klage angekündigt. „Die Bürgerinnen und Bürger haben die kleineren Fraktionen bei der Kommunalwahl, auch die FDP, deutlich gestärkt. Wenn jetzt trotz des Zugewinns an Mandaten das Stimmrecht in den Ausschüssen genommen wird, entwertet die Große Koalition die Stimmen dieser Bürgerinnen und Bürger. Es widerspricht deutlich dem Gerechtigkeitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger, wenige Wochen nach der Kommunalwahl so mit ihren Stimmen umzugehen. Wir hoffen, dass die von der FDP-Landtagsfraktion angekündigte Klage Erfolg hat und das ursprüngliche Auszählverfahren wieder angewendet werden muss“, sagt Thiele.


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