In einem alten Doppeldeckerbus sammelten Aktivisten Unterschriften für das Volksbegehren Artenvielfalt in Niedersachsen. Nun beendete der „OMNIBUS für direkte Demokratie” seine Tour in Osnabrück. In neun niedersächsischen Städten hat der Bus mehr als 4.700 gültige Unterschriften gesammelt. Allerdings es gab nicht nur Zuspruch: Die Landwirtschaft kritisiert das Begehren stark.
Inspiriert wurde die Initiative vom großen Erfolg des Volksbegehren „Rettet die Bienen“ in Bayern und dem Volksbegehren Artenvielfalt in Baden-Württemberg und Brandenburg im Jahr 2019. Vier Wochen fuhr Werner Küppers vom OMNIBUS durch neun Städte in Niedersachsen. Die Tour begann Anfang Juli in Hannover. Über Braunschweig, Delmenhorst, Rotenburg, Verden, Oldenburg, Wilhelmshaven, Vechta endete die Tour nun in Osnabrück. Zum Abschluss der Tour überreichte Werner Küppers über 4.700 Unterschriften an Anne Kura (Bündnis 90/ Die Grünen), Initiatorin des Volksbegehrens. “Der Wunsch nach weitreichenderem Naturschutz war groß, das haben wir auf unserer Tour beim Sammeln der Unterschriften überall in Niedersachsen deutlich gespürt”, berichtet Werner Küppers. „Für die derzeitige Situation mit den coronabedingten Einschränkungen ist das eine super Zahl. Schließlich durften wir nur zu zweit unterwegs sein, normalerweise machen wir das zu fünft.“ Auch Anne Kura stimmt dem zu: „Die Zahl ist auf jeden Fall ein großer Erfolg.“
Volksbegehren für mehr Artenvielfalt
Das Volksbegehren für Artenvielfalt fordert unter anderem mehr Vielfalt in der Landschaft, zum Beispiel durch das Freihalten von mehr Blühflächen oder Ähnlichem. Des Weiterem sollen weniger Pestizide verwendet und ein ökologischer Landbau und nachhaltige Bewirtschaftung gefördert werden. Auch Wiesen sollen als artenreiche Lebensräume erhalten und der Klima- und Naturschutz in den landeseigenen Wäldern priorisiert werden. Das Volksbegehren wird von mehr als 170 Bündnispartnern unterstützt. Mit dabei sind die Grünen, der Deutsche Berufs- und Erwerbs-Imker-Bund e.V. DBIB und der NABU Niedersachsen.
Freiwillige Maßnahmen nicht ausreichend
Anne Kura lobt die Unterstützung durch das OMNIBUS-Team: “Viele Menschen hatten dadurch die Gelegenheit, sich mit ihrer Unterschrift gegen das Artensterben und für bedrohte Tier- und Pflanzenarten in Niedersachsen einzusetzen. Wenn wir jetzt nichts tun, dann drohen unumkehrbare Verluste, mit denen nachfolgende Generationen leben müssen.” Laut Kura hätten freiwillige Maßnahmen in den letzten Jahrzehnten nicht ausgereicht. „Wir brauchen endlich wirksame und verbindliche Regelungen. Deshalb haben wir das Volksbegehren gestartet und einen Gesetzesentwurf für besseren Naturschutz vorgelegt. Nur so ändert sich was.“
Gegenwind aus der Landwirtschaft
Allerdings stieß das Volksbegehren nicht überall auf positive Resonanz. Ein Teil der niedersächsischen Landwirte verursachte viel Gegenwind. „In Verden, Oldenburg Wilhelmshaven und Vechta haben sie uns schon massiv bedrängt und versucht, die Bürgerinnen und Bürger vom Unterschreiben abzuhalten“, erklärt Werner Küppers. „So etwas ist mir in 20 Jahren nicht passiert.“
Kritik von Beteiligten des „Niedersächsischen Weg“
Unter anderem kritisieren Beteiligte des „Niedersächsische Weg“ das Volksbegehren. Der „Niedersächsische Weg“ ist eine Rahmenverbindung aus Landwirtschaft, Politik und Umweltverbänden, um das niedersächsische Natur- und Wassergesetz zu ändern. Demnach würde gemeinsam die optimale Lösung für Natur und Landwirtschaft in Sachen Artenvielfalt, Gewässerschutz und Erhalt der Kulturlandschaft erreicht werden. In einem Schreiben heißt es: „Den Landwirten zeichnet das Volksbegehren einige Sorgenfalten auf die Stirn. Die Ausrichtung scheint dieselbe wie beim „Niedersächsischen Weg“ aber ohne jegliche Beteiligung der Gruppen, die angedachte Maßnahmen und Gesetze zu tragen haben.“ Die tägliche Arbeit der Landwirte würde so stark eingeschränkt und unwirtschaftlich werden, dass familienbetriebene Höfe keine Zukunft mehr in ihrer Arbeit sehen. Das Mitwirken der NABU sowohl beim Niedersächsischen Weg”, als auch beim Volksbegehren, irritierte die Beteiligten der Rahmenverbindung. „Dass der NABU sowohl beim ‚Niedersächsischen Weg’, als auch im Volksbegehren aktiv beteiligt ist, verwirrt uns”, erklärt Vanessa Conrad vom Hauptverband des Osnabrücker Landvolkes.
610.000 gültige Unterschriften benötigt
In der ersten Phase – die von Anfang Juli bis Ende November geht – benötigt das Begehren 25.000 Unterschriften. Insgesamt benötigt das Volksbegehren etwa 610.000 Unterschriften, damit der Landtag über das Gesetz für mehr Tier und Pflanzenschutz in Niedersachsen entscheiden muss. Falls der Landtag die Forderung ablehnt, kommt es zum Volksentscheid. Anne Kura und Werner Küppers sind zuversichtlich. „Die Erfahrungen in Bayern, Baden-Württemberg und Brandenburg geben uns ein gutes Gefühl”, erklärt Kura. „Überall dort wurde ein Vielfaches des Erforderlichen erreicht.”