Der Nikolaus hat in diesem Jahr wohl verschlafen.
Im HASEPOST-Adventskalender erwartet unsere Leserinnen und Leser täglich bis zum 24. Dezember abwechselnd entweder eine fortlaufende Osnabrücker Weihnachtsgeschichte oder das Weihnachtsfest einer anderen Kultur. Wir wünschen euch (trotz aller Krisen) eine schöne und besinnliche Zeit!
Der Nikolaus verspätet sich bei den Bremkers
Die Adventszeit ist vermutlich die Zeit, in der Lillie am wenigsten schläft und am schnellsten aus dem Bett kommt. So auch an Nikolaus. Um 5 Uhr wacht das kleine Mädchen auf und ist hellwach. Ob wohl schon etwas in ihrem Puschen steckt? Auf leisen Sohlen, um niemanden zu wecken, macht sie sich auf den Weg ins Wohnzimmer. Mittlerweile hat sie es raus, welche Treppenstufe knatscht. Diese überspringt sie gekonnt mit ihren kleinen Füßen.
Gut, dass Mama immer ein kleines Licht im Flur anlässt, denkt sich Lillie. Ansonsten wäre sie vermutlich kopfüber die Treppe heruntergefallen. Unten angekommen knipst sie die Stehlampe neben dem Ohrensessel an. Ihr Puschen steht – wie es sich gehört – vor dem Kamin und ist – leer. „Leer?“, entfährt es Lillie. Enttäuscht tritt sie näher an ihren Puschen heran, hebt ihn hoch und schüttelt ihn in der Hoffnung, dass doch noch etwas herauspurzelt. Vergeblich. Mit gesenktem Kopf macht sie sich wieder auf den Weg nach oben, nachdem sie die Lampe ausgeschaltet hat. In ihrem noch warmen Bett angekommen wälzt sie sich unruhig von einer Seite auf die andere. Hat der Nikolaus mich vergessen? Über ihr Grübeln hinweg schläft Lillie noch einmal ein.
Als sie ein paar Stunden später wach wird, ist es draußen bereits hell, aber Lillie hat keine Lust, aufzustehen. Wenn der Nikolaus nicht an mich denkt … Genau in diesem Moment ruft Bärbel von unten: „Lillie, willst du nicht langsam mal aufstehen? Der Nikolaus war da!“ Hatte sie sich gerade verhört? „Lillie“, ruft ihre Mutter noch einmal. Langsam macht sie sich auf den Weg ins Wohnzimmer. Bärbel wartet bereits am Treppenabsatz. „Bist du denn gar nicht neugierig?“, fragt sie Lillie, die ein trauriges Gesicht zieht.
„Wieso sollte ich? Der Nikolaus hat mich doch eh vergessen!“
„Warum denn das?“
„Als ich heute morgen wach geworden bin und nachgesehen habe, war er noch nicht da. Also hat er nicht an mich gedacht …“
Bärbel kann ihre Gesichtszüge noch schnell unter Kontrolle bringen, bevor Lillie sie anschaut. Denn sie hatte erst nachdem sie aufgestanden war, Lillies Puschen gefüllt. Im nächsten Jahr will sie früher daran denken, denn die Tradition und den Glauben möchte sie für Lillie so lange wie möglich aufrecht erhalten. „Da ist er wohl bei den Nachbarn aufgehalten worden, ich habe ihn heute morgen gehört“, sagt sie schnell.
„Echt?“, fragt Lillie überrascht und schaut sie mit großen Augen an.
„Ja, denn jetzt ist dein Puschen ja gefüllt.“
Schnell läuft Lillie zu ihrem Hausschuh und tatsächlich – allerhand Süßes, ein paar Nüsse und ein Tonie (Hörspiel-Figur) stecken in ihrem neu inspirierten Stiefel. Strahlend schaut sie zu ihrer Mutter hoch: „Und ich habe mir schon so große Sorgen gemacht, dass der Nikolaus böse auf mich ist.“
Mehr von Lillie gibt es in Türchen 10 wieder zu lesen.