Auch Puschen reichen dem Nikolaus.
Im HASEPOST-Adventskalender erwartet unsere Leserinnen und Leser täglich bis zum 24. Dezember abwechselnd entweder eine fortlaufende Osnabrücker Weihnachtsgeschichte oder das Weihnachtsfest einer anderen Kultur. Wir wünschen euch (trotz aller Krisen) eine schöne und besinnliche Zeit!
Nikolausvorbereitungen bei den Bremkers
Jeden Morgen, wenn Lillie die Treppe hinunter läuft, wird ihr Grinsen mit jeder Stufe breiter. Denn der geschmückte Weihnachtsbaum wird mit jedem Schritt größer und größer. „In diesem Jahr ist er uns echt besonders gut gelungen“, sagt sie gerade zu ihrer Mutter, als es an der Tür klingelt. Huch, erwarten wir jemanden?
Bärbel geht langsam zur Tür, Lillie folgt ihr. Vor der Tür steht eine Handvoll Kinder mit großen roten Mützen und flauschigen weißen Bärten. „Ho, ho, ho“, rufen sie im Chor.
„Ach, euch habe ich ja ganz vergessen“, sagt Bärbel und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Sie dreht auf dem Absatz um und läuft in die Küche. Dort hören Lillie und die verkleideten Nikoläuse eifriges Klappern. Nur ein paar Sekunden später kommt Bärbel mit einer prall gefüllten Schale wieder.
„Bedient euch“, sagt sie und hält den Mini-Nikoläusen die Schale hin. Das lassen sie sich nicht zweimal sagen und greifen mit ihren kleinen Fingern gierig nach der Schokolade. Nachdem sie ihre Beute in den Jutesäcken verstaut und sich überschwänglich bedankt hatten, zogen sie zum nächsten Haus.
„Was war das, Mama?“, fragte Lillie.
„Stimmt, das hast du in den letzten beiden Jahren ja gar nicht mitbekommen“, fällt Bärbel ein. „Das ist der Nikolausumzug. Ich habe auch erst hier gelernt, was das ist. Da verkleiden sich die Kinder als Nikoläuse und gehen wie an Halloween von Haus zu Haus, um Süßigkeiten zu sammeln.“
Lillies Augen fangen an zu leuchten. „Darf ich das im nächsten Jahr auch machen?“
Insgeheim verdrehte Bärbel die Augen. Das hatte ihr gerade noch gefehlt, noch mehr Stress in der Vorweihnachtszeit. Denn alleine wollte sie Lillie noch nicht loslaufen lassen. „Da sprechen wir im nächsten Jahr noch mal drüber.“
„Och, Mama“, sagte Lillie enttäuscht und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Jetzt mach dich erst mal fertig, wir wollen gleich zu Oma.“
Lillie war schon auf dem Weg nach oben, als ihre Mutter ihr hinterher rief: „Hast du deinen Stiefel auch geputzt?“
Oh Mist, das hatte Lillie total vergessen. Morgen war ja Nikolaus und einen Stiefel durfte sie immer bei Oma vor den Kamin stellen und einen zuhause.
Sie springt eifrig die letzten Stufen hoch und sucht ihre Lieblingsstiefel. Beide dreckig. Rasch schlüpft sie in ihre Kleidung, putzt grob die Zähne und bürstet sich die Haare. Dann heute mal anders, sagt sie zu sich selbst und schnappt sich einen ihrer Hausschuhe. Als sie unten ankommt, wartet ihre Mutter schon ungeduldig auf sie. „Bist du fertig?“
„Ja“, sagt Lillie und hält ihr ihren Puschen stolz vors Gesicht.
„Was willst du denn damit?“
„Das ist mein Stiefel dieses Jahr.“
Ungläubig blinzelt Bärbel ihre Tochter an und bricht dann in ein herzhaftes Lachen aus. Manchmal muss man Traditionen eben neu interpretieren.
Mehr von Lillie gibt es in Türchen 8 wieder zu lesen.