Lillies Kugel bekommt einen Ehrenplatz am geschmückten Baum.
Im HASEPOST-Adventskalender erwartet unsere Leserinnen und Leser täglich bis zum 24. Dezember abwechselnd entweder eine fortlaufende Osnabrücker Weihnachtsgeschichte oder das Weihnachtsfest einer anderen Kultur. Wir wünschen euch (trotz aller Krisen) eine schöne und besinnliche Zeit!
Gute alte Traditionen bei den Bremkers
Jetzt kann sich Lillie nicht mehr halten. So schnell wie möglich sollen die Kugeln an den Baum. Doch dafür muss sie mit ihrer Mutter erst einmal auf den Dachboden steigen. Also heißt es wieder Treppe rauf und zurück zu ihrem Zimmer. Denn vor ihrem Eingang befindet sich die unscheinbare Luke, die auf den Dachboden führt. Ehrlich gesagt gruselt sich Lillie ein wenig vor dem offenen, dunklen Schlot in der Decke, aber die Freude aufs Schmücken überwiegt. Kaum ist die Leiter unten und das Licht angeschaltet, flitzt sie die Treppe hinauf und steuert zielstrebig auf einen Einbauschrank zu. Sie hört Bärbel hinter sich leise stöhnend die Treppe hinaufsteigen. Als sie nach dem Türknauf greift und mit Kraft die klemmende Tür in ihre Richtung zieht, hat auch Bärbel den Dachboden erreicht und kann gerade noch mit ansehen, wie sich der gesamte Weihnachtsschmuck auf Lillie ergießt. Das hat ja gerade noch gefehlt.
„Hilfe!“, hört sie Lillies erstickte Stimme unter der Masse an Weihnachtsdeko. Sie schaufelt ihren Kopf frei und die beiden brechen in prustendes Gelächter aus. Mit einem bestimmten Griff befreit Bärbel das Mädchen aus der Weihnachtslawine. Mindestens sechs Mal müssen die beiden jeweils laufen, um die Berge an Deko ins Wohnzimmer zu befördern. Geschafft.
In einer Box entdeckt Lillie den jährlichen Schmückstarter, eine lange Lichterkette mit täuschend echten Kerzen. Und – wie alle Jahre wieder – verbringen Mutter und Tochter knapp zehn Minuten damit, sie zu enttüdeln. Nachdem der nervenraubende Teil überwunden war, kam der kreative Teil, auf den sich Lillie immer am meisten freute. Während Bärbel die Lichterkette rund um den Baum in den Tannenzweigen verwob, griff das kleine Mädchen beherzt in die prall gefüllten Kisten voller Weihnachtskugeln.
„Hast du dir schon zwei Farben ausgesucht?“, fragte Bärbel ihre Tochter. Diese schaute noch ein wenig unentschlossen zwischen den Kisten hin und her. Sie zog eine goldene und eine rote Kugel hervor.
„Ich glaube, ich will es dieses Jahr ganz klassisch“, erklärt sie ihre Wahl.
„Na gut, wie du willst. Mein Wunsch sei dir Befehl“, witzelt Bärbel und deutet einen Knicks an, was wiederum Lillie zum Lachen bringt.
Erst jetzt fällt ihr die Stille auf. „Mama, wir haben die Musik ganz vergessen.“
„Stimmt.“
„Darf ich?“, fragte Lillie und deutete auf „Alexa“.
„Aber sicher.“
„Alexa, spiele ‚O Tannenbaum'“. Wenn das damals bei uns schon so einfach gewesen wäre.
Mit musikalischer Unterhaltung von Klassikern wie „Last Christmas“ bis hin zu „In der Weihnachtsbäckerei“ verbrachten sie den halben Vormittag damit, den Baum nach ihren Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Einen Ehrenplatz fand Lillies neue Kugel, die den anderen Kugeln schlicht und einfach die Show stahl. Zufrieden blicken die beiden auf den Baum. „Er ist wunderschön“, sagt Bärbel.
„Das finde ich auch“, pflichtet Lillie ihr bei.
Na, dann kann es ja jetzt mit dem klassischen 1. Dezember-Ritual weitergehen.
Mehr von Lillie gibt es in Türchen 6 wieder zu lesen.