Lillies traditioneller Adventskalender
Im HASEPOST-Adventskalender erwartet unsere Leserinnen und Leser täglich bis zum 24. Dezember abwechselnd entweder eine fortlaufende Osnabrücker Weihnachtsgeschichte oder das Weihnachtsfest einer anderen Kultur. Wir wünschen euch (trotz aller Krisen) eine schöne und besinnliche Zeit!
Dezemberanfang im Hause Bremker
Lillie schlägt die Augen auf und reißt die Decke hoch. Eine kalte Brise zieht unter ihren wohlig warmen Schlafmantel, eine Gänsehaut fährt ihr über die nackte Haut. Doch das bemerkt sie kaum, so aufgeregt ist sie. Heute ist der 1. Dezember! Sie springt aus dem Bett, schlüpft in ihre Puschen und rennt mit donnernden Schritten die alte Holztreppe hinunter ins Wohnzimmer. Hier hat ihre Mutter bereits einen Weihnachtsbaum aufgestellt. Sie pflegt stets zu sagen: „Man kann sich nie zu früh auf die Weihnachtszeit freuen.“
Lillie darf heute endlich mithelfen, den Baum zu schmücken. Auf dieses Event freut sie sich das ganze Jahr, denn es ist ihre besondere Familientradition.
„Mama“, grölt sie durchs Wohnzimmer. „Mama!“
„Ja, was ist denn?“, fragt diese genervt und steckt den Kopf aus der Küchentür. Sie wischt sich an einem schmuddeligen Geschirrhandtuch die Finger ab.
„Können wir jetzt endlich loslegen?“ Lillie kann es kaum erwarten.
„Erstmal gibt es Frühstück für dich. Ich habe etwas ganz Besonderes gemacht.“
Etwas ganz Besonderes, wundert sich Lillie. Was kann das bloß sein?
Wortlos dreht sich Mama Bärbel auf dem Absatz um und geht zurück in die Küche. Das kleine blonde Mädchen folgt ihr auf dem Fuß. Von der Tür aus linst sie auf die Arbeitsfläche, die sie noch nicht ganz überragt. Auf dem Herd stehen zwei bunte Töpfe. Was kann da wohl drin sein?
Als Bärbel einen Deckel anhebt, entweicht eine große Dampfwolke und mit ihr der himmlische Duft nach Zimt. „Setz dich schon mal“, sagt sie zu Lillie. Diese tat wie ihr geheißen, konnte ihre Füße aber kaum stillhalten, weil sie so neugierig war. Eigentlich gab es sonst immer Toast, vielleicht auch mal Müsli. Mit einem großen Löffel befüllt die hochgewachsene Frau einen tiefen Teller und stellt sich dabei so in Lillies Sichtfeld, dass sie nicht erkennen kann, was ihr da gleich serviert wird. Mit Schwung dreht sie sich um und stellt vor Lillie einen herrlich duftenden Milchreis ab. „Wow, danke, Mama!“ Eifrig will sie schon nach dem Löffel greifen, als ihre Mutter noch rechtzeitig rufen kann: „Achtung, heiß!“
Über das leckere Frühstück hatte Lillie glatt vergessen, das erste Türchen ihres Adventskalenders zu öffnen. Das holt sie jetzt nach. Gestärkt macht sie sich auf, zurück ins Wohnzimmer. Dort hängt an einer Wand ein Modell in Tannenbaumform. Ihre Mutter hatte ihr erzählt, dass sie diesen bereits als Kind jedes Jahr von ihrer Mutter gefüllt bekommen hatte. Ich glaube, Traditionen sind was Gutes. Mittlerweile wusste sie auswendig, wo am Baum sich welche Zahl versteckte. Immerhin ist es schon das fünfte Jahr, in dem sie die Adventszeit erlebt. Und im ersten Türchen befand sich eine bunte Christbaumkugel, die schillernd in ihrer Hand reflektierte, sobald sie sie im Licht drehte. Na, dann kann das Schmücken ja losgehen!
Mehr von Lillie gibt es in Türchen 4 wieder zu lesen.