Päckchen
Im HASEPOST-Adventskalender erwartet unsere Leserinnen und Leser täglich bis zum 24. Dezember abwechselnd entweder eine fortlaufende Osnabrücker Weihnachtsgeschichte oder das Weihnachtsfest einer anderen Kultur. Wir wünschen euch (trotz aller Krisen) eine schöne und besinnliche Zeit!
Bei den Bremkers ist Einpacken angesagt
Lillies Mundwinkel müssten ihr eigentlich schon schmerzen, so lange zieht sie diese bereits nach oben. “Es war so schön gestern, Mama”, sagt sie und schaut dabei ihrer Mutter zu, die die letzten beiden Keksdosen im Schrank verstaut. “Es ist toll, etwas Gutes zu tun.”
Bärbel dreht den Kopf zu Lillie, während sie die Schranktür schließt und lächelt sie voller Stolz an. “Ja, das ist es allerdings!”
Gestern waren sie mit Oma Gerda in der Wärmestube und haben dort ausgeholfen. Bereits im letzten Jahr haben sie heißen Tee und Suppe verteilt und ihre Plätzchen dort angeboten. Der Ort, kurz vor den Toren der Osnabrücker Altstadt, war ein beliebter Anlaufpunkt für Wohnungslose bei der derzeitigen klirrenden Kälte. Doch durch die Energiekrise zieht es derzeit auch einige Ältere dort hin oder eben diese, die nicht so viel haben, sich Gesellschaft wünschen oder einfach einmal tief durchatmen können, weil sie nicht an ihre horrende Heizkostenrechnung denken müssen. So viel Dankbarkeit hatte Lillie noch an keinem anderen Ort bemerkt. Alle waren gut gelaunt und genossen die Gespräche und die beheizten Räume, obwohl dort alle ihre eigenen Päckchen zu tragen hatten.
Apropos Päckchen: Lillie hatte in diesem Jahr zum ersten Mal selbst etwas verschenken wollen, auch wenn sie wusste, dass der Weihnachtsmann ihre Liebsten nicht vergessen würde. Und auch Bärbel hatte einiges zu verpacken, regelmäßig machten sie bei einer Aktion der örtlichen Hilfsorganisationen mit. “Weihnachten im Schuhkarton” hieß das Projekt, mit dem mittellosen Kindern auf der ganzen Welt eine kleine Freude zu Weihnachten bereitet wurde. Die Dinge, die sie in den kleinen Pappkartonboxen verstauen wollte, hatte Bärbel bereits in den letzten Tagen besorgt, nun hieß es noch alles schön einpacken und eine kleine Karte beilegen.
Aus dem Keller holen Lillie und ihre Mutter nun Geschenkpapier, gesammeltes Zeitungspapier und Geschenkbänder, um die Kleinigkeiten zu verpacken. Lillie flitzt noch schnell in ihr Zimmer, sucht Stift und Papier zusammen und macht sich dann mit Bärbel ans Verpacken. Gerade sind sie dabei, die letzte Rolle Geschenkpapier aufzubrauchen. Bärbel hat sich vorgenommen, danach kein Geschenkpapier mehr zu kaufen, sondern künftig Geschenke mit Zeitungspapier einzupacken. “So können wir ganz einfach Ressourcen sparen”, erklärt sie Lillie. “Damit es besonders schön und festlich wird, können wir noch mit den Bändern arbeiten oder einfach mal eine ganz neue Verpacktechnik ausprobieren.” Und tatsächlich: Im Vergleich mit den bunten Geschenkpapierpaketen machten die in Zeitungspapier eingeschlagenen Habseligkeiten keine schlechte Figur. Jetzt muss Bärbel nur noch die Karten schreiben und Lillie ihre Bilder fertigstellen. Für ihre beiden Omas und ihre Mutter hatte sie sich in diesem Jahr ganz besondere Motive überlegt. Denn endlich konnte man auch mal erkennen, was sie zu Papier brachte.
Nun noch eine Schleife drum und – fertig.
Bärbel und Lillie verstauen die fertigen Päckchen im Auto und bringen sie zur Abgabestation. Denn eines ist Bärbel besonders wichtig. Lillie sollte von ihr stets lernen, dass nichts selbstverständlich ist und Hilfe wichtig, richtig und notwendig ist.
Mehr von Lillie gibt es in Türchen 14 wieder zu lesen.