15 Minuten brauchten die Gäste aus dem Erzgebirge, da hatten sie die inzwischen schon fast übliche Führung der Gästemannschaft an der Bremer Brücke – und so sollte es auch die restlichen tristen 75 Minuten bleiben,
Ein Spielbericht von Hermann Schmidt
Vor dem Anpfiff: VfL „Heimkomplex“ ablegen!
Gemeinsam sind beiden Traditionsklubs nicht nur die Vereinsfarben und das lila-weiße Stammtrikot. Gegenwärtig herrscht auch Gleichstand auf dem Punktekonto. Vor dem siebzehnten Spieltag rangiert man gleichauf mit 22 Punkten im Mittelfeld der Ligatabelle. Zum Relegationsplatz beträgt der Abstand für die Kontrahenten nach oben wie unten 8 Zähler. Nach der deutlichen Abfuhr bei Spitzenreiter HSV am vergangenen Montag weist der VfL Osnabrück allerdings die schlechtere Tordifferenz aus.
Die Veilchen aus dem Erzgebirge müssen heute Abend auf ihren Mittelfeldspieler Philipp Riese verzichten, der wegen eines Wadenbeinbruchs ausfällt. Aue- Trainer Dirk Schuster will den Abwärtstrend stoppen und denkt aktuellen Presseberichten zufolge über Verstärkungen auf dem Transfermarkt nach, während der FC Erzgebirge- Präsident Leonhardt aus wirtschaftlichen Gründen derartigen Überlegungen eher skeptisch gegenübersteht. Unübersehbar ist, dass der FC Erzgebirge Aue mit einem schmalen Kader im Ligageschäft antritt: Zum Schuster-Team zählen 23 Feldspieler und drei Torhüter.
Für unsere Lila-Weißen vom VfL steht einiges auf dem Spiel. Gegen einen Gegner auf Augenhöhe muss man punkten, um in der derzeitigen Situation nachts ruhiger schlafen zu können. VfL-Trainer Marco Grote hofft nach zuletzt vier Niederlagen in fünf Spielen auf eine Wende, sieht aber keinen Grund, nun alles in Frage zu stellen: „Wir haben gegen die beste Mannschaft der Liga verloren. Deshalb schmeiße ich nicht alles über Bord.“ Für ihn geht es darum, „konsequenter in die Spur zu kommen“. Und wie der Trainer setzen die Fans des VfL an diesem Abend alles darauf, dass der Heim-Komplex der Grote-Elf endlich ad acta gelegt werden kann.
Zehn Minuten vor Beginn wird eine sehr getragene Fassung des Liverpooler Klassikers „You`ll never walk alone“ eingespielt. Angesichts der leeren Ränge könnte man melancholisch werden.
Ein kühler Abend an der Bremer Brücke: Die Temperaturen gut geeignet, um nach dem Warmmachen die Betriebstemperatur der Lila-Weißen des VfL rasch hochzufahren, denkt man als Beobachter.
Nach einer Viertelstunde führt der Gast aus Aue
Gastmannschaft Aue tritt ganz in Weiß an, der VfL in Lila. Aue hat Anstoß. Die ersten Minuten laufen verhalten, mit langen Bällen und Geplänkel vor den Strafräumen. In der 6. Minute schießt Aues Nazarov zum ersten Mal aus 30 m aufs VfL Tor. Der Ball senkt sich links hinter der Querlatte ins Seitenaus. Noch einmal gut gegangen!
Die Aktionen wirken auf beiden Seiten nervös. Der VfL findet nicht ins Spiel.
In der 14. Minute fällt dann nach einem Osnabrücker Ballverlust im eigenen Strafraum das 0:1 für die Gäste: Nazarov bedient von rechts Mitspieler Strauß, und der versenkt die Kugel per Flugkopfball im VfL- Tor. Fünf Minuten später folgt die zweite Großchance des FC Erzgebirgeaue nach einem Hochstein-Freistoß von rechts. Der Ball fliegt in den Strafraum, kann von Philipp Kühn aber noch aufgenommen werden.
Eine halbe Stunde ist gespielt, und Aue hat in einem kaum unterhaltsamen, zerfahrenen Spiel die Oberhand. Der VfL kommt einfach nicht in die Gänge. In der 40. Minute trägt Kerk den ersten sehenswerten VfL Angriff über den linken Flügel vor, der zu einer Ecke führt die nichts einbringt. Im Gegenteil, ab geht die Post in Richtung der Heimmannschaft.
Als Schiedsrichter Sather zur Halbzeit pfeift, liegt auf der Hand, dass VfL-Trainer Marco Grothe sich etwas einfallen lassen muss, um eine Wende herbeizuführen. Seinem Team ist in der Vorwärtsbewegung kaum etwas gelungen. Die Gäste aus dem Erzgebirge wirken körperlich überlegen, ohne großartige spielerische Akzente zu setzen.
Dass der Stadion-DJ unmittelbar vor Anpfiff der 2. Halbzeit eine flottere Version von „You`ll never walk alone“ auflegt, gibt Hoffnung, dass der VfL nun endlich mal Dampf macht.
Nach 47. Minuten tritt Kerk die zweite Ecke für Lila-Weiß, die Aue Torhüter Männel wegfausten kann. Unmittelbar im Anschluss entsteht erneut Torgefahr im Osnabrücker Strafraum, nachdem Heider im Mittelfeld den Ball verloren hat. Zwei Minuten später klärt Trapp einen strammen Schuss von Nazarov in Höhe des 5 m Raums.
Ein Foul bringt Etienne Amenyido in der 57. Minute den gelben Karton ein. Der folgende Freistoß von Hochscheidt aus 20 m knallt an den linken Pfosten. Glück gehabt VfL. Dann wechselt Trainer Grote: Reis für Henning und Ihorst für Santos. Einige VfL Spieler gehen nicht resolut genug zum Ball, einfache Bälle werden zu unpräzise gespielt oder gehen ganz ins Leere. Immer wieder kommt es zu Missverständnissen im Zusammenspiel. Brisante Situationen im Strafraum von Männel haben Seltenheitswert. Im Verlauf der ersten siebzig Minuten bleibt er mehr oder weniger beschäftigungslos.
Nun (70. Minute) bringt Trainer Marco Grothe Ulrich Bapoh für Etienne Amenyido. Die Gastgeber versuchen intensiver ins Spiel zu kommen. Die Auer halten Ball und warten auf Konterchancen. Verwertbares springt nicht dabei heraus. In der 81. Minute erhält Marc Heider von Schiedsrichter Sather im Auer Strafraum eine gelbe Karte wohl wegen eines Stürmerfouls, das aus der Distanz nicht zu sehen war.
Der schönste Spielzug gelingt Lila-Weiß knapp fünf Minuten vor Schluss: eine Ballstafette im Auer Strafraum, in der der Ball von Mann zu Mann tanzt, aber nicht im Tor landet. Das kurze und späte Aufbäumen des VfL Osnabrück bleibt unbelohnt. Und zu allem Überfluss kassiert Luc Ihorst in der 90. Minute noch die rote Karte.
Der FC Erzgebirge Aue entführt 3 Punkte an der Bremer Brücke- ohne groß zu glänzen, und dennoch nicht unverdient.
Zahlen und Daten:
VfL Osnabrück- FC Erzgebirgeaue: 0:1 (0:1)
Die Aufstellungen
VfL Osnabrück: Kühn; Reichel (81.Wolze), Beermann, Trapp, Multhaup; Henning (59. Reis), Taffertshofer(81.N. Schmidt), Heider, Amenyido (71.Bapoh); Kerk, Santos (59. Ihorst).
FC Erzgebirge Aue: Männel; Breitkreuz, Gonther, Ballas, Strauß; Fandrich, Gnjatic Hochscheidt (85. Rizzuto), Nazarov (89. Samson), Krüger (89.Zulechner); Testroet (90. Baumgart).
Schiedsrichter: Alexander Sather (Grimma/Sachsen)
Tore:
0:1 Nazarov, 14.
Gelbe Karten:
- Minute Co- Trainer Hensel (Aue)
- Minute, Bryan Henning (VfL)
- Minute Nazarov (Aue)
- Minute Amenyido (VfL)
- Strauß (Aue)
Rote Karte:
- Ihorst (VfL)
Die aktuelle Tabelle (Grafik aktualisiert sich fortlaufend)
Titelfoto: Marc Heider ärgert sich über vergebene Torchance; imago images / foto2press