[Update 21:15] In einer ersten Version dieses Artikels haben wir uns verrechnet. Nicht 99, sondern bereits 130 Tage (oder ein Dritteljahr) ist es bereits her, dass Til Schweiger medienwirksam seine Hilfsprojekte für Osnabrück ankündigte.
27. Dezember 2015
Auch diese Woche holen wir am Sonntagabend ein Thema aus dem Papierkorb, das unsere Redaktion bewegt hat.
Heute: Til Schweiger und seine Ankündigungen in Osnabrück bei der Flüchtlingshilfe aktiv werden zu wollen.
Als wir bei HASEPOST am 19. August 2015 – exakt 130 Tage vor diesem Update – einen Kommentar unter dem Titel „Schützt die Osnabrücker Flüchtlinge vor Til Schweiger“ veröffentlichten, brach ein veritabler Shitstorm über unsere Redaktion herein.
Vor diesem Hintergrund wollten wir zwischen den Feiertagen eine Bilanz der seitdem von Til Schweiger in Osnabrück geleisteten „Hilfe“ ziehen, doch Niedersachsens Innenminister, der Osnabrücker Boris Pistorius, ist uns zuvorgekommen.
„Wir sind schon sehr weit in den Planungen, da wird richtig was passieren“, wird der Ex-Oberbürgermeister der Hasestadt gleichlautend in einer DPA-Meldung, unter anderem von der Hannoverschen Allgemeinen, zitiert.
Nachfragen bei der Schweiger Stiftung sind schwierig
Die Til Schweiger Foundation ist also „sehr weit mit den Planungen“? Schön, mag sich da manch einer denken, doch wann werden diese umgesetzt? Unsere Redaktion hatte genau dazu bereits im November und vergangene Woche nachgefragt.
Eine Frau Renate Zindler, die im Impressum der Website der Til Schweiger Foundation angegeben ist, war Anfang November für unsere Nachfragen telefonisch nicht erreichbar. Eine schriftlich eingereichte Anfrage wurde dann von Christian Specht beantwortet, der laut SPD-Parteiorgan „Vorwärts“ Jurist und Mitglied im Kuratorium der Stiftung ist.
Dieser Herr Specht bat in seiner Antwort um Verständnis, dass die Til Schweiger Foundation Presseanfragen nur per Email beantworten könne. Obwohl er offensichtlich Presseanfragen beantwortete, sei er aber keineswegs der Sprecher der Stiftung, aber die Stellungnahmen seien auch keine persönlichen Stellungnahmen seiner Person. Das nehmen wir mal so hin, hinterlässt uns aber ratlos, wer uns denn da geantwortet hat oder wie wir solche Antworten zu werten haben.
Der „Nicht-Pressesprecher“ zählt (noch) nicht realisierte Projekte auf
Was in der E-Mail des „Nicht-Pressesprechers“ folgte war dann eine Aufzählung von bislang nicht in Osnabrück realisierten Projekten, hier in Auszügen:
- „…der Bau einer Kinderbetreuungseinrichtung initiiert„
- „…Architekten sind bereits mit der Bauplanung befasst“
- „…Musikzimmer und ein Fitnessraum in Planung„
- „…mehrere Zelte für Kinderprogramme […] beauftragt„
Zusammenfassend: Es ist noch nichts realisiert worden!
Ach ja, ein bisschen was ist dann doch passiert:
Am 30.09.2015 besuchte Til Schweiger zusammen mit Minister Boris Pistorius und sehr viel Pressebegleitung das Flüchtlingsheim am Natruper Holz, das in beispielloser gemeinsamer Aktivität von Stadt, Land, der Diakonie und ehrenamtlichen Helfern binnen weniger Wochen im Spätherbst 2014 aus dem Dornröschenschlaf geweckt wurde. Dort hätte Schweiger lernen können, wie aktive Hilfe funktioniert.
Zur Teilnahme an einer Demonstration für die Würde der Flüchtlinge, wenige Tage zuvor in Osnabrück, konnte sich Schweiger jedoch nicht begeistern.
Und im Januar, das teilte uns „Nicht-Pressesprecher“ Christian Specht am 2. Weihnachtstag mit, soll es dann eine Pressemitteilung „bezüglich der fortschreitenden Aktivitäten in Osnabrück“ geben.
Schweiger-Stiftung schmückt sich mit fremden Federn
Bis es soweit ist, dass aus den Ankündigungen vielleicht auch konkrete Hilfsprojekte geworden sind, darf der geneigte Spender (die Bankverbindung der Schweiger-Foundation ist leichter zu finden als von Schweiger bereits geleistete Hilfe) auf der Website der Stiftung dann doch von echten Hilfsprojekten lesen.
Das bei Schweiger unter „unsere Projekte“ vorgestellte Schülerprojekt „WEICHENSTELLUNG“ ist „eigentlich“ ein Projekt der ZEIT-Stiftung. Der auf der Schweiger-Website einkopierte Text erschien hier im Original.
Ein weiteres bei „unsere Projekte“ genanntes Angebot an einer Einrichtung in Hamburg, scheint auch nicht ohne Unterstützung anderer Organisationen, in diesem Fall stART international e.V. und der Tribute to Bambi Stiftung, realisiert worden zu sein.
Politikern und Führungskräften gibt man in der Regel 100 Tage um sich zu beweisen. Diese Frist ist – nach allerlei vollmundigen Erklärungen – für Til Schweiger (mit oder ohne Foundation) inzwischen abgelaufen.
Wir bleiben dran am Thema und sind auf weitere Ankündigungen von Seiten des beliebten Volksschauspielers gespannt.
Unsere Rubrik OutTakes erscheint regelmäßig jeden Sonntagabend, hier sind die bisherigen Beiträge in unserem Archiv zu finden.