Dr. Thomas Thiele bei einer Ratssitzung im März 2021. / Foto: Dieter Reinhard
Die FDP schickt in diesem Jahr Dr. Thomas Thiele in das Rennen um das Osnabrücker Oberbürgermeisteramt. Der Hautarzt will die Wähler mit einer besonderen Idee von sich überzeugen: Osnabrück soll eine Internationale Bauausstellung veranstalten!
In der Vergangenheit lief in Osnabrück wahrlich nicht alles optimal, vor allem der zum Schandfleck verkommene Neumarkt verärgert viele Bürger. FDP-Oberbürgermeisterkandidat Dr. Thomas Thiele will den Probleme der Friedensstadt mit einer ungewöhnlichen Idee begegnen: Osnabrück soll eine Internationale Bauausstellung (IBA) veranstalten! Das Instrument der IBA wird im deutschsprachigen Raum im Städtebau und in der Stadtplanung dazu verwendet, innovative soziale und kulturelle Ideen zu verwirklichen. Experten aus aller Welt sollen neue Ideen für Osnabrück entwickeln, die vielversprechendsten Konzepte könnten umgesetzt werden. Die mediale Aufmerksamkeit und Preisgelder sollen Anreize für Architekten und Stadtplaner schaffen. In der Vergangenheit haben Bauauststellungen schon in Städten wie Leipzig, dem Ruhrgebiet und aktuell in Basel positive Veränderungen angestoßen. Kandidat Thiele ist zuversichtlich: “Unmittelbar nach der Wahl zum Oberbürgermeister werde ich das IBA-Komitee aus Expertinnen und Experten zusammenrufen und sofort die Arbeit an der IBA beginnen”! Nach Thieles Vorstellung soll die Ausstellung von 2022 bis 2030 dauern.
“Von der autogerechten Stadt zur klimaresilienten Stadtregion”
Für die Ausstellung schwebt Thiele das Motto “Mezzopolis Osnabrück 2022-2030 – von der autogerechten Stadt zur klimaresilienten Stadtregion” vor. Die IBA soll dabei nicht nur Osnabrück, sondern auch das Umland mit insgesamt 700.000 Menschen einschließen. Die folgenden sieben Schwerpunkte sollen den thematischen Rahmen setzen:
- Städtebauliche Abkehr von der autogerechten Stadt
- Städtebauliche Lösung von Klimaneutralität und Klimaresilienz
- Aufbau einer neuen und smarten urbanen Mobilität
- Neudefinition der urbanen Mitte
- Bewältigung der Klima-Migration
- Bewältigung der Digitalisierung (Arbeit, Industrie, Lebensform)
- Die Metamorphose mittelgroße Stadt / interkommunaler Union
Vor allem die Einbeziehung des Umlandes liegt Thiele am Herzen: “Vor 150 Jahren haben die Städte ihre Stadtmauern eingerissen um sich zur Moderne zu entwickeln. Jetzt steht etwas vergleichbares an. Heute müssen wir die längst störend gewordenen Grenzen der Kommunen durch interkommunale Kooperation auf Augenhöhe überwinden.” Der Umstand, dass Osnabrück ein eher beschauliches Metropölchen ist, macht unsere Friedensstadt für Thiele gerade interessant: “Wir begreifen unseren Raum als mittelgroße Stadtregion und wollen sie zur urbanen Bühne einer Internationalen Bauaustellung machen. Wir nennen diese Bühne deshalb bewusst Mezzopolis. Die mittelgroße Stadt, in der übrigens die allermeisten Europäer leben, hat architektonisch, soziologisch und klimapolitisch gesehen das größte Entwicklungspotenzial. Hier, in der mittleren Größenordnung, lässt sich am ehesten die Herkulesaufgabe der klimaresilienz städtebaulich umsetzen. Hier wird es am ehesten gelingen, die Stadt der kurzen Wege zu realisieren und die Zukunft damit urbaner, liebens- und lebenswerter zu machen.”
Internationale Kreativität für Osnabrück
Welche Veränderungen die Bauausstellung im Detail anstoßen soll, kann Thiele noch nicht sagen, ein Problem sei das allerdings nicht: “Der Charme der IBA besteht gerade darin, dass wir nicht auf alles sofort eine Antwort haben müssen, sondern es dem Sachverstand, der Kreativität vieler Menschen und dem Bürger*innendialog überlassen, die besten Wege zu finden.” Professor Dieter Otten unterstützt Thieles Vision und verweist auf seine Erfahrungen mit dem SUN GLIDER Projekt: “Ich habe eine IBA schon in Gelsenkirchen erlebt. Viele Menschen aus verschiedensten Ländern kommen zusammen und stellen die gleichen Fragen, finden aber ganz verschiedene Antworten und bringen unterschiedliche Perspektiven mit. Ich habe schon beim SUN GLIDER mit Menschen aus aller Welt gearbeitet, die Wissenschaftler von der TU Warschau fanden beispielsweise ganz andere Lösungsansätze als ihre deutschen Kollegen. Wenn eine ganze Stadt zur Disposition steht und man internationale Experten zu Rate zieht, dann entsteht losgelöst von jahrzehntealten Denkweisen sehr viel Kreativität.”
Wieder Stolz auf Osnabrück sein
Obwohl viele Lösungen erst mit der IBA erarbeitet werden sollen, gibt es bereits jetzt einige Ansätze, die Thomas Thiele für vielversprechend hält. Als Beispiele nennt er unter anderem die Pläne für den Neumarkt und das Projekt “offene Bibliothek“, das Projekt um das LokViertel OS sowie die Idee einer Stadtbahn. Eine IBA ist in der Theorie kostenfrei, in der Praxis hofft Thiele aber auf finanzielle Hilfe vom Land Niedersachsen und auf die Unterstützung der Osnabrücker für das Projekt: “Es wird höchste Zeit, dass wir uns endlich mit den überlebenswichtigen Themen der Zukunft von Stadt und Region befassen und das kleinliche Gezänk um parteiische Interessen und persönliche oder geschäftliche Vorteile hinter uns lassen. Ich bin sicher, die Osnabrücker Wählerinnen und Wähler haben die Nase voll von den städtebaulichen Desastern der Vergangenheit und wollen neue Wege gehen, um wieder stolz auf unser Osnabrück sein zu können“.