Rund 82 Kilo Lebensmittel werfen wir Deutschen pro Person und Jahr in den Müll – bei Firmen, Supermärkten und Restaurants ist die Zahl noch deutlich höher. Die App „Too good to go“ möchte etwas gegen diese Verschwendung tun. Die Redaktion der Hasepost hat den Test gemacht:
Richtig bekannt wurde „too good to go” Ende 2017, als die Gründer einen Auftritt bei der Gründerserie “Höhle der Löwen“ hatten. Damals konnten sie für ihre Erfindung einen Rekord-Deal abschließen. Für eine Millionen Euro stiegen alle fünf Jurymitglieder ein, denn die Idee überzeugte sie: Mit der App kann man für günstiges Geld gegen Ladenschluss in Restaurants vergünstigte Lebensmittel kaufen – und sie so vor der Tonne retten.
Was die Zuschauer in der Ausstrahlung nicht erfuhren: Der Deal mit den prominenten Finanziers scheiterte im Verlauf der Nachverhandlungen. Doch das aus Dänemark nach Deutschland expandierende Startup floriert auch ohne die Kapitalspritze und schreibt seine Erfolgsgeschichte nun ohne Maschmeyer & Co fort.
Dem Essen die Wertschätzung zurückgeben
Ziel der Gründer, die inzwischen in acht Ländern aktiv sind, ist es dem Essen die Wertschätzung zurückzugeben und Lebensmittel vor der Vernichtung zu retten. Das Konzept ist kein Gegenentwurf zu den Tafeln und soll diesen auch nicht die Grundlage entziehen. Die Tankstellenkette Q1 ist zum Beispiel auch weiterhin ein Partner der Osnabrücker Tafel, rettet zusammen mit Too Good To Go aber täglich frisch zubereitete Ware vor der Entsorgung.
Doch wie funktioniert die App (hier zum Download) genau und was bekommt man für sein Geld? Die Redaktion der Hasepost hat bei allen vier in Osnabrück teilnehmenden Partnern den Test gemacht.
Wie funktioniert die App?
Der Aufbau der App ist denkbar einfach. Mit einer E-Mail-Adresse und einem Passwort kann man sich anmelden, und bekommt dann auf einer Karte aller Partner angezeigt, die bei „Too good to go“ mitmachen (Dafür sollte die GPS-Funktion im Smartphone aktiviert sein). In Osnabrück sind das die „Bäckerei Welp“, die „Oase in der Tankstelle Q1“, „Nordsee“, sowie die Filialen der „SuperBioMärkte“.
Klickt man auf einen der Betriebe wird einem angezeigt, was für „Boxen“ man für welchen Preis bekommen kann. Wir entscheiden uns für eine Obst & Gemüse Tüte von einem SuperBiomarkt für 3,90 €, eine Bäckertüte von „Bäckerei Welp“ für 2,50 € und für je ein Hauptgericht und eine Snackbox von „Nordsee“ (3,00 € und 2,90 €) und der „Oase in der Tankstelle Q1“ (3,90 € und 2,50 €). Als wir alles zusammen hatten und mit unseren Einkäufen zurück in die Redaktion fuhren, füllte das alles zusammen eine komplette Klappbox aus – für zusammen 18,70 €.
Beim Bezahlen fällt der erste Minuspunkt auf: Man muss immer im Voraus bezahlen und das geht auch nur via PayPal oder Kreditkarte, andere Methoden sind aktuell nicht möglich. Falls mal keine Portion übrig bleiben sollte, wird die Bestellung storniert und man erhält das Geld zurück.
Die Abholung
Jedes der vier Geschäfte hat Abholzeiten, zu denen man eine Boxen bekommen kann. Bei den „SuperBioMärkten“ muss man genau aufpassen, denn die verschiedenen Filialen haben unterschiedliche Zeiten. Am längsten kann man sein Essen an der „Oase in der Tankstelle Q1“ bekommen: Jederzeit zwischen 16-20 Uhr. Beim der „Bäckerei Welp“ und „Nordsee“ hat man nur jeweils ein Zeitfenster von 30 Minuten. Sollte man zu spät kommen, hat man keinen Anspruch mehr auf die Ware. Wir steuern zuerst die Bäckerei an, um unsere Bäckertüte abzuholen. Die Verkäuferin wusste sofort Bescheid und händigte uns Brot und Brötchen aus. Danach nur noch den virtuellen Beleg aus der App vom Geschäft entwerten lassen und fertig. Auch in den anderen Geschäften verlief die Abholung des Essen problemlos. Allerdings: Beim Bäcker und dem Biomarkt konnten wir nicht entscheiden, welche „Reste“ wir bekommen. Hat man nun Unverträglichkeiten, oder mag bestimmte Sachen einfach nicht, dann hat man Pech.
Bei der Q1-Tankstelle und Nordsee wurde uns die Wahl gelassen, welche der Reste wir gerne mitnehmen würden – das hat uns besser gefallen.
Was bekommt man für sein Geld – und schmeckt das?
All unsere Abholungen eingetütet ging es zurück in die Redaktion und Bestandsaufnahme machen. Was bekommt man wo für sein Geld und schmeckt das noch?
SuperBioMarkt
Wir starten mit unserer Obst & Gemüse Tüte für 3,90 € vom SuperBioMarkt in der Mönkedieckstaße (Dodesheide). Wir bekamen Schnittlauch im Topf, drei Möhren, zwei Bananen, zwei Äpfel, eine Paprika, einen kleinen Salatkopf und ein Bund Radieschen. Die Paprika zeigt schon leichte Zeichen von Altersschwäche und muss zügig verbraucht werden. Alles andere ist in einem guten Zustand und wird sich problemlos noch ein paar Tage halten. Besonders begeistert sind wir vom Schnittlauch im Topf – denn an ihm kann man noch lange Freude haben. Trotzdem erscheint uns der Preis relativ hoch, besonders da wir nicht mit aussuchen konnten, was wir haben wollten. Im Vergleich zu nicht Bio-Obst & Bio-Gemüse ist die Ersparnis nicht sehr groß.
Für Liebhaber von Bio-Produkten, die auch beinahe alles gerne essen, lohnt sich das Angebot aber trotzdem, denn im Bio-Markt hätte man erheblich mehr für diese Tüte gezahlt.
Nordsee
Bei Nordsee haben wir uns per App ein warmes Hauptgericht für 3 € bestellt. Positiv ist, dass wir hier aus den vorhandenen “Resten” selber aussuchen durften. Es gab frittierten Lachs mit Spargelgemüse und Remoulade – auf den ersten Blick sah das Essen allerdings nichts besonders appetitlich aus. Auch der Geschmack konnte uns nicht überzeugen, denn der Fisch war leicht angebrannt und die Portion Gemüse recht klein. Die Snackbox für 2,90 € konnte dagegen wirklich überzeugen: Wir durften uns drei Teile aussuchen und entscheiden uns für einen Lachsbagel, einen Wrap und einen Garnelensalat. Preislich war diese Zusammenstellung ein Hammer, denn regulär hätte unsere Snackbox knapp 13 € gekostet.
Der Salat schmeckte lecker, der Bagel und der Wrap waren allerdings schon etwas trocken. Für den Preis lohnte sich die Snacktüte aber allemal, das Hauptgericht hingegen würden wir nicht wieder nehmen; deutliche Abzüge gab es dafür, dass der Fisch beim Hauptgericht angebrannt war.
Bäckerei Welp
Bei der Bäckerei Welp erhielten wir für 2,50 € ein kleines Brot und vier Brötchen, zwei sogar mit Körnern. Das Brot ist noch sehr frisch und lässt sich einfrieren, falls man es nicht in den nächsten Tagen verbrauchen kann. Die Brötchen schmecken auch noch ganz gut, sollten aber spätestens am nächsten Morgen gegessen werden, sonst werden sie hart. Schön wäre es gewesen, wenn wir uns aus den vorhanden Resten die Brötchen hätten selber aussuchen dürfen. Für 2,50 € haben wir aber eine große, leckere Tüte bekommen.
Oase in der Tankstelle Q1
Bei der Q1-Tankstelle am Kurt-Schumacher-Damm holten wir uns ein Tagesgericht für 3,90 € und eine Snackbox für 2,50 €. Ein Pluspukt beim Hauptgericht: Die Tankstelle hat eine Wochenkarte, deswegen weiß man eigentlich schon vorher, was man bekommt. So kann man entscheiden, ob man die Lebensmittel wirklich mag und auch verträgt. Wir erhielten einen Gemüseeintopf mit Hähnchen und einen Aprikosenjoghurt. Der Preis ist relativ hoch, aber der Geschmack des Eintopfs kann uns überzeugen – richtig lecker, viel frisches Gemüse, reichlich Hühnchenfleisch und eine sehr große Portion! Der absolute Gewinner unseres Tests ist aber die Snackbox der Tankstelle. Für 2,50 € erhielten wir zwei belegte Baguettes, ein Croissant, ein Schokocroissant und eine Laugenstange. Bedenkt man die Preise, die sonst an Tankstellen für belegte Baguettes aufgerufen werden, ist das wirklich ein Schnäppchen und dazu noch sehr schmackhaft.
Unser Fazit: „Too good to go“ ist eine wirklich tolle Idee, die helfen kann die Verschwendung von Lebensmitteln zu reduzieren. Nicht überzeugen konnte uns die Tüte vom Biomarkt, da sie verhältnismäßig teuer ist und man nicht mit aussuchen konnte. Auch das Hauptgericht von Nordsee ist bei unserem Geschmackstest durchgefallen.
Die Bäckertüte von Welp aus Haste lohnt sich allemal, genau wie die Snackbox von Nordsee, aber die absoluten Gewinner sind die Gerichte der Q1-Tankstelle in der Weststadt. Man bekommt viel für sein Geld und alles war lecker.
Es wäre gut, wenn noch weitere Bezahlmöglichkeiten in die App integriert werden, falls man weder Kreditkarte noch PayPal hat. Und wenn in Zukunft noch mehr Betriebe bei “too good to go” mitmachen, dann lohnt es sich richtig. Tolle Idee – Mehr davon!
Bevor jemand fragt: Die Lebensmittel wurden aus der Redaktionskasse bezahlt, es gab also kein Sponsoring – und alles wurde inzwischen verzehrt.
Fotos: Monique Müller